Aus Sicht der Töchter

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Es ist nicht leicht, auf die Schnelle eine Antwort auf Hass zu finden und es bleibt davon auszugehen, dass Christine Clignon und Manuela Tessaro diese vielleicht gar nicht im Sinn hatten. Trotzdem wirkt die kleine Ausstellung „Figlie raccontano – Töchter erzählen“ mit rund einem Dutzend Mutter-Töchter-Paaren am heutigen Tag wie ein Gegenentwurf zu politischem Hass und Remigrations-Schwurblern, wie einer an diesem Freitag in Bozen (mutmaßlich) vorbeischaut. Die Fotografin Tessaro, von der auch die Idee zum Projekt stammt und die Publizistin Clingnon haben bereits 2023 und 2024 die Umsetzung angegangen. Derzeit und noch bis 31. Mai kann man den Theater- oder Cafèbesuch mit einer Sichtung der von der Familienberatungsstelle AIED ausgerichteten Ausstellung verknüpfen. Es lohnt sich.
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Der widerspenstigen (Haare) Zähmung: Dani und ihre Mutter Emma beim gemeinsamen Haare schneiden. Die Tochter erinnert sich, wie ihr in Kindheitstagen das Glätten ihrer Locken, die für Dani stellvertretend für ihre widerspenstige Natur stehen, gegen den Strich ging. Dass sie nun die Haare von Emma schneiden darf, hat etwas von Aussöhnung. Foto: SALTO
Mit je zwei Bildern und rund zehn Textzeilen – wechselnd in deutscher und italienischer Sprache, auf Übersetzungen verzichtet man – erzählen die Töchter ihre Mütter. Die Bilder strahlender, unbeschwert und glücklich wirkender Frauen hat Manuela Tessaro abgenommen, die Wortspenden Christine Clignon. Fragestellung ist keine abgedruckt, wir könnten uns allerdings vorstellen, dass der Schlüssel für die gemeinsamen Gespräche, der von Veränderung im Lauf der Zeit gewesen sein könnte.
Töchter, adoptierte wie leiblich geborene, reflektieren mehrheitlich die Veränderung der Mutter-„Kind“-Beziehung, nun da auch die jüngere Generation mit beiden Beinen fest im Leben steht. Auf knappem Raum finden durch die Auswahl der Mütter und Töchter soziale Themen einen Platz, die im familiären Umfeld gänzlich anders gelöst werden als in der breiten Gesellschaft. Nicht immer reibungslos, aber immer „lösungsorientiert“ findet Frau einen Weg. Vom Coming-out im Kreise der Familie, dem Leben mit Migrations-Hintergrund und zum Teil auch mit den neuen Freiheiten sowie der Umgang mit dem Thema Pflege, das alles findet auf knappem Raum Platz. Letztere wird, wie die meisten wissen werden, imbezahlten wie auch im unbezahlten Sektor unverhältnismäßig nach wie vor mehrheitlich von Frauen ausgeübt. Frauensache sind die Erzählungen jedoch keineswegs; auch Mann darf sich hier gern ein Beispiel nehmen.Gesichter und Geschichten: Wer sich vor und nach einer Theateraufführung je eine Viertelstunde Zeit nimmt, hat mehr als genug Zeit um sich allen Müttern und Töchtern, wie auch deren Geschichten anzunähern. Im Bild die beiden Autorinnen der Ausstellung, Manuela Tessaro (links) und Christine Clignon. Foto: Manuela Tessaro„Wir alle sind Töchter“, heißt es im Einleitungstext in deutscher Sprache, Söhne bleiben im generischen Femininum vielleicht mitgemeint. Eine Mutter hat jeder, wobei „nur“ die Hälfte der Menschheit Töchter sind. Die Beziehung Mutter Tochter ist dabei eine eigene, die durchaus spannend erzählt wurde, mit Rücksicht auf ganz persönliche Geschichten. Auch Christine Clignon spricht beim Projekt von einem Bedürfnis, das Thema anzugehen, sowohl als Tochter als auch als Mutter einer (jugendlichen) Tochter. Clignon ist dabei auch nicht allein mit ihren Gedanken: „Sollte ich einmal ein Kind haben, frage ich mich was ich ihm geben kann …“, fragt sich eine Tochter in der Ausstellung. Und weiter: „Wie ich es anders machen kann.“ Anders, nicht besser. Denn es gilt wahrscheinlich für die meisten in der Ausstellung abgelichtetenTöchter, wie auch für Töchter und Söhne, die nur vorbeischauen: Die eigene Mamma ist immer die beste.
Die Ausstellung „Figlie raccontano – Töchter erzählen“ kann noch bis inklusive Samstag nächster Woche besucht werden, zu den Öffnungszeiten des Teatro Cristallo, beziehungsweise zu jenen des Caffès. Zusätzlich zur Abendkasse vor Vorstellungen hat das „Caffè del teatro Cristallo“ am Samstag von 9 bis 13.30 Uhr, sowie Montags bis Freitags jeweils zwischen 7.30 und 13.30 Uhr, beziehungsweise 18 und 21 Uhr geöffnet.
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