Umwelt | Forderungen

Besorgt um die Biene

Unruhe unter den Imkern: Sie beklagen Verluste und verunreinigte Produkte. Den Grund sehen sie im Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Ein Treffen bringt nichts Konkretes.
Bienen
Foto: Südtirolfoto/Marion Lafogler

Es war eine Zusammenkunft der seltenen Art, die am vergangenen Montag stattfand. Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler traf mit Vertretern der Obst-, Beeren- und Weinwirtschaft, der Gärtner und Tierärzte, des Bauernbunds, der Ämter der Abteilung Landwirtschaft sowie des Obmanns des Imkerbunds Engelbert Pohl zusammen. Im Anschluss an das Treffen versendet das Landespresseamt eine Aussendung. Darin heißt es: “In einem vom gesamten Bundesausschuss des Imkerbundes unterzeichneten Schreiben an Landesrat Schuler, die Südtiroler Obst- und Weinwirtschaft und die Gärtnervereinigung fordert der Imkerbund weitere Maßnahmen zum Schutz der Bienen.” Hört sich nicht weiter bedenklich an. Die Brisanz des Treffens wird erst deutlich, wenn man sich besagtes Schreiben durchliest.


Schutzmaßnahmen und Entschädigungszahlungen

Die Imker sind besorgt. Darum lässt man bereits im August dem Agrarlandesrat, den Obst-, Weinbauern und Gärtnern ein Papier zukommen, in dem ein Ton angeschlagen wird, der deutlicher nicht sein könnte. In den vergangenen Jahren haben die Imker immer wieder teils massive Verluste bei ihren Bienenvölkern beobachtet. Doch die Imker sprechen nicht von den Bienen im Allgemeinen. Sondern von jenen, die im Einzugsgebiet des gesamten Obst-, Beerenobst-, Wein-, Gemüse- und Gartenanbaus leben. In jenen Gegenden also, wo vermehrt Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen. Auf diesen führen die Imker auch die Schäden an ihren Bienenvölkern zurück, denn sie fordern unter anderem, den Einsatz “sämtlicher Pflanzenschutzmaßnahmen” so zu regeln, “dass es nicht mehr zu Bienenschäden kommt” – unter anderem. Denn im zweiten Punkt gehen die Imker noch einen Schritt weiter. Sie verlangen Entschädigungszahlungen. Und zwar “bei Vergiftungsfällen an Bienenvölkern, welche durch den zuständigen Amtstierarzt festgestellt werden und in direkter Korrelation mit Pflanzenschutzmitteln stehen, welche im Obstbau, Beerenobstbau, Weinbau, Gemüse- und Gartenanbau eingesetzt werden”.

Was soll sich ändern, wenn immer gleich gespritzt wird? (ein Imker)

Aber damit nicht genug. Eine weitere Sache bereitet den Imkern Sorgen. Bei Lebensmittelkontrollen sind heuer bei gar einigen ihrer Imkereiprodukte bedenkliche Schadstoffrückstände festgestellt worden. “Einige haben sogar die erlaubten Grenzwerte überschritten”, weiß einer, der sich im Geschäft bestens auskennt. Daher fordern die Imker, dass ihnen der gesamte Honig, bei dem eine Übertretung des MRL-Wertes festgestellt wurde, zu marktüblichem Preis abgenommen wird. Auch die entstandenen Analysekosten fordern sie von den Adressaten ein – und Entschädigung für die mediale Richtigstellung, “sollten der Südtiroler Honig, die Imkerei in Südtirol durch Pflanzenschutzmaßnahmen einen öffentlichen Image-Schaden erfahren”.


Außer Worte nichts gewesen?

Harter Tobak für den Landwirtschaftslandesrat und den Rest der im Papier des Imkerbunds Angesprochenen, mit denen sich der Imkerbund-Obmann drei Monate später schließlich an einen Tisch setzt. “Bienenschäden und Produktverunreinigungen standen heute (23. November) im Mittelpunkt des Treffens”, schreibt das Landespresseamt nachdem dieses zu Ende gegangen ist. Viel weiter muss man die offizielle Pressemitteilung eigentlich gar nicht lesen. Denn, wie salto.bz auf Nachfrage erfährt, aus dem Treffen ist nichts Konkretes hervorgegangen.

