Wirtschaft | Aus dem Netz

Bist du nützlich?

Ich arbeite, also bin ich: Ein Credo, das tief in der DNA der westlichen Industrienationen eingeschrieben ist. Ist es an der Zeit, nach neuen Glaubenssätzen zu suchen?

„Der Verkauf der Ware Arbeitskraft wird im 21. Jahrhundert genauso aussichtsreich sein wie im 20. Jahrhundert der Verkauf von Postkutschen“: Ein Zitat aus dem Manifest gegen Arbeit der Gruppe KRISIS, das der Philosoph und Autor Patrick Spät in einem Gastbeitrag auf Zeit Online verwendet. Damit stimulierte er in den vergangenen Tagen eine interessante Diskussion über einen Fakt, vor dem wir immer noch gerne die Augen verschließen: Wir leben in einer Ära des Kapitalismus, in der die Produktivität der Arbeit dermaßen hoch ist, dass immer weniger Arbeitskräfte gebraucht werden.

„Die aktuelle Massenarbeitslosigkeit in Südeuropa – mit einer Jugendarbeitslosigkeit von teilweise über 50 Prozent – ist nur ein Vorgeschmack auf das große Fressen, das uns noch bevorsteht. Computer und Roboter ersetzen am laufenden Band Jobs. Die Fast-Food-Kette McDonald’s installiert in ihren weltweiten Filialen gerade Tausende Easy-Order-Automaten. ... In den USA übernehmen sogenannte E-Discovery-Programme  immer mehr Recherchearbeiten, wo vormals Rechtsanwälte in Aktenbergen und Gerichtsurteilen wühlten. Eine Studie der Universität Oxford kommt zu dem Schluss, dass bis 2030 rund 47 Prozent aller Arbeitsplätze in den USA der Automatisierung zum Opfer fallen können.“

Vorbereitet sind wir darauf in keinster Weise. Ganz im Gegenteil, meint Spät in seinem Buch "Und was machst du so? Fröhliche Streitschrift gegen den Arbeitsfetisch". Denn obwohl der Mensch im Grund nach Faulheit strebe, hätte sich der Arbeitsfetisch tief in die DNA der westlichen Industrienationen eingeschrieben. Und: Just in dem Moment, in dem sie uns ausgeht, hätte die Arbeitsreligion den Status einer Staatsreligion erlangt.

„Kein Wahlplakat, auf dem nicht mit mehr Jobs geworben wird. Der Ruf nach mehr Arbeit ähnelt dem Stockholm-Syndrom, bei dem die Opfer von Geiselnahmen nach und nach ein positives Verhältnis zu ihren Entführern aufbauen. Ständig hören wir das Gefasel von "Wachstum", "Wettbewerb" und "Standortsicherheit", um uns einzureden, dass wir "Gürtel enger schnallen" müssten, weil nur so "sichere Arbeitsplätze" möglich seien – alles andere sei "alternativlos". Eine Lohnerhöhung sei nicht drin, weil sonst die Firma pleitegehe. Wir dürften die Reichen nicht zu stark besteuern, weil sonst die Leistungsträger ins Ausland gingen. All diese Dinge werden Konsens – sogar bei den Lohnsklaven selbst.“

Wie aber heißen die Alternativen? „Lasst uns schrumpfen“, meint Spät.  „Lasst uns den Arbeitsfetisch abschütteln und nicht an unsere Kinder weitergeben.“ Denn es grenze an Folter, kleinen Kindern das Spielen und Entdecken zu verbieten, um sie stundenlang zum Arbeiten an den Schreibtisch zu fesseln.

„Um es mit einem Zitat von John Lennon zu sagen: "Als ich fünf war, hat meine Mutter mir immer gesagt, dass es das Wichtigste im Leben sei, glücklich zu sein. Als ich in die Schule kam, baten sie mich aufzuschreiben, was ich später einmal werden möchte. Ich schrieb auf: glücklich. Sie sagten mir, ich hätte die Frage nicht richtig verstanden, und ich antwortete ihnen, dass sie das Leben nicht richtig verstanden hätten."

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Klaus Egger Sa., 26.07.2014 - 15:20

Das sind schöne und wahre Worte die auch meinen Konsens finden. Also lasst uns über Alternativen reden. Und bitte nicht nur über das bedingungslose Grundeinkommen. Sonst schreiben wir uns nur die Finger wund und sind am Ende auch nicht schlauer. Aber vielleicht gibt es irgendwo einen salto-Leser der weiß wie man die heute vernetzte, globalisierte, verschuldete Welt aus den Klauen des Raubtier-Kapitalismus befreien kann. Auf realistische und pragmatische Art.
Ich kann mir nämlich nur eine Stück für Stück Systemänderung vorstellen die in den Unternehmen beginnen muss. Denn die Unternehmen sind nicht Teil des Problems, sondern Teil der Lösung. Der Wandel kann meiner Meinung nach nur langsam und mit viiiiieeeeel Innovation gelingen. Aber innerhalb einer Generation müsste er zu packen sein. Oder um es auch mit John Lennon zu sagen: "Alles wird am Ende gut. Wenn es nicht okay ist, dann ist es nicht das Ende."

