Gesellschaft | Rassismus

Unangenehme Aktion

Die Gefahren rassistischer Rhetorik aufzeigen wollten Jugendliche mit einer Aktion. Dafür musste auch Ulli Mair herhalten – was die Freiheitlichen in Rage versetzt.
Boxhandschuhe
Foto: Pixabay

Ulli Mair ist eine Politikerin, die sich selten ein Blatt vor den Mund nimmt. Unter Berufung auf die Meinungsfreiheit wettert sie gegen “sogenannte ‘Flüchtlinge’”, die “Multikulti-Politik” der Landesregierung, die “ausufernde Masseneinwanderung”, die aus ihrer Sicht damit zusammenhängenden “täglichen Gewaltausbrüche durch Ausländer” und fordert “Einheimische zuerst”.
Es werden wohl diese und ähnliche Aussagen von Ulli Mair gewesen sein, die die Organisation für Eine solidarische Welt, kurz oew, veranlasst hat, die Freiheitliche Fraktionssprecherin im Landtag als eine der Protagonisten der Aktion gegen Rassismus, die am Samstag stattfand, auszuwählen. Dafür erntet nun die oew Kritik.

 

Rassismus gestern wie heute

“Wer hat’s gesagt: Mussolini, Salvini oder Mair?” Mit dieser Frage kündigte die oew Mitte vergangener Woche die Aktion an, die anlässlich der Internationalen Wochen gegen Rassismus am Samstag (24. März) in Bozen über die Bühne ging. “Welche Aussagen stammen von faschistischen Diktatoren, welche von heutigen Parlamentariern oder Südtiroler Landtagsabgeordneten?” Mit dieser Frage und “einer Auswahl an einschlägigen Zitaten” konfrontierte man auf dem Bozner Landhausplatz Passanten. Initiiert hat die Aktion neben der oew die Verantwortlichen des überregionalen Projekts Promemoria_Auschwitz und den Jugenddiensten Südtirol. Das erklärte Ziel: “aufzeigen, wie sehr die politische Rhetorik von heute auf das Gedankengut der Diktaturen des 20. Jahrhunderts zurückgeht.”

In der Aussendung, die im Vorfeld der Aktion verschickt wurde, heißt es: “Gut 70 Jahre nach dem Ende des Faschismus in Europa werden rassistische und diskriminierende Aussagen wieder salonfähig und halten Einzug in den öffentlichen Diskurs. Von Bemerkungen wie ‘Faulheit gehört zum Charakter der Schwarzen’, ‘Weg mit dem Abschaum’, ‘Man muss sie wie Ratten vernichten’ bis hin zu ‘Gsindel’ ist alles dabei.”

“Angesichts der Ängste, die Zuwanderung heute auch in Südtirol wachruft, ist das Thema aktueller denn je”, erklärte Adrian Luncke vergangene Woche. Als Bildungsreferent der oew war Luncke federführend an der Vorbereitung der Aktion gegen Rassismus beteiligt: “Der Vergleich zu den TäterInnen von damals soll die GesprächspartnerInnen wachrütteln und zum Denken anregen. Vor allem die Abwertung ganzer Personengruppen, Religionsgemeinschaften oder Ethnien führte in der Vergangenheit zu den größten Gräuel der Menschheitsgeschichte.” Die Parallelen zur heutigen Zeit seien offensichtlich, so Luncke: “Es ist ein Leichtes, Politik auf dieser rassistischen Logik aufzubauen und sich ihrer – gerade in Zeiten des Stimmenfangs – zu bedienen.” Aus diesem Grund lanciert man auch einen Appell an alle politischen Parteien, die sich im Herbst der Landtagswahl stellen. oew und Promemoria_Auschwitz fordern “einen respektvollen und fairen Wahlkampf, der nicht auf Kosten von Minderheiten und Menschen am Rand der Gesellschaft ausgetragen wird”.

 

Nicht genehm?

“Volle Solidarität mit Ulli Mair.” So reagiert Mairs Partei am Sonntag Abend auf den “‘Mussolini-Hitler-Ulli Mair’-Vergleich der oew”. Es ist der Freiheitliche Parteiobmann Andreas Leiter Reber, der sich vor die Landtagsabgeordnete – und gegen die samstägliche Aktion stellt.
“Selten eine so vereinfachende Veranstaltung zu einem solch komplexen und kontroversen Thema gesehen”, kommentiert Leiter Reber. Er kritisiert die oew, die “mit dem Holzhammer” agiere und “ganz allein aus dem Zweck, Aufmerksamkeit zu erwecken demokratisch gewählte Politiker mit tyrannischen Massenmördern in eine Reihe” stelle.

Ulli Mair sei eine Politikerin, die “offen Probleme anspricht und Lösungen dafür aufzeigt” – “das ist der oew offensichtlich nicht genehm”, so Leiter Reber. Er meint: “Die Südtiroler werden selbst ihre Wahl treffen: zwischen ‘unabhängigen’ Organisationen, die demokratisch gewählte Mandatare verleumden und Politikern, die offen aussprechen, was Sache ist. Ich habe keinen Zweifel, was den Südtirolern lieber ist!”