Politik | Neue Landesregierung

„Es gibt keine Ausreden“

PD und Grüne verurteilen den Beschluss der SVP aufs Schärfste, mit FdI, Lega, Civica und Freiheitliche weiter zu verhandeln. Marco Galateo dankt der Regierung in Rom.
Ausschuss SVP
Foto: Seehauserfoto
  • Heute (2.12.2023) hat die SVP nach ihrer vierstündigen Sitzung mitgeteilt, dass sie mit den italienischen und deutschen Rechten Koalitionsverhandlungen führen möchte. Am Montag sollen die Gespräche mit Lega, Fratelli d’Italia (FdI), Civica und Freiheitliche starten. Der Partito Democratico (PD) und die Grünen drücken ihre Bestürzung aus.

    Der Landesvorstand des PD teilt mit: „Wir erfahren, dass die SVP beschlossen hat, sich für die Verhandlungen über die Zusammensetzung der Landesregierung an die Kräfte der italienischen und deutschen Rechten zu wenden. Wir bringen unsere Bestürzung angesichts einer Entscheidung zum Ausdruck, die unverständlich erscheint und die die Geschichte dieses Landes, beginnend mit dem mühsamen Aufbau der Autonomie, vergisst.“ 

  • Sandro Repetto: Er vertritt den PD als einziger Abgeordnete im Landtag. Foto: Salto.bz

    Es sei eine Entscheidung, die schwerwiegende Auswirkungen auf die Gegenwart zu haben droht, „weil sie nur opportunistisch auf die Beziehungen zur Regierung in Rom ausgerichtet ist, ohne eine klare programmatische Grundlage und eine Vision, die in der Lage ist, innovative Lösungen für die Bürger anzubieten“. Der PD spricht von einer kurzsichtigen Entscheidung, die nicht auf die Zukunft und die neuen Herausforderungen für das Wachstum und die Entwicklung der Südtiroler Gesellschaft ausgerichtet sei. 

    „Eine Entscheidung, die in Europa unverständlich erscheint, da sie eine historisch autonomiefreundliche Kraft mit dem schlechtmöglichsten Nationalismus verbindet. Wir für unseren Teil werden zusammen mit den anderen Mittelinks- und pro-europäischen Kräften weiter daran arbeiten, ein Südtirol der Zukunft aufzubauen, das für Zusammenleben und die Verteidigung der grundlegenden Werte der Autonomie im europäischen Rahmen steht.“

  • Es gibt keine Ausreden: Arno Kompatscher hatte es heute in der Hand und hat beschlossen, in welcher Begleitung er seine letzte Regierungsperiode verbringen wird. 

    Die Grünen sprechen von einem untragbaren Beschluss der Südtioler Volkspartei (SVP): „Nach Jahrzehnten der faktischen Alleinregierung mit gefügigen Partnern stand die SVP, die geschwächt aus den Wahlen hervorgegangen ist, heute vor einer Richtungsentscheidung. Von Inhalten und Werten hat man in den Wochen seit der Wahl kaum etwas gehört. Die Treffen mit den Parteien scheinen sich mehr um Posten und Machtverteilung gedreht zu haben. So ist auch in den Medien in diesen Wochen dies das beherrschende Thema gewesen.“

    Aus der Wahlniederlage scheine die SVP, aber auch ihre Gesprächspartner im politisch rechten Lager wenig gelernt zu haben. 2018 hat die SVP eine Koalition mit der Lega Salvini damit begründet, dass diese Wahlsieger seien und daher dem Wählerwillen Genüge getan würde. Wenn dieser Grundsatz auch 2023 noch gelte, dann sei es unverständlich, wieso man heute beschlossen hat, „eine Koalition der Verlierer eingehen zu wollen“.

  • Die Grünen Landtagsabgeordneten:: Sie zeigen in ihrer Stellungnahme Bestürzung über die Entscheidung der SVP. Foto: Seehauserfoto

    Noch wichtiger aber sei für die Grünen die Positionierung, die das Land mit der heutigen Entscheidung eingeht. Eine Regierung mit den nationalistischen Rechtspopulisten Melonis treibe Südtirol noch weiter nach rechts als es in den letzten fünf Jahren passiert ist. In Melonis Regierung befänden sich regelrechte Faschisten, „Salvini umarmt auf seinen Auslandsreisen politische Freunde wie Orban oder Le Pen“.

    „Eine Mehrheit aus Menschen, die den Klimawandel leugnen, mit nationalistischen und postfaschistischen Parteien wie Fratelli d’Italia, die mit Stolz die Fiamma Tricolore auf ihrem Symbol tragen, ist in Anbetracht unserer Geschichte und der Herausforderungen, die auf uns zukommen, untragbar“, kommentieren die Grünen Landtagsabgeordneten Brigitte Foppa, Madeleine Rohrer und Zeno Oberkofler.