Sa., 26.07.2014 - 15:20 Permalink
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Klaus Egger So., 27.07.2014 - 10:17

Lieber Oliver, kann dir fast vollständig zustimmen. Gäbe es wirklich einen "freien Markt", wären wir sicherlich besser dran. Aber einerseits meinte ich mit "Raubtier-Kapitalismus" den verfälschten, aktuellen "freien Markt" (wie du mit "verkrüppelten Kapitalismus" ganz richtig interpretierst) und andererseits glaube ich gar nicht mal daran, dass ein wirklich "freier Markt" heutzutage ralistisch möglich ist.
Deine Überlegungen fußen auf ein Wirtschafts-Ideal, das ich für eine Fata Morgana halte. Zuviele Menschen, die nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind, steuern den aktuellen Markt und die Regeln der Wirtschafts-Macht. Hier braucht es Regelungen, Gesetze und Vorschriften. Am besten solche, die nicht in sinnlosen Bürokratismus enden, auch eine große Herausforderung. Und ohne Grenzen wird es nicht gehen. Das ist so ähnlich wie mit den diversen Quoten (Frauen, Sprache, was auch immer). Freiwillig rührt sich hier kaum was. Erst der (sanfte) Zwang und Druck bringt eine Änderung. Aber dann hoffentlich irgendwann ein Umdenken, eine Kultur, die diese Regelungen nicht mehr brauchen. That's my dream:-)

Und zum Schluss: Das Wichtigste ist, dass die Unternehmen umlenken. Sodass die Politik den "guten" Unternehmen den gesetzlichen Weg frei machen kann.

So., 27.07.2014 - 10:17 Permalink
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Sylvia Rier So., 27.07.2014 - 11:12

Hallo Klaus - darf ich ein paar Fragen stellen, die mich jetzt schon ein Weilchen beschäftigen? Als ich neulich den og. Artikel las, ging mir spontan durch den Kopf, dass alles und alleweil schneller auf ein Bedingungsloses Grundeinkommen zu läuft (schau auch hier: http://www.zeit.de/karriere/2014-06/interview-richard-sennett-arbeitsze…). Das wäre doch mal eine "Innovation" oder gar Mutation (nach Shoshana Zuboff, die sagt: "Ich denke, dass Innovationen nicht reichen, denn sie sollen nur ein überlebtes System reparieren. Was wir brauchen, sind Mutationen.") Dazu, mit Hilfe eben dieses Grundeinkommens, die Aufteilung der bisher 40 Arbeits(stunden) auf 20. Und nicht zuletzt frage ich mich schon seit längerem: Wäre es nicht "innovativer", wenn z. B. der Bäcker drei neue Leute einstellt, statt immer noch mehr Menschen durch noch mehr Maschinen zu ersetzen? Dann müsste halt der Staat den Kauf von Maschinen maximal besteuern, und damit den Arbeitgeber von den Lohnnebenkosten maximal befreien, das heißt die Steuerlast vom Menschen auf die Maschine zu verlegen? Nur mal so, ganz schnell und ganz frei dahin gedacht?

So., 27.07.2014 - 11:12 Permalink
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Klaus Egger So., 27.07.2014 - 11:42

Antwort auf von Sylvia Rier

Liebe Silvia, ich bin sicherlich kein Experte was das BGE anbelangt und stelle mich auch gerne dieser Diskussion. Nachdem es bei mir aber an einem ganz entscheidenden Punkt hakt, komm ich da einfach nicht weiter. Denn die Haupt-Frage die ich mir stelle, konnte mir noch niemand beantworten: Wenn wir das ganze zur Verfügung stehende Geld durch Umschichtung, Verlagerung, neue Zuordnung (und was auch immer noch) auf das BGE umgemünzt und verbraucht haben, woher kommt das nächste Geld zum Umschichten? Wenn ich den Konsum anders besteuere, ist das gut und nützlich. Kann gewisse Güter anderen Wert geben. Aber damit generiere ich nicht mehr Wertschöpfung. Wertschöpfung, Geld für die Allgemeinheit und jeden Einzelnen, generiert man heutzutage (hauptsächlich) über Steuern auf Arbeit (Allgemeinheit) und Lohn auf Arbeit (jeden Einzelnen). (Lassen wir das ganze Thema Kapital mal weg, sonst driften wir in die Geld-Debatte ab und dann wird der Knoten echt unlösbar.)
Wenn also der größte Teil über das BGE, welches ja von uns allen erbracht werden muss, verteilt wurde, woher kommt das nächste Geld zum Verteilen in einer Inflationsbedingten Wirtschaft?

Das habe ich noch nie kapiert. Aber vielleicht kann mich hier ja jemand aufklären.

