Politik | Verkehrschaos

Rüstung gegen Raser, Lärm und Wildcamper

Ein Dorn im Auge der Bevölkerung, Politik und Behörden seien vor allem Lärm- und Geschwindigkeitsübertretungen in Passregionen. Vermehrte Kontrollen auch bei Wildcamping.
Pressekonferenz Alfreider Daniel conferenza stampa
Foto: DO/Salto
  • Ein immer wiederkehrendes Phänomen bereitet Behörden im ganzen Land Kopfzerbrechen, so Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider bei der heutigen Pressekonferenz im Palais Widmann: Lärmbelästigung, nächtliche Streetracer und Wildcampen. „Vor allem ist es ein tägliches Phänomen, dass Raser die Behörden des Nachts aus den Betten zerren. Ein Phänomen, das exponentiell gestiegen ist, das zeigen auch die Daten“, erklärt der Mobilitätslandesrat. Ein Kuriosum, dass die Daten im Vergleich zum Vorjahr eine leichte Abnahme des generellen Verkehrsaufkommens in einigen Passregionen aufzeigen. Dennoch die Lärmbelastung für die Bevölkerung ist aktuell enorm, die Gefahr durch überhöhte Geschwindigkeiten ebenso. Daniel Alfreider, Abteilungsdirektor der Mobilität Martin Valazza und Andreas Schatzer, Präsident des Gemeindenverbands nehmen Bezug auf konkrete Maßnahmen zur Problembekämpfung und erklären wo welche Kompetenzen liegen.

  • Nächtliche Raser: seien laut Alfreider fix an der Tagesordnung. Ständig müssen die Freiwilligen Feuerwehren und Ordnungskräfte ausrücken, um Lärm, unverantwortlichem Verhalten im Verkehr oder Unfällen nachzugehen. Foto: Daniel Alfreider
  • Müde von nächtlichen Einsätze, gefährlichen Szenen, Lärm

    Alfreider sieht das Problem vor allem bei den Rasern – Sportwagen, lauten Motorrädern, organisierten und rücksichtslosen Spaßfahrten. Kontingentierung auf den Passstraßen sei hingegen noch im Aushandlungs- und Erarbeitungsprozess. Dennoch seien die Gespräche mit dem Unterstaatssekretär Tullio Ferrante in Rom positiv verlaufen. Er selbst stammt aus der Amalfiküste, die mit vergleichbaren Problemen zu kämpfen hat und verstehe die Situation somit gut, so Alfreider: „Die Amalfi-Küste oder Cinque Terre könnten Partner sein, die uns in unseren Anliegen unterstützen

     

    Gemeindepolizei, Ordnungskräfte, Bevölkerung, alle sind wir müd’

     

    Auch Salvini, der den orangen Speedboxen den Kampf angesagt hat, um jenen Gemeinden auf die Finger zu klopfen, die sich an jenen bereichert hätten, zeigt sich hilfsbereit. Beim Treffen am 23. Juli habe er Arno Kompatscher Unterstützung für die Resolution der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zugesagt, in der strengere Kontrollen und fixe Radarstationen gefordert werden.

    Dringend notwendig, wie Alfreider und Martin Valazza erklären, denn die Belastung für Einsatzkräfte sei enorm. Der Ruf nach effektiveren Kontrollmaßnahmen wird auf sämtlichen Ebenen und nicht zuletzt in der Bevölkerung immer lauter: „Gemeindepolizei, Ordnungskräfte, alle sind wir müd’”, so Alfreider. Fast täglich müssen Ordnungskräfte, Gemeindepolizisten und freiwillige Feuerwehren mitten in der Nacht ausrücken – sei es, um Fahrzeuge zu bergen oder für Ruhe und Sicherheit zu sorgen, so Alfreider. Da niemand rund um die Uhr kontrollieren kann, was auf den Passstraßen geschieht und das generelle Problem des Personalmangels auch hier einwirkt, setzt die Provinz auf die Erhöhung von Radarfallen und Speed-Boxen.

  • Was ist derzeit rechtlich möglich?

    Die Straßenverkehrsordnung sieht drei Formen der Geschwindigkeitskontrolle vor:

    1. Mobile Kontrollen: Sie können von Gemeindepolizei oder staatlicher Ordnungskraft flexibel auf Gemeinde- oder Landesstraßen durchgeführt werden.
    2. Speed-Check-Boxen: Diese temporären orangen Boxen können mit einem Radargerät ausgestattet werden, das zwischen verschiedenen Standorten ausgetauscht wird.
    3. Fixe Radarstationen: Diese überwachen dauerhaft, 24 Stunden am Tag, und dienen als Unterstützung für die Polizei, wo eine dauerhafte Kontrolle vor Ort nicht möglich ist.
  • Bürokratische Hürden bremsen Umsetzung

    Für jede Speed-Box oder Radarstation ist ein Genehmigungsverfahren erforderlich: Die Gemeinde stellt einen Antrag beim Regierungskommissariat, dieser wird gemeinsam mit der Straßenpolizei und dem zuständigen Straßenverwalter geprüft. Erst bei positivem Gutachten aller Beteiligten kann eine Anlage errichtet werden.

