Wirtschaft | Verbraucher

Einsteins Rechnung

Die Stadtwerke Bruneck verschicken an ihre Kunden ein Schreiben, in dem die Tarife für Fernwärme erklärt werden. Um es zu verstehen muss man Mathematikprofessor sein.
Fernheizwerk Bruneck
Foto: EUT Engineering
„Bitte lassen Sie sich durch die Formel nicht beeindrucken“, steht da zu lesen.
Es ist ein Satz, der wie ein schlechter Witz klingt. Schaut man sich die Seite an, so dürfte jeder und jeden schwindelig werden, der nicht höhere angewandte Mathematik zu seinen Hobbys zählt.
Die Stadtwerke Bruneck haben mit 1. April 2023 eine neue Tarifgestaltung für die Fernwärme eingeführt. Dazu haben alle Kunden jetzt vom kommunalen Energieversorger ein Schreiben erhalten. Gleich zu Beginn wird in dem Brief die frohe Botschaft verkündet:
 
„Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir aufgrund der Preisentwicklung bei den Rohstoffen in der Lage sind, die im Jahr 2022 notwendigen Preisanpassungen zurückzunehmen. Gleichzeitig haben wir sehr intensiv an einem neuen Tarifmodell gearbeitet, welches gegenüber unseren Kunden möglichst fair und korrekt ist, aber auch die Notwendigkeit der Stadtwerke Bruneck berücksichtigt.“
 
Es folgt ein Überblick über die Preisentwicklung der Fernwärme in Bruneck. Zwischen November 2012 und 31. März 2022 betrug der Fernwärmetarif pro Kilowattstunde von 0,095 Euro (unter 35 Grad Rücklauftemperatur) bis zu 0,120 Euro (über 55 Grad Rücklauftemperatur). Mit dem Ukrainekrieg und der gleichzeitig ausgerufenen Gas-Krise kam es dann aber zu einer enormen Preissteigerung. Im März 2023 zahlten die Kunden der Brunecker Stadtwerke von 0,137 Euro pro Kilowattstunde (unter 35 Grad) bis zu 0,173 Euro (über 55 Grad).
 
 
 
Ab 1. April 2023 bieten die Stadtwerke jetzt nicht nur eine Preisreduzierung, sondern auch ein neues dynamisches Tarifmodel an. Der Sonderbetrieb der Gemeinde Bruneck hat entschieden, dass in Zukunft der Fernwärmetarif monatlichen Anpassungen unterliegt. Am Ende soll der Preis zwischen 35 und 50 Cent pro Kilowattstunde fallen.
In dem Schreiben an die Kunden wird das neue Tarifmodell vorgestellt. „Das nachstehende Beispiel praktischer Anwendung soll dies verständlich machen“, steht zu lesen.
 
 
 
Was dann aber folgt, ist eine Zumutung für jeden Verbraucher. Denn es sind Formeln, Abkürzungen und Tabellen, die in ein Lehrbuch für Mathematik passen, aber wohl kaum in eine Verbaucherinformation.
Nachdem schon die Stromrechnungen seit langem für normale Bürger praktisch unlesbar sind“, ärgert sich ein Brunecker Bürger, „frage ich mich ernsthaft, ob man das bewusst so macht, damit der Kunde nicht mitbekommt, was wirklich läuft“.
Der Generaldirektor der Stadtwerke Bruneck, Gustav Mischi, ist studierter Bauingenieur. Wenigstens er dürfte die Formeln verstehen.