So., 27.07.2014 - 11:42 Permalink
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Sylvia Rier So., 27.07.2014 - 12:25

Antwort auf von Klaus Egger

weißt du ich bin nun wahrhaftig keine mit der diese theoretischen finanz- und wirtschaftsdinge diskutiert werden können, und auch keine Expertin zum BGE. Aber aber dafür gibt's ja andere, die das sehr gut können. Etwas aber fällt mir auf in deinem Diskurs, und das würde ich gern verstehen, wenn du magst: Ist es zwingend, dass die Wertschöpfung über Steuern auf Arbeit und Lohn läuft? Oder kannst du diese Wertschöpfung umschichten, anders lagern (eben zum Beispiel oder unter anderem auf Maschinen, die Menschen überflüssig machen? Wenn du "(Wertschöpfung) generieren" sagst, dann meinst du doch (ist zwingend, oder?) ein "mehr". Was aber passiert, wenn der Schwerpunkt weg von (immer mehr) "schöpfen" hin zu mehr Wert "geben" (dem, was schon ist) verlagert wird? Wenn überdies, wie schon gesagt, das Grundeinkommen "ein halbes" ist, bleibt immer noch eine andere Hälfte, die arbeitet, 20 Stunden lang, und also "klassisch" generiert.

So., 27.07.2014 - 12:25 Permalink
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Klaus Egger So., 27.07.2014 - 15:27

Antwort auf von Sylvia Rier

Das ist die große, und sicherlich eine sehr wichtige Frage: Worüber wird Wertschöpfung generiert? Ich habe darauf leider auch nur eine Bauch-Gefühl Antwort. Ich glaube nicht, dass wir das einfach auf Maschinen umlagern können. Maschinen müssen ja auch von jemanden gebaut werden, oder von weiteren Maschinen gebaut werden die von jemanden programmiert werden usw.. Ich bin zwar auch der Meinung, dass wir uns sowieso zurzeit die Arbeit mit all den Maschinen "wegrationalisieren", was der helle Wahnsinn ist, aber das BGE sehe ich da noch nicht als Antwort.

Auch habe ich noch nicht verstanden (und da sind wir wieder bei der Wertschöpfung), wie dann z.B. ein Gehalt zusammen gesetzt wird. (wir gehen ja alle davon aus, dass die Menschen weiter arbeiten, nur vielleicht andere Arbeiten, das was sie immer schon wollten). Ich versuche das mal an einem konkreten Beispiel festzumachen (ohne Gewähr:-)). Nehmen wir mal an jemand verdient 2.000 brutto. Bekommt er dann nach Einführung des BGE vom Arbeitgeber nur mehr 1.000 brutto, weil er die anderen 1.000 vom Staat bekommt? Dann hätte der Arbeitgeber zwar weniger zu zahlen, was ja spitze wäre (für mich als Unternehmer:-)), aber wie kommen dann die Steuern zusammen um laufend das BGE zu finanzieren? (Es wird ja weniger von den Unternehmen bezahlt = weniger Steuern = weniger Gesamteinahmen für die Finanzierung des BGE).
Und was ist mit den Menschen die keine klassische Lohnarbeit dann verichten? Jeder kann sich ja dann verwirklichen als Künstler, im Sozialen Dienst, Philosoph, Pflege von Verwandten, was auch immer. Ist alles sehr wertschätzend und braucht unsere Gesellschaft, aber diese Menschen generieren ja keinen monetären Wert. Auch wenn das nun blöd klingt, aber diese Menschen generieren somit auch keine Steuern, aus denen dann wieder der BGE-Topf gefüllt werden könnte.

Oder ist es vielleicht so gemeint, dass die Unternehmen weiter die vollen Löhne zahlen und das BGE dann dazu kommt? Dann würde ich mir gerne mal die Inflation anschauen die uns dann explosionsartig um die Ohren fliegt. Wenn die Butter dann plötzlich 8 Euro kostet. Also auch hier komme ich nicht klar.

Was mich anspricht Silvia, da hast du einen weiteren wichtigen Punkt angesprochen, ist, dass wenn jemand nur mehr 20 Stunden arbeitet, wir automatisch mehr Arbeitsplätze schaffen. Wäre auf den ersten Blick spitze. Aber bei der Rechnung hänge ich wieder. Beispiel: 1 Person (40 Stunden) kriegt 1.000 Lohn +1000 BGE, soweit ok. Nun machen wir daraus 2 Personen (á 20 Stunden) = 1. Person 500 Lohn + 1000 BGE / 2. Person 500 Lohn + 1000 BGE. In Summe hast du also bei der ersten Variante 2.000 die du auf Dauer aufbringen musst, in der 2. Variante 3.000.