    Bislang wurden rund 200 solcher Anträge in Südtirol eingereicht – viele davon sind noch in Bearbeitung. Besonders in den Bergregionen, wo eine konstante Polizeipräsenz nicht realisierbar ist, wären solche Anlagen dringend notwendig. Der Antrag auf ein vereinfachtes Verfahren in Rom wurde deponiert. In der Zwischenzeit stellt die Provinz den Gemeinden Instrumente und Personal zur mobilen Geschwindigkeitskontrolle zur Verfügung, so Alfreider.

  • Drei Kriterien entscheiden über die Genehmigung:

    1. Hohe Unfallhäufigkeit – allerdings schwer belegbar, da viele Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht zu Unfällen führen.
    2. Unmöglichkeit mobiler Kontrollen – ebenfalls schwer nachweisbar, da theoretisch jederzeit mobile Streifen möglich wären.
    3. Nachweis von Geschwindigkeitsübertretungen – der einzige Punkt, der meist eindeutig belegt werden kann.
  • Lärmbelastung: Keine klaren Grenzwerte

    Auch gegen Lärmverschmutzung gelte es, klare Maßnahmen zu setzen. Dabei stellt die aktuelle Rechtslage eine Herausforderung dar: Die Straßenverkehrsordnung definiert keine einheitliche Dezibel-Grenze, bei Verdacht kann aber überprüft werden, ob die Lautstärke des Fahrzeugs der eingetragenen Lautstärke im Fahrzeugschein entspricht. Lärmkontrollen sind jedoch aufwendig und können durch eine Vielzahl von Faktoren verfälscht und somit angefochten werden. Dennoch seien erste Schritte gesetzt worden: die Ortspolizeien wurden mit Messgeräten (Phonometern) ausgestattet und das Personal wurde geschult, um Verstöße besser aufdecken zu können. Die Höhe der Verwaltungsstrafen für Lärmübertretungen variiert je nach Fall zwischen 430 bis 1.731 Euro.

    Die Umweltschutzgruppe Vinschgau formulierte zu Beginn des Monats in ihrem Maßnahmenkatalog konkret: „Veranstaltungen mit motorisiertem Individualverkehr im Mittelpunkt sind mit einem ökologisch nachhaltigem Verkehrskonzept des Nationalparks Stilfserjoch unvereinbar.“ Darauf wurde von den anwesenden Verantwortlichen für Mobilität und Gemeinden jedoch nicht Bezug genommen.

  • Dolomiti Low Emission Zone: Tageskontingente und digitale Buchungssysteme sind Aspekte des hausgemachten Rezepts der Provinz zur Emissionseindämmung. Dennoch das umfassende Projekt der Dolomiti-Low-Emission-Zone kommt nicht weiter, das bestätigt auch Alfreider. Foto: SALTO/Andy Odierno
  • Low-Emission-Zone immer noch im Stocken

    Das Projekt der „Dolomiti Low Emission Zone“ sollte bereits seit 2024 auf den wichtigsten Dolomitenpässen wie dem Sellajoch, Grödner Joch, Campolongopass und Pordoijoch zur Emissionseindämmung umgesetzt werden. Es wurde 2022 gemeinsam mit Trentino, Venetien und Belluno aufgesetzt. Corona und der Regierungswechsel bedeuteten jedoch scheinbar das Aus für das Projekt. Alfreider erklärt: „Auch wenn wir das Projekt keineswegs aufgegeben haben, kommen wir im Moment nicht damit weiter“. 

    Die Idee bleibe jedoch aktuell und Aspekte des Projekts, wie etwa Tageskontingente und digitale Buchungssysteme zur Regulierung saisonaler Spitzen und der Verkehrslast auf besonders belasteten Routen, seien bereits in der Planung, so Alfreider. Das Pragser Tal wird hierbei stets als realistisches Vorbild genannt.

  • Wildcamping: Flächendeckende Kontrollen seien nur schwer möglich, so Schatzer, aber digitale Apps wie Park4Night werden durchleuchtet, um angegebene nicht-genehmigte Stellplätze zu kontrollieren. Foto: Provinz Bozen
  • Wildcampen: Apps wie Park4Night unter der Lupe

    Neben Verkehrslärm und Raserei werde auch das Wildcampen zunehmend zu einem Problem, so Andreas Schatzer. Öffentliche Flächen – vor allem außerhalb von Ortschaften – werden immer öfter zweckentfremdet. Das Problem tritt besonders abends und nachts auf. Auch digitale Apps wie Park4Night fördern das unkontrollierte Parken in sensiblen Bereichen.

    Die geltenden Gemeindeverordnungen sehen Verwaltungsstrafen zwischen 100 und 500 Euro vor. Doch auch hier gilt: Eine flächendeckende Kontrolle rund um die Uhr ist kaum umsetzbar. Ein Fahrzeug gilt dann als „campierend“, wenn es entsprechende Anzeichen aufweist – etwa herausgestellte Tische und Stühle, ausgefahrene Markisen oder aufgeklappte Dächer. Auch das Parken über Fahrbahnbegrenzungen hinaus ist strafbar.