  • Die Vision eines offenen, solidarischen und modernen Landes Südtirol verblasst.

    „Dass man sich auf die Versprechungen politischer Vertreter, wie Alessandro Urzì, die in ihrer gesamten politischen Karriere für ihre autonomiefeindlichen und nationalistischen Aussagen aufgefallen sind, verlässt, ist fahrlässig und unverantwortlich“, so die Grüne Landtagsfraktion.

    „Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Versprechungen und die Ansagen von Landeshauptmann Kompatscher der letzten Jahre im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz keinen Niederschlag in der Regierungsbildung gefunden haben. Die Vision eines offenen, solidarischen und modernen Landes Südtirol verblasst angesichts einer Regierung mit Kräften, die noch im Wahlkampf gegen Menschen auf der Flucht geschürt haben und nicht imstande waren, sich für die Erhaltung der Grundrechte für alle Bürger:innen auszusprechen.

    Es gibt keine Ausreden: Arno Kompatscher hatte es heute in der Hand und hat beschlossen, in welcher Begleitung er seine letzte Regierungsperiode verbringen wird. Mit seiner Entscheidung enttäuscht er viele Menschen, die ihn in der Hoffnung auf eine progressive, europafreundliche, und wertegeleitete Koalition unterstützt haben. Arno Kompatscher kann sich nicht mehr hinter angeblichen Machenschaften gegen ihn oder den Druck von Lobbys und Verbänden verstecken. Er hat bewusst eine politische Richtungsentscheidung getroffen. Eine große Enttäuschung für viele Südtirolerinnen und Südtiroler”, so die Grüne Landtagsfraktion.

  • Marco Galateo: Er will in den Koalitionsverhandlungen auch die Gegenstimmen innerhalb der SVP überzeugen. Foto: SALTO

    Wir werden über die Fragen des Programms sprechen müssen.

    FdI-Landtagskandidat Marco Galateo begrüßt die Entscheidung der SVP indessen: „Ich bin sehr glücklich! Die Arbeit von Präsident Meloni, Ministerin Lollobrigida und die überzeugte Unterstützung der Bürger haben sich gelohnt. Die Entscheidung ist gefallen, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns. Wir werden über die Fragen des Programms sprechen müssen, das in der fünfjährigen Legislaturperiode umgesetzt werden soll, und über die Delegationen, die für Fratelli d'Italia von Bedeutung sein müssen. Ich habe Respekt vor denjenigen in der SVP, die für eine Koalition mit dem Team K gestimmt haben, und wir werden versuchen, sie von der Richtigkeit unseres Projekts zu überzeugen.“

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Salto User
nobody Sa., 02.12.2023 - 19:09

Pech gehabt, da haben die Grünen gehofft und im Wahlkampf lange auf Kuschelkursmodus geschaltet und beide Augen zugedrückt und sich vom AK einlullen lassen. Dabei entscheidet der Parteiausschuss (oder eigentlich die Wirtschaft).

Sa., 02.12.2023 - 19:09 Permalink
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Klemens Riegler Sa., 02.12.2023 - 20:16

Die Brüder sind noch lang nicht drin! Bianchi und Genaccaro tun‘s auch. (beide zumindest politikerfahren). Auf der anderen Seite muss es doch nicht per forza rechts sein. Wenn also dort rechts, dann sollte es auf der anderen links oder zumindest mittig sein. Sonst wird das keine MITTE.

Sa., 02.12.2023 - 20:16 Permalink
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Johannes Engl So., 03.12.2023 - 20:50

Die Grünen könnten jetzt mit den Gelben eine Art Gegenregierung bilden, anstatt sich, wie sonst leider üblich, in der Opposition gegenseitig runter zu machen. So was könnte der wackeligen Mehrheit Angst machen und den Respekt der Südtiroler*innen gewinnen.

So., 03.12.2023 - 20:50 Permalink
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Hartmuth Staffler So., 03.12.2023 - 22:16

Salto zitiert Galateo mit den Worten "Wir werden über die Fragen des Programms sprechen müssen, das in der fünfjährigen Legislaturperiode umgesetzt werden soll, und über die Delegationen, die für Fratelli d'Italia von Bedeutung sein müssen." Das dürfte dieser unangenehme Zeitgenosse so wohl nicht gesagt haben, zumal er sich ja aus nationalistischer Überzeugung standhaft weigert, ein deutsches Wort in den Mund zu nehmen. Möglicherweise hat er nicht von Delegationen gesprochen (oder träumt er von einer Delegation des Südtiroler Landtages zum AfD-Parteitag?), sondern von Delegierungen. Aber was soll's, schlimm ist beides.

So., 03.12.2023 - 22:16 Permalink