Boh, meine lauten Gedanken drehen sich wieder mal im Kreis. Will hier aber auch nicht den Schlauen spielen und meinen, meine sei die Wahrheit. Es ist eben nur so ein Bauchgefühl das mir noch niemand konkret nehmen konnte

Vielleicht kann uns Oliver hier helfen. Du hast das doch mal in einem deiner Beiträge ziemlich genau untersucht, oder? Er ist beim Erklären der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge auch viel besser als ich.

So., 27.07.2014 - 15:27 Permalink
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Sylvia Rier Mo., 28.07.2014 - 13:07

oh da muss ich doch auch noch gleich eine frage los werden, die mich jetzt schon seit geraumer zeit beschäftigt, Oliver: bist du zufällig verwandt mit gorgias? ihr zwei habt erstaunlich viel gemeinsam, und jetzt seid ihr auch noch zeitgleich von der Bildfläche bzw. in den Urlaub verschwunden, um dann gleichzeitig wieder aufzutauchen... aber vielleicht habe ich gorgias ja auch nur übersehen, während du im Urlaub warst :-D

Mo., 28.07.2014 - 13:07 Permalink
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Sylvia Rier Mo., 28.07.2014 - 17:28

Irgendwie höre ich immer nur Innovation :-) Dieser wilde und fast mantra-artig ständig wiederholte Innovations-Glaube irritiert mich nach wie vor: Läuft das nicht darauf hinaus, dass wir hoffen, mit ihrer Hilfe (was versteht ihr darunter, eigentlich?) im Grunde weiter machen zu können wie bisher, halt mit ein wenig innovativem Nachjustieren hier und da?! Irgendwie kommt‘s mir so vor, als würden wir zur Rettung eines leck geschlagenen Schiffes nur darüber nachdenke, wie wir alleweil mehr und alleweil schneller Schöpf-Eimerchen nachliefern können und darüber, wie wir die Eimerchen größer oder leichter oder stabiler bauen könn(t)en - nichts von alledem hält aber das Wasser davon ab, in das Schiff einzudringen und es über kurz oder lang zu versenken.*****
Nein, Klaus, ich gehe (auch) nicht davon aus, dass BGE allein DIE Antwort ist auf die drängenden Probleme unserer Gesellschaft/Wirtschaft, aber im Mix mit anderen Maßnahmen könnte es wohl ein mächtiger Wirkstoff sein.*****

Noch ein paar Fragen hätte ich, wenn ihr mögt/wer mag: Warum glaubst du, Klaus, dass nur "monetär bewertware" (und Steuern generierende) Arbeit wertvoll ist (ist es nicht gerade das, was der Autor des Ursprungstextes anmahnt? Dass wir aufhören müssen, die Menschen an ihrer Erwerbs-Arbeit zu messen/zu bewerten?) Und warum glaubt Oliver, dass die Arbeit z. B. des Kloputzers weniger wertvoll ist als die z. B. der Ärztin? Und warum glaubst du, Andreas, dass die Arbeiten von Saisonarbeitern besser bezahlt werden müssen, damit sie für "Einheimische" wieder interessant werden? ******

Nicht zuletzt hat mir heute, wie’s der Zufall so will, das Internet diesen Text hier auf den Bildschirm gespült. Ich finde, er sagt ein paar ziemlich interessante Dinge: http://www.faz.net/aktuell/wachstumskritik-das-bornierte-streben-nach-p…

Mo., 28.07.2014 - 17:28 Permalink
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Stephan Kerschbaumer Mo., 28.07.2014 - 18:55

Antwort auf von Sylvia Rier

Hallo Silvia, ich erlaube mir zwei Punkte zum Thema "Innovations-Glaube". Ich würde mich freuen deine Meinung dazu zu hören:
1. Wenn man die Menschheitsgeschichte betrachtet, so bemerkt man, dass jede Entwicklung an seine Grenzen stößt: politische, militärische, wirtschaftliche und soziale Systeme haben sich entwickelt und sind wieder verschwunden; daraufhin haben sich neue System entwickelt und auch diese sind wieder verschwunden, bis herauf in die Postmoderne. Derzeit bemerken wir, dass das politische System des Nationalstaats, das sich nun seit dem 19. Jahrhundert entwickelt hat, im Sterben begriffen ist (Menasse docet) und durch ein neues System ersetzt wird (ob nun europäisch, frei nach Menasse, oder global(isisert)). Ähnlich unser Sozialsystem, das schon aufgrund der fehlenden wirtschaftlichen Entwicklung (sprich Wachstum) sowie des "demographischen Wandels" kränkelt. Aber zurück zum Anfang: Systeme entwickelten sich und verschwanden. Das Einzige, das geblieben ist und sich immer weiter entwickelt hat ist der technologische Fortschritt. Dieser ermöglicht uns unser relativ sicheres Leben (die Natur scheint gezähmt, wenn da nicht diese, seit kurzem verstärkt auftretenden Wetterphänomene wären) und ist auch nicht mehr rückgängig zu machen sein, selbst wenn morgen eine Atombombe über Europa oder den USA explodierte (es gibt Bunker, in denen riesige Computer alles gespeichert haben, was unsere Zivilisation ausmacht). Nun denn, ich würde nicht so sehr den "Innovations-Glauben" kritisieren, als eher den "Wachstums-Glauben", der Glauben an das immer Größere, Bessere, Stärkere. Geld ist im Grunde Papier, das man unbegrenzt drucken kann. Natürliche Ressourcen, Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanzen sind jedoch begrenzt und können nicht immer mehr im Namen der wirtschaftlichen "Weiterentwicklung" (sprich Wachstum) ausgebeutet werden.
2. Hat man den "Wachstums-Glauben" einmal abgeschworen, stellt sich die Frage nach der Alternative. An diesem Punkt stecke ich in großer Erklärungsnot: Wie könnte die Alternative aussehen? Die Beantwortung dieser Frage ist schon deshalb sehr kompliziert, da heute, in Abwesenheit anderer allgemein gültiger Werte, vorwiegend Geld bzw. Reichtum der Maßstab ist, an dem wir Erfolg, Leistung und auch Anerkennung messen (ohne Klaus Egger etwas anzudichten, was dieser vielleicht nicht gemeint hat, ich denke hier liegt die Antwort auf die Frage, weshalb gemeinnützige Arbeit in der Gesellschaft als weniger wertvoll erachtet wird, als lohnabhängige oder selbstständige Arbeit; wie viele ernten sich immer wieder ein müdes Lächeln, wenn sie Freunden und Bekannte erzählen, dass man sich engagiert - in welcher Form auch immer - und dafür nicht einmal Geld verlangt?; oder, wie oft macht man einem lieben Menschen einen Gefallen und dieser bedankt sich indem er einen Geldschein herausrückt, als könne man nur durch Geld echte Dankbarkeit ausdrücken?; nach langem Hin und Her und dem Austausch von Floskeln ("das wäre ja noch schöner", "das habe ich doch gern gemacht", ...) nimmt man das Geld dann doch an). Auch wenn ich noch keine Alternative sehe (und ich wünsche mir, dass ich sie eines Tages sehe kann), so bin ich mir in einem recht sicher: Veränderungen können nur auf dem Bestehenden aufbauen. Ein neues System kann nicht von Null auf konstruiert werden, es muss immer mit dem Erbe des bereits Geschehenen zurechtkommen. Das gilt selbst für die Revolutionen in der Geschichte, die sich diesen Namen verdient haben (im Italiensichen würden man sagen "Rivoluzione con la R maiuscola"), wie etwa die Französische Revolution, wohl die Revolution schlechthin (durch den Sturm auf die Bastille ist die französische Gesellschaft nicht eine andere geworden, sie ist nicht - sozusagen über Nacht - durch eine neue, bessere Gesellschaft ersetzt worden; das Gegenteil trifft eher zu). Somit kommt man nicht um das "Nachjustieren" herum, aber (und hier sehe ich den großen Punkt) wir dürfen es nicht beim Nachjustieren belassen.
PS: Entschuldige bitte diesen langen Text; in diesen Dingen bin ich leider sehr inkonsequent: auf der einen Seite finde ich es besser, wenn es Menschen vermögen ihren Standpunkt auf den sprichwörtlichen Punkt zu bringen; auf der anderen Seite ertappe ich mich immer wieder dabei, diesen Grundsatz zu brechen, so dass vom Punkt nicht mehr viel übrig bleibt.

Mo., 28.07.2014 - 18:55 Permalink
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Klaus Egger Mo., 28.07.2014 - 21:09

Antwort auf von Stephan Kerschbaumer

Hallo Stephan, kann jetzt nicht komplett auf alle Details deines Textes eingehen, finde ihn aber in sich sehr stimmig. Du hast mir nichts angedichtet:-), und doch auf die Unsicherheiten dieser Debatte hingewiesen. Ich bin mir auch in vielen nicht sicher, aber macht uns nicht genau das offen für Änderungen, für Ausprobieren von ungewöhnlichen Ansätzen und Wegen? Sicherlich müssen wir die ausgetretenen Pfade verlassen, aber wie du auch richtig schreibst, "man kann nicht ein System von Null auf konstruieren, es muss immer auf dem bereits Geschehenen aufbauen".

Mo., 28.07.2014 - 21:09 Permalink
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Sylvia Rier Di., 29.07.2014 - 09:17

