Zeitliche Grenzen
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Shifting Borders 5 durchbricht zeitliche Grenzen und schlägt eine Brücke zwischen Gegenwart und Vergangenheit: Es geht um Erinnerungskulturen in Südtirol. Darüber sprechen Adina Guarnieri (Vorsitzende von „Geschichte und Region/Storia e regione) und Josef Prackwieser (Forscher am Center for Autonomy Experience der Eurac) ausgehend von den im heurigen Jahr begangenen Jubiläen.
Die Gaismair-Gesellschaft hatte in den Achtzigern natürlich so eine Eisbrecherfunktion. Sie hat wirklich Dinge aufgesprengt, an Tabus gerührt und eben auch immer dieses reizvolle Nebeneinander oder Gegeneinander.
[Josef Prackwieser]
Die Folge setzt ein mit Michael Gaismair: Zum 500. Jahrestag des vom Sterzinger angeführten Bauernaufstands sprossen zahlreiche Erinnerungsmomente in unterschiedlichen Facetten hervor. Sie boten Gelegenheit Person und Epoche neu zu beleuchten. Laut Prackwieser hat diese jüngste Historisierung auch dazu beigetragen, den oft zugesprochenen revolutionären Charakter etwas zu relativieren. Andererseits, so moniert Guarnieri, wirkt die stetige Bezugnahme auf diese Figur bisweilen erzwungen und gekünstelt. -
Termine
Shifting Borders ist ein zweisprachiger Podcast von „Geschichte und Region/Storia e regione“ und dem Center for Autonomy Experience der EURAC Research, Bozen.
Auch die vorhergehenden Folgen (mit Hans Heiss und Giuseppe Albertoni, Siglinde Clementi und Lisa Settari, Sebastian De Pretto und Alice Riegler, Rodolfo Taiani und Michael Wedekind) können angehört werden.
Jede Folge enthält Interviews in italienischer und deutscher Sprache, begleitet von kurzen Zusammenfassungen in der jeweils anderen Sprache. -
Die "Gaismair"-Gesellschaftler: Josef Prackwieser und Günther Pallaver Foto: Michael Gaismair GesellschaftDie zentrale Rolle, die Gaismair in der kollektiven Erinnerung 2025 einnimmt, rückte andere, durchaus ebenso bedeutende Jahrestage, die in diesem Jahr anfielen, etwas ins Abseits: An die Befreiung und das Ende des Zweiten Weltkriegs zu erinnern, scheint in Südtirol immer noch schwierig: Dass diese traumatische Vergangenheit wohl immer noch nicht umfassend aufgearbeitet ist, zeigt sich etwa an den immer wieder aufflammenden Diskussionen rund um das Siegesdenkmal oder an der heiklen Frage nach den Tätern im NS-Südtirol.
Ora sono passati parecchi anni, sono passati undici anni da quando è stato inaugurato il percorso espositivo del Monumento alla Vittoria e mi rattrista un po’ vedere che non è non è più stato fatto nulla...
[Adina Guarnieri]
Ein Unbehagen in der Erinnerung lässt sich auch an zwei bedeutenden Persönlichkeiten aus der jüngeren Zeitgeschichte beobachten: 2025 jährte sich der 15. Todestag von Silvius Magnago. Guarnieri widmete dem Südtiroler Landeshauptmann einen Film, der den Menschen hinter dem Mythos hervortreten lässt. Während Magnago als „Vater der Autonomie“ fest in der kollektiven Erinnerung verankert ist, bleibt Alexander Langer – auch 30 Jahre nach seinem Tod – in Südtirol eine unbequeme Figur, an die zu erinnern schwer fällt. Die Widersprüche in den kollektiven Erinnerungen in Südtirol sind Zeichen für den schwierigen Umgang mit der Vergangenheit.Gäste
Adina Guarnieri ist Vorsitzende von „Geschichte und Region/Storia e regione“. Nach dem Studium der Kunstgeschichte, Denkmalpflege und Slawistik in Trient und Innsbruck arbeitet sie als vielseitige Kulturpublizistin. Seit 2025 leitet sie auch das Kunstforum Unterland. Ihr Aufsatz zur Rezeptionsgeschichte des Siegesdenkmals nach 1945, erschienen in „Geschichte und Region/Storia e regione“, ist frei zugänglich auf der Website der Zeitschrift.
Josef Prackwieser hat Philosophie, Mittelalter- und Zeitgeschichte studiert und promoviert am Institut für Jewish Studies an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Nach verschiedenen Tätigkeiten im Museumsbereich, im Verlags- und Übersetzungswesen arbeitet er nun an der Eurac für das Center for Autonomy Experience und beschäftigt sich mit Themen zu Minderheiten und Autonomie.
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