Engelbert Pohl (1. v.r.): “So kann es nicht weiter gehen.” Foto: suedtirolerimker.it

“Ich habe im Namen der Imker unsere Anliegen vorgebracht”, berichtet Engelbert Pohl. Als Obmann steht er einer stolzen Zahl von etwa 3.000 Imkern im Land vor. Doch bis auf guten Willen und die Zusicherung, dass weitere Gespräch folgen werden, hat er für diese von dem Treffen nichts mitgebracht. “Über unsere Forderungen wurde gesprochen, ja”, erzählt Pohl nach, “und ich habe gesagt, dass es so nicht weiter gehen kann. Aber wie gesagt, außer gutem Willen, hat es nichts konkret gegeben.” Der Imkerbund-Obmann klingt enttäuscht: “Nein, zufrieden bin ich auf keinen Fall”, betont er. Dabei sei man unter den Imkern nicht grundsätzlich gegen die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln, “aber wir wollen so weit wie möglich unsere Ruhe haben”. Und beim Land und in den verschiedenen Verbänden gebe es doch genügend Fachleute, die entsprechende Vorkehrungen treffen und Regelungen einführen könnten.


Auf keinem guten Weg

Derselben Meinung ist auch einer jener Imker, die sich mit Leib und Seele dem Wohl der Bienen verschrieben haben. “Dabei reden hier Leute, die eigentlich Gesetze bestimmen und das auch im Sinne der Biene machen könnten”, kritisiert er die weitläufig untätig gebliebene Politik. “Augenauswischerei” seien die bislang getroffenen Maßnahmen: “Und auf diesem Treffen wurde ein weiteres Mal lediglich beschlossen, nicht zu reagieren.” Dabei sei es höchste Zeit, dass sich etwas ändert – konkret, “die Landwirtschaft generell”, so der Imker. Seit Jahren schon beobachtet er seine Bienenvölker genau, dokumentiert ihre Entwicklung Jahr für Jahr. Auch er hat Unterschiede zwischen jenen Völkern festgestellt, die er in der Nähe und fern von Obstkulturen stehen hat. Letztere hätten sich 2015 besser entwickelt, um erstere sei es indes nicht so rosig bestellt. “Heuer”, so meint er, “gab es aufgrund des schönen Wetters eine bessere Ernte und viele Imker sind entsprechend zufrieden. Doch um die Biene selbst ist es schlechter bestellt als noch voriges Jahr, als es die meiste Zeit schlechtes Wetter gab.” Denn dann würde die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln weniger willkürlich und insgesamt für die Biene weniger schädlich erfolgen. Dass jetzt, auch nach dem Weckruf des Imkerbunds, kein einziges der zahlreichen bienenschädlichen Mittel, die immer noch ausgebracht werden, verboten worden sei, stimmt den Imker und Bienenliebhaber nachdenklich: “Was soll sich ändern, wenn immer gleich gespritzt wird?”

An einem Tisch: Landesrat Schuler und Imkerbund-Obmann Pohl (3.v.r.) Foto: LPA/Maja Clara

Immerhin findet er Worte des Lobes für den Imkerbund: “Bis jetzt hat sich dort nicht viel bis gar nichts getan und das Thema weit hinten in eine Schublade gesperrt. Doch jetzt hat man endlich die Lage erkannt und nach vorne geschaut. Es hat einige Tiefschläge gebraucht, damit etwas passiert, und jetzt geht es darum, dass man sich Gedanken macht: Was muss in Zukunft passieren, damit es den Bienen besser geht?” Der gute Wille, der beim Treffen am 23. November auf den Tisch gelegt wurde, wird wohl nicht reichen.