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Politik | Die rote Line

Symbolpolitik ohne Wirkung

Das Ausrollen der roten Linie vor dem Landtag gegen JWA, war ein starkes Zeichen, oder? Es war vor allem nur ein Zeichen, das für viel Empörung sorgt, aber für wenig Konsequenzen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Jürgen Wirth Anderlan
Foto: Seehauserfoto
  • Was ist passiert?

    Jeder hat es mitbekommen: Die Vertreter der SVP, Grünen, des PD, Team K und Civica rollten am 08. Mai ein rotes Band vor dem Südtiroler Landtag aus. Die Aktion galt Jürgen Wirth Anderlan und seinen abwertenden Aussagen auf einem FPÖ-Symposium am 13. April. Ein starkes Zeichen, oder? Leider eben nur ein Zeichen.

  • Glaubwürdigkeitsproblem und falsches Politikverständnis

    Dieser Akt der Empörung verliert schnell seine Glaubwürdigkeit, wenn man sich die Politik der bürgerlich-konservativen SVP zu Genüge führt: Wer zuerst mit der rechtsradikalen Lega paktiert und nachher mit den postfaschistischen Fratelli d‘ Italia, der ist keine konservative Brandmauer gegen rechts, sondern deren Steigbügelhalter, der rechtsradikalen Parteien im bürgerlichen Spektrum Akzeptanz verschafft.

    Doch auch die bürgerlichen-liberalen Parteien müssen in die Kritik miteinbezogen werden.  Die Aktion entspricht dem Zeitgeist aktueller Politik und ähnelt den Demos gegen rechts in Deutschland. Auf beide Unterfangen trifft der von Historiker Anton Jäger geprägte Begriff der Hyperpolitik zu. Als hyperpolitisch wird dabei eine Politik des Hochjazzens und Skandalisierens bestimmter Themen bezeichnet, die sich in kurzfristigen Bekenntnissen ausdrückt, aber ohne politische Konsequenzen bleibt. Das Ausrollen des roten Bandes ist folgenlose Symbolpolitik in einer Zeit, in der konservative wie liberale Strömungen keine politische Lösungen für die Ursachen des Rechtsrucks anbieten und umsetzen. Das führt zwar zu Traffic im Internet, zu mehr Presse und Zustimmung in der eigenen Bubble, aber stärkt auf der anderen Seite das Image der rechten als Anti-Establishment-Parteien.

  • Die falschen Versrpechungen der Rechten

    Rechtsradikale liegen in der Diagnose von Problemen nicht immer falsch, denn sie stellen dabei auch die soziale Frage. Nur leiten sie daraus falsche Ursachen und Lösungen ab. Die Ursachen der sozialen Probleme liegen weder in der Migration noch in Sozialleistungen von Arbeitslosen. Durch den Klimawandel werden in den nächsten Jahrzehnten Milliarden Menschen in Richtung Norden ziehen müssen, da ihr heutiger Lebensraum dann nicht mehr bewohnbar sein wird. Wer in einer solchen Situation auf Abschottungspolitik setzt, macht sich unglaubwürdig, besonders wenn Industrienationen durch den demographischen Einbruch und eine alternde Gesellschaft eigentlich auf Einwanderung angewiesen sind.

    Wirtschaftshistoriker Adam Tooz wies jüngst in einem Vortrag bei Fiscal Future darauf hin, dass die Schuldenbremse in Deutschland ein Grund für den Aufschwung der AfD sei. Auch auf europäischer Ebene lässt sich nachvollziehen, dass die Austeritätspolitik der letzten 15 Jahre besonders das rechte Spektrum in den südeuropäischen Ländern stärkte. Die spärlichen Einsparungen bei Sozialleistungen von Arbeitslosen werden nicht annährend dafür ausreichen, um die Aufgaben eines Staates angemessen zu bewältigen. Abhilfe würde hier nur eine neue Geldpolitik abseits von Schuldenregeln verschaffen.

  • Soziale Politik ist die Lösung!

    Eine Brandmauer gegen rechts kann dementsprechend nur durch linke Politik errichtet werden. Beispielsweise durch eine ehrliche Sozialpolitik, welche für gerechte Löhne der arbeitenden Klasse kämpft und für angemessene Preise bei Grundgüter wie dem Wohnen sorgt. Bleibt eine solche Politik weiterhin aus, dann werden die Mauern gegen rechts bröckeln und die Akzeptanz der Rechten weiter steigen. Moralische Symbolpolitik ohne materielle Konsequenzen füllt keinen Kühlschrank, in dem Sinne schließe ich mit den Worten Berthold Brechts: "Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral."