So so, zuerst gab es also einen Wassereinbruch, der die Baustelle des WaltherPark in die „Laguna di Bolzano“ verwandelte, dann wurden Asbest-Rückstände entdeckt, die aufwändig beseitigt werden mussten: Ich weiß nicht, wie gottgläubig die Macher des Megaprojekts im Zentrum der Landeshauptstadt sind, aber wenn jetzt auch noch die (realen) Heuschrecken einfallen, dann sind das dann doch ziemlich eindeutige Anzeichen dafür, dass der da oben keine große Freude am WaltherPark hat.
Non me gusta! schreit das alles ziemlich eindeutig (beweisen sie mir erst mal, dass Gott kein Spanisch spricht), und nein, mir selbst goutiert es auch nicht wirklich. Vor ein paar Jahren noch fand ich das Ganze nicht uninteressant, endlich was los im schnöden Bozen, endlich ein bisschen Großstadtflair, aber da war man auch noch jung, konsumgeil und pandemie-unerfahren. Heute nimmt sich dieses Projekt vor allem so aus: überholt.
Der Boom der bloßen Shoppingparadiese ist vorbei, längst hat sich das Einkaufen ins Internet verlagert.
In den USA spricht man von den „dead malls“, den toten Einkaufszentren, die kaum mehr Kunden anziehen und großteils leer stehen, viel zu viele gibt es dort davon, als dass sie sich noch rentieren würden. Auch in Deutschland kennt man das Problem: Der Boom der bloßen Shoppingparadiese ist vorbei, längst hat sich das Einkaufen ins Internet verlagert.
Wer’s vorher nicht kannte, der musste sich wohl oder übel in der Pandemie damit auseinandersetzen und zugeben, dass Online-Shopping durchaus Vorteile hat: Riesige Auswahl, schneller Preisvergleich und, das Beste: Man muss seinen Allerwertesten nicht einen Millimeter vom Sofa bewegen, um etwa ein T-Shirt zu erstehen, für das man in der analogen Welt im schlimmsten aller Fälle erstmal ins Auto steigen, Parkplatz finden, Geschäfte abklappern und Umkleidekabinen des Schreckens in Kauf nehmen muss. Zeit- und Nervenaufwand sind mir dafür mittlerweile viel zu hoch, kaum vorstellbar, dass „shoppen“ mal unter „Hobbies“ abgebucht wurde.
Aber, das soll bei Gott (schon wieder) kein Hohelied auf den Online-Handel werden, der meist Großkonzerne fett macht und eine katastrophale Umweltbilanz aufweist. Dennoch könnte der Hilferuf des Handels, insbesondere die Umsatzrückgänge im Südtiroler Bekleidungshandel (in Dörfern im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 minus rund 30 Prozent, im
städtischen Bereich minus 15 bis 20 Prozent, darauf hindeuten, dass die Menschen in den vergangenen Monaten zweierlei gemerkt haben: Erstens, Einkaufen ist eher notwendiges Übel als Freizeitbeschäftigung und zweitens, so viel braucht man eigentlich gar nicht. Längst quillt in unseren Wohnungen ja alles über vor lauter Kleidung, Schuhen, technischen Geräten, Kinderspielzeug etc.
Mancherorts werden Kleiderspenden gar nicht mehr angenommen, Kinderklamotten zweiter Hand zu verkaufen ist fast ein Ding der Unmöglichkeit, viel zu billig ist die Neuware. Und da brauchen wir tatsächlich noch einen Konsumtempel in Bozen City? Ist der andere nicht schon schlimm genug?
Wir sollen unser Konsumverhalten ändern, einverstanden, aber dann parkt uns doch nicht einen Park vor die Nase, der unsere guten Vorsätze sabotiert.
Angesichts der Klimakrise, die ja längst da ist, fallen (auch von Seiten der Landesregierung) mahnende Schlagworte wie Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, Ressourcenknappheit: Wie bizarr mutet es dann an, wenn im Jahre 2024 ein Riesenkomplex seine Tore öffnen soll, der wieder nur zum Ziel hat, uns zum Kaufen, Verbrauchen, Wegschmeißen zu verführen? Und dabei aller Wahrscheinlichkeit nach nicht den kleinen, lokalen Händler beherbergen wird, der natürlich gestärkt werden müsste, sondern wieder nur immer dieselben internationalen Ketten?
Wir sollen unser Konsumverhalten ändern, einverstanden, aber dann parkt uns doch nicht einen Park vor die Nase, der unsere guten Vorsätze sabotiert. Macht erschwingliche Wohnungen für den Mittelstand daraus, Studentenzimmer, ein Kulturzentrum oder eine wirkliche Freizeitstätte, die Menschen am verregneten Wochenende besser zu beschäftigen weiß, als sie die eh immer knapper werdenden Moneten in Hudern und Fast Food investieren zu lassen.
Zu spät, ich weiß, auf die Heuschrecken ist wohl kein Verlass, drum hoffe ich auf die Einsicht der Bürger*innen, die dann sagen werden: „Walther, park das Portemonnaie, wir gehen nicht shoppen, wir gehen spazieren.“