Antwort auf von Stephan Kerschbaumer

Hallo Stephan, du hast natürlich völlig Recht, und ich habe mich wohl schlampig ausgedrückt bzw. ist wahrscheinlich meine Idee von "Innovation" (zu) eng gefasst. Klaus hat ja schon ein paar Innovationen genannt, die absolut positiv sind. Es ist vielleicht, weil ich persönlich diese, also die von Klaus genannten, Formen von Innovation eher weniger als solche denn mehr als (notwendige, logische) "Entwicklung" verstehe, aber das ist, wie gesagt, vermutlich eine Sache der Begrifflichkeit/en. Wo mich "Innovation" stört und (be-)sorgt, ist z. B. dort, wo sie neue Motoren entwickelt, die weniger Sprit brauchen, mit der Folge, dass die Autos alleweil größer und schneller (zudem in der Anschaffung billiger) werden – und also doch (wieder) mehr Sprit brauchen - denn der Weg muss doch ein anderer sein, mehr in Richtung "weniger Autos, kleinere Autos, sparsamere Autos"); oder dort, wo sie neue Heiz- und bessere Wärme-Dämmsysteme entwickelt, mit der Folge, dass Verkäuferinnen im Januar und bei minus 20 Grad sich so kleiden, als sei's Hochsommer, und die Menschen in ihren Häusern genauso; oder dort, wo sie ein neues Einkaufszentrum in einer Stadt, die ja schon alles hat, bekömmlicher machen soll (wie soll ein Einkaufszentrum INNOVATIV sein?! In einer Welt, die am Überfluss zugrunde zu gehen droht?). Ich weiß jetzt nicht, ob es mir gelungen ist, mich besser auszudrücken? Oder vielleicht einfach so: Wenn Innovation nicht über eine Verbesserung zu einem "Weniger" (gern „besser“) führt, dann ist sie keine gute Innovation oder jedenfalls nicht die Innovation, die ich mir wünsche :-) oder von der ich glaube, dass wir sie brauchen. Ist denn ein Wachstum "in die Breite" nicht denkbar? Ein "immer besser" statt eines "immer mehr"? Aber dann müssen wir, unweigerlich, "zurück", in eine Zeit, als die Dinge noch wertvoll waren, weil sie kostbar waren. Denn ist das nicht, unter anderem, eine Folge der „Innovation“, wie ich sie fürchte, dass die Dinge an Wert (und Wertschätzung) verlieren, mit den Folgen, die wir alle kennen? Wie du siehst, habe ich leider mehr Fragen als Antworten, aber ich denke, dass womöglich die Lösung, der Schlüssel sehr viel mehr im gesellschaftlichen als im streng wirtschaftlichen Bereich zu finden sein könnte. Und vielleicht ist das BGE einer der Schlüssel.

Di., 29.07.2014 - 09:17 Permalink
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Klaus Egger Mo., 28.07.2014 - 21:39

Antwort auf von Sylvia Rier

"Irgendwie höre ich immer nur Innovation..."

"Innovation" ist sicherlich ein seeeeehhhhr breiter Begriff und leider genauso wie "Nachhaltigkeit" stark inflationär verwendet. Deshalb will ich gar nicht auf Definitionen rumreiten sondern dir ein Beispiel nennen was ich darunter verstehe. -Nehmen wir "cradle to cradle", der Versuch von der "Wiege zur Wiege" die Produktgestaltung anzugehen. Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung. Solltest du mal Zeit haben auf meinem Blog unter http://klausegger.blogspot.it/2014/06/wunderbare-wirtschaftsaussichten-… findest du ein sehr interessantes Video dazu. Das ist für mich Innovation.
-Oder "upcycling", auch so etwas "innovatives".
-Oder die Herstellung von Kleidung mit anderen Rohstoffen wie Bambus und co. (http://klausegger.blogspot.it/2014/06/wunderbare-wirtschaftsaussichten-…).
Das wären alles Dinge in der Produktentwicklung, aber auch im Management gibt es neue, "innovative" Fürhungsansätze. Auch die Gemeinwohlökonomie als Wirtschaftsmodell ist für mich ein neuer, innovativer Ansatz.
Wahrscheinlich könnten mir jetzt irgendwelche Wissenschaftler meine Definitionen um die Ohren hauen, aber das ist mir egal. Mir geht es darum, dass Menschen kreativ werden, neue Ansätze ausprobieren und umsetzen. Auch die occupy Bewegungen haben für mich innovative Ansätze, da sie sich nicht nur einfach treffen und protestieren, sondern über die sozialen Netzwerke kommunizieren, handeln, bewegen.

Es mag nicht immer alles rund um Innovationen perfekt sein und bei Gott es werden auch Fehler gemacht. Aber muss man deshalb vieles was nicht perfekt erscheint gleich schlecht reden und bremsen wie es leider immer wieder viele von uns machen (auch politische Vertreter;-))?
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"Nein, Klaus, ich gehe (auch) nicht davon aus, dass BGE allein DIE Antwort ist auf die drängenden Probleme unserer Gesellschaft/Wirtschaft, aber im Mix mit anderen Maßnahmen könnte es wohl ein mächtiger Wirkstoff sein"

