Südtirol und die Arbeit
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Wie aus einer Pressemitteilung des AFI-IPL (Arbeitsförderungsinstitut) hervorgeht, erreichte Südtirol im vergangenen Jahr ein Arbeitshoch: Im Jahresschnitt waren 226.310 Personen lohnabhängig beschäftigt. Dies entspricht im Vergleich zum Jahre 2022 einen Zuwachs von 2,2 Prozent. Für den Südtiroler Arbeitsmarkt entspricht das einem Allzeithoch, es gab noch nie mehr Arbeitnehmer in der Südtiroler Wirtschaft als im Jahre 2023.
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Festanstellungen sind dabei immer stärker im Kommen, im Vergleich zum Jahre 2022 (160.172) gab es 2023 163.891 festangestelle Arbeitnehmer – ein Zuwachs von 2,3 Prozent. Parallel dazu sah die Anzahl befristeter Verträge einen Zuwachs von 1,7 Prozent (von 61.364 auf 62.419). Dies sei zumindest einer der positiven Aspekte des Fachkräftemangels, wie AFI-Präsident Andreas Dorigoni anmerkt:„Arbeitgeber, die gute Leute an sich binden bzw. finden wollen, kommen an einer Festanstellung nicht vorbei.“ Warum wollen aber die Arbeitnehmer eine Festanstellung? Der Job bietet mehr Perspektiven, die Identifikation mit dem Unternehmen wird erleichtert, die Bereitschaft zur Weiterbildung ist erhöht, die Planung des Lebens gestaltet sich sicherer, der Zugang zu Krediten erleichter sich ebenfalls. Dorigoni sieht vor allem Bestätigung in der Abflachung eines Negativtrends: „2018 hatten wir die Alarmglocken geläutet, weil die prekäre Beschäftigung mittlerweile 3 von 10 Arbeitnehmer betraf. Heute können wir feststellen, dass sich dieser Trend nach Corona zum Glück nicht fortgesetzt und sich mit 27,6% im Jahr 2023 abgeflacht hat.“
Saisonale Unterschiede sind nach wie vor stark ausgeprägt, die lohnabhängige Beschäftigung unterliegt im Verlauf des Jahres Schwankungen. So ist die Anzahl der Menschen mit Beschäftigung im September (241.944 Personen) am höchsten und im November (214.164) am tiefsten. Die Branchen, in denen sich klassischerweise viele befristete Veträge finden, sind vor allem die Landwirtschaft (ein Anteil von 72.5 Prozent befristeter Jobs) und das Gastgewerbe (dort liegt der Anteil bei 65,3 Prozent). Dass das Gastgewerbe immer noch einen so hohen Anteil befristeter Jobs aufweist, ist für Dorigoni verwunderlich: „Das ist eine Eigenheit, für die es eigentlich immer weniger Gründe gibt, weil sich Südtirols Gastgewerbe immer mehr zur Ganzjahresdestination entwickelt. Ganzjahrestätigkeiten verlangen nach Ganzjahresjobs.“
Hinsichtlich der Teilzeitarbeit ist ebenfalls eine wachsende Quote zu vermerken, 2023 kam der Anteil der Teilzeitarbeiter auf 28,5 Prozent, damit arbeitet fast jeder Dritte auf Teilzeit. Dies habe positive, aber auch negative Aspekte: Teilzeit ebnet für Frauen, die gleichzeitig Sorgearbeit übernehmen, den Weg in die Arbeitswelt, Teilzeit ist jedoch in Bezug auf Renten und Erwerb unvorteilhaft und geht teilweise auch gegen den Willen des Arbeitnehmers (sog. unfreiwillige Teilzeit).
Ausländische Arbeitskräfte machen einen immer größeren Anteil des Südtiroler Arbeitsmarkt aus. 2023 hatte der Anteil ein Allzeithoch von 15,8 Prozent (würde man Arbeitskräfte aus anderen italienischen Provinzen dazurechnen, wäre dieser Anteil noch um einiges höher). Ausländische Arbeitskräfte sind vor allem in den Branchen, die von hoher Saisonalität geprägt sind, bemerkbar. Würden diese Kräfte wegfallen, würde Südtirols Wirtschaft kollabieren. Das sei ein Vorzeichen für eine Politik, die darauf abzielen solle, den „Brain Drain“ einzudämmen.
Was den Landeszusatzvertrag in Ergänzung zum nationalen Kollektivvertrag (NAKV) angeht, so sehen 13 von 43 untersuchten Sektoren einen derartigen Vertrag vor, wie aus einer Kurzstudie des AFI im späten Sommer 2023 hervorgeht. Dabei besticht das Metallhandwerk (Grundlohn eines neueingestellten qualifizierten Arbeiters liegt 12,8 Prozent über dem gesamtstaatlichen Kollektivvertrag), während der Handel die schlechteste Aufbesserung (von 0,5 Prozent) aufweist.
In der Privatwirtschaft verdient rund jeder Achte weniger als 9 € brutto die Stunde, wie aus einer ASTAT-Studie Ende letzten Jahres hervorgeht (Daten aus dem Jahre 2021). Nicht in die Studie mithineingeflossen sind die höheren Lebenserhaltungskosten in Südtirol im nationalen Vergleich.
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