Bild
Profil für Benutzer Christian I
Christian I Do., 31.07.2025 - 14:23

Die Grundfrage ist, wieso gibt es überhaupt laute Motorräder/Autos? Wieso werden solche überhaupt produziert und zugelassen?? Nur weil es für manche geil ist? Nur weil man(n) männlicher sein möchte...?? Nur weil man(n) wie Valentino Rossi sein möchte??? (Bei jene die einen "46" auf dem Motorrad haben ist es eindeutig...). Oder weil man auch bei uns die "Magie" der route 66 erleben will, oh yeah, oh yeah...??

Do., 31.07.2025 - 14:23 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Stefan S
Stefan S Do., 31.07.2025 - 20:20

Antwort auf von Christian I

"Die Grundfrage ist, wieso gibt es überhaupt laute Motorräder/Autos?"
Weil es die gesetzliche Regelung zulässt und es vor allem auch südlich von Euch aber auch bei Euch eine riesige Fangemeinde gibt.
"(Bei jene die einen "46" auf dem Motorrad haben ist es eindeutig...)
Ist es das? Kann es vielleicht auch sein das diese überwiegend das fahrerische Können der 46 damit zum Ausdruck bringen wollen.
Und dieses Können hat wenig bis gar nichts mit laut zutun. Mit der 46 am Bike wird einfach signalisiert das man Fan ist. Das darunter auch Volltrottel sind ist wie bei den z.B. Fahrradfahrern anteilig gleich.

Do., 31.07.2025 - 20:20 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Josef Ruffa
Josef Ruffa Do., 31.07.2025 - 14:42

Eigentlich schon interessant wie lange die Politik gewartet hat.
Jetzt wird sie aktiv.
Nein, Herr Alfreider teilt heute bei den Nachrichten (Mittagsmagazin) mit, dass sie bereits seit fünf Jahren diesbezüflich aktiv sind (in Rom und sogar in Brüssel)
Interessant, dass man mit der Veröffentlichung der Informationen dazu gegeizt hat.
Jetzt wo es nicht mehr zu übersehen ist, werden alle nervös ... auch der HGV, der sich noch 2024 zum Thema Overtourism und Verkehr bei Reklamationen echauffierte.

Do., 31.07.2025 - 14:42 Permalink
Bild
Salto User
opa1950 Do., 31.07.2025 - 19:20

Hat denn noch niemand verstanden dass diesen Herren nur ums liebe Geld geht. Die Bevölkerung ist ihnen ja Sch...... egal. Wichtig ist nur dass sie wieder einmal eine gute Figur machen möchten,aber es gelingt ihnen leider nicht mehr so wie vor Jahren. Die Bevölkerung wacht langsam auf und das ist auch richtig so.

Do., 31.07.2025 - 19:20 Permalink
Bild
Salto User
Josef Fulterer Fr., 01.08.2025 - 07:59

E-Fahrzeuge haben eine zu-schaltbare Einrichtung um Fußgänger aufmerksam zu machen. Die Verbrenner können inzwischen "auch bei Vollgas so leise gedemmt + Fall-weise auch nachgerüstet werden, dass die Roll-Geräusche der Reifen mehr auffallen wie der Motoren-Lärm!
Mit der derzeitigen Technik ist es durchaus möglich, Geschwindigkeits- (auf Bergstraßen strickt 50 km/h) + Lärm-Übertretungen, auch Unfälle bei Tag und Nacht zu dokumentieren + zur reichlich verdienten Verantwortung zu ziehen!

Fr., 01.08.2025 - 07:59 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Thomas Benedikter
Thomas Benedikter Fr., 01.08.2025 - 10:19

Speedboxen und fixe Radarmessstationen (sabotagesicher angebracht) würden die Lärmplage schon etwas einbremsen können, wie es die Beispiele in Österreich und Deutschland beweisen. Mit Autobahnfan und Straßenbauminister Salvini hat man hier leider den Bock als Gärtner. Nachdem die Speedboxen desaktiviert werden mussten, müssen Gemeinden jetzt höchst kompliziert versuchen, einige wenige (was sind schon 200 für ganz Südtirol?) wieder installieren zu dürfen. Und auch das hängt wieder vom Placet des Verkehrsministeriums ab, wie gestern bei der PK von Alfreider zu verstehen war. Für eine effiziente Geschwindigkeitskontrolle bei Motorrädern wäre auch eine Kenntafelpflicht vorne nötig, um dem Radar die Identifizierung der Maschine zu erlauben. Dann geht es vor allem auch um die Erfassung des realen Lärms beim Fahrgeschehen (Beschleunigung und Bremsen), was auch technisch möglich ist, aber rechtlich noch nicht vorgesehen. Wer weiß, ob sich die Herren in Rom jemals dafür interessieren.

Fr., 01.08.2025 - 10:19 Permalink