Silvia, ich habe bei der europäischen Unterschriftensammlung mitgemacht und dafür geworben. Habe ein Interview mit Sepp Kusstatscher ehrenamtlich geführt und verbreitet. Und auch sonst habe ich noch so einiges gemacht, wofür ich von vielen anderen Unternehmern "schief" angeschaut wurde. Weil ich auch der Meinung bin, dass das Thema Potential hat und weiter unstersucht werden sollte. Ich habe nur immer ein Problem damit, wenn mir eine Sache als Allheilmittel verkauft werden soll (was du nicht machst). Da kann ich natürlich nur mit meinen Erfahrungen und Wissen argumentieren.
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„Warum glaubst du, Klaus, dass nur "monetär bewertbare" (und Steuern generierende) Arbeit wertvoll ist“
Jetzt habe ich gesucht und gesucht, die Stelle aber nicht gefunden wo ich das anscheinend so formuliert habe. War auf jeden Fall nicht meine Absicht. Das Wort „wertvoll“ hätte ich in diesem Zusammenhang auf keine Fall benutzen dürfen, sollte ich das getan haben, denn wie bewertet man etwas vom moralischen, gesellschaftlichen, psychologischen, ethischen oder was auch immer, Wert her? Ich würde mir das nicht anmaßen. Das einzige was ich sagen wollte, ist dass, wenn wir vom BGE sprechen dann sprechen wir ja auch von Geld. Da kommen wir nicht umhin. Das BGE ist eine Zuwendung in Geldform, Punkt. Ja und das muss auch irgendwo mal generiert werden. Das war mein Ansatz. Nicht ob etwas wertvoller in immaterieller Hinsicht oder weniger ist. Das ist eine ganz andere Debatte und die finde ich auch richtig. Die vielen ehrenamtlichen und sozialen Aufgaben (die ja auch „Arbeit“ sind) sollten viel mehr Achtung in unserer Gesellschaft bekommen.
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Also zusammenfassend: Schwierige Debatte, notwendige Debatte, wichtige Debatte. Aber wenn wir über monetäre Zuwendung reden wollen, muss es auch gestattet sein über die monetäre Aufwendung zu reden. Denn ohne die Lösung dieses Knackpunktes (und noch einiger anderen sehr problematischen) wird es leider immer nur eine Debatte bleiben.

Mo., 28.07.2014 - 21:39 Permalink
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Sylvia Rier Di., 29.07.2014 - 10:48

Antwort auf von Klaus Egger

logisch, Klaus, und auch bei dir sorry wenn ich dich falsch gelesen habe. Natürlich müssen wir über Geld sprechen, und darüber wo's her kommt, und auch darüber, wie's weiter geht (gehen könnte). Ich bin nur ziemlich sicher (ohne dass ich mich damit im Detail auseinander gesetzt hätte, zugegeben, es ist Bauchsache), dass das BGE eine logische Konsequenz unserer bisherigen Entwicklung und der nächste Schritt ist hin zu weiterer Entwicklung, eine Innovation im ganz großen Stil. Wir müssen nur an irgendeiner Abzweigung anders abbiegen, ich weiß nur noch nicht genau, an welcher :-)

Di., 29.07.2014 - 10:48 Permalink
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Sylvia Rier Di., 29.07.2014 - 10:17

Okay Oliver, sorry wenn ich dich falsch interpretiert habe, und schon klar, ich weiß das alles, einigermaßen - aber: ist es zwingend das Gesetz von Angebot und Nachfrage, das den Preis regelt (beim Arzt z. B. könnte ich mir vorstellen, dass der z. Zt. auch mehr verdient, weil seine Verantwortung ungleich größer ist als die einer Reinigungskraft, aber vielleicht hauptsächlich, weil das Prestige ein hohes ist.)? Denn: Niemand WILL ja Toiletten putzen, also sollte dieser Job ja eigentlich gut belohnt werden, oder? Wird er aber keineswegs, und daran ändert auch nichts, dass eine gute Reinigungskraft deutlich "wertvoller" ist als eine schlechte Ärztin?! Ich sehe da immer noch, vielleicht zu Unrecht, ein mächtiges Kasten- und Klassensystem, eben, genau das, was der Autor von "Bist du nützlich?" ja auch sagt: Wir unterscheiden vielleicht ein bisschen zu viel "minderwertige Arbeit" von "hochwertiger Arbeit", aber im Sinne des Prestige, nicht der Qualität. Und messen auch noch die Menschen daran, welcher Arbeit sie nachgehen. Da könnte vielleicht das BGE ein Umdenken bis hinunter in die tiefen Schichten des gesellschaftlichen Empfindens bewirken - weil plötzlich, wie du ja selbst sagst, die Arbeit der Klofrau einen ganz neuen Wert bekäme. Daran kann ich nichts Falsches finden. Ich habe mal einen schönen Text gelesen, in dem von einem Aufzugstechniker die Rede war, der ein Vielfaches dessen verdient, was die meisten Akademiker verdienen. Der Mann hat einfach einen superguten Job und sich damit "unentbehrlich" gemacht. Ich habe einen Gast, der als Bauleiter (gelernter Maurer) für einen großen deutschen Konzern die ganze Welt bereist, um neue Projekte zu betreuen, er hat zwei Porsche in seiner Garage stehen - und ich habe Gäste, die sich als Rechtsanwälte mehr schlecht als recht über Wasser halten. Und jetzt stellen wir mal den Bauleiter (Maurer), den ich meine, neben den Rechtsanwalt, den ich meine, blenden das Rundherum aus und schauen nur die Berufsbezeichnungen an. Was siehst du? Es ist doch immer (auch) die Qualität der Arbeit, die ihren Wert bestimmt, und qualitativ hochwertige Arbeit ist meist das Ergebnis von "gern und mit Freude tun, was man tut", aber vielleicht auch ein bisschen von der gesellschaftlichen Anerkennung, die man bekommt, für das, was man tut. Und da wären wir schon wieder (Andreas Mutschlechner hat's ja schon gesagt), beim BGE (also wirklich, je mehr ich darüber nachdenke, desto besser wird's :-) ) dass die Menschen frei wären, zu tun, was sie gern tun... das könnte dann, warum nicht, durchaus auch Toiletten sauber machen sein, wenn diesem Job erst mal das Stigma des "Unberührbaren" genommen wäre.

