Kultur | Ausstellung

46° 40' 14'' North, 11° 9' 35'' East

In der Reihe "gestern–heute–morgen" präsentiert Kuratorin Ursula Schnitzer im Palais Mamming bis 6. Jänner Arbeiten von Jan Langer und Anna Zadra. Inkl. "Meraner"-Poesie.
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Foto:  Luca Pighi (Palais Mamming)
  • Erinnern Sie sich noch an die SALTO-Reihe salti letterari? Einmal wöchentlich gab es in den Jahren 2017 und 2018 auf SALTO jeweils einen literarischen Sprung in die Landschaft Südtirols. Die Idee: Textstücke von Autorinnen und Autoren - die in der Gegend aufgewachsen sind oder diese besucht haben - nach literarisch-geografischen Richtlinien einer Landschaft zuzuordnen und jedem Textstück mittels Koordinatenangabe von Längen- und Breitengrad eine literarisch-landschaftliche Verortung zuzuschreiben.
    Wohin nun der zeitnahe Ausstellungstitel 46° 40‘ 14‘‘ North, 11° 9‘ 35‘‘ East der im Palais Mamming in Meran laufenden gemeinsamen Schau von Jan Langer und Anna Zadra führt? Natürlich ins Zentrum der Kurstadt. Mehr oder weniger. 

  • Terassengärten von unten: Die perspektivisch-plastische Rauminstallation von Jan Langer und Anna Zadra aus Stäben des Hartriegelstrauches, weißen Leintüchern, Buchenlaub, Skulpturen aus Draht, Metallstäbe und Drüsiges Springkraut. Foto: Palais Mamming

    Die gegenwätige Ausstellung ist Teil einer Reihe, welche seit einigen Jahren zeitgenössische Kunst im Dachgeschoss des Museums zeigt. Von 2024 bis 2026 initiiert Kuratorin Ursula Schnitzer unter dem Schlagsatz Mamming now: gestern-heute-morgen einen Brückenschlag aus der Vergangenheit in die Zukunft und lädt internationale zeitgenössische Künstler*innen und Kulturschaffende ein, um sowohl untereinander als auch mit den Schätzen des Museums und dem Ort selbst in einen intergenerationellen, interdisziplinären und intermedialen Dialog zu treten.  
     

    Morphologie, Architektur und Vegetation treten in Dialog. 

  • Spaziergang im Kräutergarten: Treppen und Panoramaterrassen Foto: Luca Pighi (Palais Mamming)

    „In meiner kuratorischen Praxis und persönlichen Erfahrung empfinde ich oft das Bedürfnis, Vergangenes und Gegenwärtiges in einen Dialog treten zu lassen“, sagt Ursula Schnitzer. Oft müsse sie dabei an die Worte des spanischen Verlegers Manuel Borrás Arana denken, der postulierte, dass es ältere Freunde brauche, um zu sehen wo man herkomme und jüngere, damit man wisse, wo die Entwicklung hingehe.
    Mitte Oktober nahm die von Schnitzer kuratierte Reihe mit der Ausstellung der beiden Künstler Alexander Kluge (*1932) und Thomas Thiede (*1967) einen fulminanten Anfang. Noch bis 6. Jänner ist im Rahmen von Mamming Now gestern-heute-morgen nun die Auseinandersetzung mit Zadra und Langer und dem Terrassengarten des Museums ( dem ältesten Stadtmuseum Südtirols) zu sehen. Morphologie, Architektur und Vegetation treten in Dialog. 
    Die Kuratorin sucht den Dialog während ihrer künstlerischen Arbeit u. a. über literarische Formgestaltung, etwa mit der Poetin und Texterin Sarah Meraner. „Ich mag die Zusammenarbeit mit ihr in dieser Reihe sehr gern. Sie ist für mich eine jüngere Dialogpartnerin und ergänzt meine Text durch ihre Arbeiten“, betont Ursula Schnitzer. Das nachstehende Gedicht von Sarah Meraner hebt das Hinschauen, das Hinspüren und das Hinhören hervor.

     

  • Was nicht ewig währt 

    Ist’s hier 
    Ist’s jetzt 
    Kein Morgen 
    Nur ein Aufblitzen 
    Von kurzer Dauer 
    Was nicht ewig währt 
    Wehrt dem Blicke nicht

    Hinschauen 
    Hinspüren 
    Hinhören 

    Sanftmut 
    Wehmut 
    Wissen um ein baldiges Loslassen 
    Wissen ums baldige Verschwinden 
    Dankbarkeit 
    Teil davon gewesen zu sein 
    Es stirbt nicht 
    Hat nur kurz gelebt 
    Aber war da Hat Eindruck hinterlassen 
    Spuren der Schönheit 
    Spuren des Schaffens 

    Ist’s hier 
    Ist’s jetzt 
    Kein Morgen 
    Nur ein Aufflackern 
    Von purer Schönheit 
    Was nicht ewig währt 
    Wehrt dem Blicke nicht 

    Hinschauen 
    Hinspüren 
    Hinhören 

    Gesehen 
    Gefühlt 
    Vernommen 
    In dem 
    Was geht 
    Nicht bleibt 
    Bleibt das verborgen 
    Was Menschen brauchen 
    Melancholie 
    Genügsamkeit 
    Bewusstsein 
    Für das Jetzt und Hier 

    Natur 
    Ist vergänglich 
    Ist ein Kreislauf 
    Aber kein Ende 
    Ein Neubeginn 
    Was nicht ewig währt 
    Wehrt der Zukunft nicht

  • Foto: Luca Pighi