Di., 29.07.2014 - 10:17 Permalink
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Profil für Benutzer Klaus Hartmann
Klaus Hartmann Di., 29.07.2014 - 11:59

Unter kapitalistischen Bedingungen muss eine fortschreitende Automatisierung der Arbeit zwangsläufig zur Katastrophe führen. Dem Traum des Menschen, dass stupide und Menschen unwürdige Arbeit immer mehr von der Maschine übernommen wird, während der Mensch sich sinnvollen Tätigkeiten zuwenden darf, kann ein System das auf Gewinnmaximierung und endloses Wachstum ausgerichtet ist, nichts abgewinnen. Trotzdem, so glaube ich zumindest, könnte der Traum verwirklicht werden.
Solange aber Arbeit ausschließlich als Ware betrachtet wird, aus der zwangsläufig ökonomischer Mehrwert geschöpft werden muss, wird ein Zusammenbruch dieses Systems unvermeidlich sein. Die technologische Automatisierung lässt das Arbeitsvolumen sinken, während die Produktivität überdurchschnittlich steigt. Zwei Folgen davon sind, dass einerseits immer größere Bevölkerungsschichten aufs soziale Abstellgleis geschoben werden und andererseits immer mehr Bedürfnisse geschaffen werden müssen um die von Maschinen erzeugten Waren zu verkaufen. Ein Teufelskreislauf aus dem es anscheinend keinen Ausweg gibt.
Hannah Arendt vor 50zig Jahren: „Denn es ist ja eine Arbeitsgesellschaft die von den Fesseln der Arbeit befreit werden soll, und diese Gesellschaft kennt kaum noch vom Hörensagen die höheren und sinnvolleren Tätigkeiten, um derentwillen die Befreiung sich lohnen würde...... Was uns bevorsteht, ist die Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist, also die einzige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein?“
Wir haben den vorherrschenden Arbeits- und Leistungsbegriff so sehr verinnerlicht, dass wir anscheinend außerstande sind Alternativen zu denken. Wir verteidigen das viel proklamierte Recht auf Arbeit mit allen Mitteln und zu jedem Preis, wobei wir den Begriff Arbeit auf reine Erwerbsarbeit reduzieren. Wir kämpfen gegen die Schließung von Fabriken deren Produktionsmethoden nachweislich unsere Umwelt zerstören und Menschen krank machen, wir kämpfen um den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Rüstungsindustrie, im Heer, in Atomkraftwerken usw. und wir kämpfen um den Erhalt Arbeitsplätzen auch wenn wir wissen dass sie menschenunwürdig und ausbeuterisch sind.
Vielleicht gibt es aber Alternativen!? Vielleicht brauchen wir hierfür neue Lebens- und Arbeitsmodelle!? Vielleicht brauchen wir Utopien!? Vielleicht eine Abkehr vom uns versklavenden Massenkonsum!? Vielleicht müssen wir unsere Produktion wieder in den Dienst des Menschen stellen und sie nicht weiter als Selbstzweck betrachten!? Vielleicht müssen wir auch Technologie in den Dienst des Menschen und nicht in den Dienst des Mehrwertes stellen!? Vielleicht brauchen wir eine Entschleunigung unserer Lebensart, eine Abkehr von der Konkurrenzwirtschaft hin zu einer Solidaritäts- und Verantwortungsgesellschaft!? Vielleicht brauchen wir eine stärkere Regionalisierung der Produkte und des Konsums!? Vielleicht brauchen wir ein neues Ethos des Zusammenlebens und Arbeitens!? Vielleicht brauchen wir direkt-demokatische Strukturen!? Vielleicht brauchen wir das BGE!?
Was wir aber ganz sicher brauchen sind Alternativen zum jetzigen Wirtschaftssystem und zu seiner Auffassung von Glück.

Di., 29.07.2014 - 11:59 Permalink