Wirtschaft | Güterverkehr

Die Potential-Frage

Fast Täglich herrscht auf der Autobahn Lkw-Stau. Abseits der „Schuldfrage“ – Luegbrücke oder Baustellen auf Südtiroler Seite – gäbe es noch Potential auf der Schiene?
RoLa Brennersee
Foto: ÖBB
  • Je länger die Lkw-Staus auf der Autobahn, desto lauter die Rufe nach einer Verlagerung der Schiene. Eines ist die Forderung, die Umsetzung bzw. die Realität jedoch etwas anderes, wie Martin Ausserdorfer, Geschäftsführer der Rail Traction Company (RTC) vor einiger Zeit SALTO gegenüber erklärte. Hinzu kommen gesetzliche Normen, die Abwägung steuerlicher Vorteile, umfangreiche Ausbauarbeiten der Gleisanlagen sowie gleichzeitig mangelnde Kapazitäten im Schienenverkehr, die der Straße einen Vorteil verschaffen. Nichtsdestotrotz scheint noch Potential, und zwar in beträchtlichem Maße, vorhanden zu sein, wie die Handelskammer Bozen, die bekanntermaßen zu den ärgsten Kritikern der verkehrseinschränkenden Maßnahmen im Zuge der Luegbrücken-Sanierung gehört, in ihrer jüngsten Aussendung schreibt. 

  • Bauarbeiten am BBT: Erst mit der Inbetriebnahme des BBT wird einen spürbare Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene möglich sein. Foto: Seehauserfoto
  • „Es ist klar, dass die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene am Brenner nur ein Tropfen auf dem heißen Stein bleibt, solange der Brennerbasistunnel nicht in Betrieb ist. Erst dessen Eröffnung wird die Schienenkapazität drastisch erhöhen und die Transportzeiten signifikant verkürzen“, ist in der Aussendung zu lesen, in der weiters erklärt wird, dass angesichts der durch die Straßensperrungen an der Luegbrücke verursachten Staus selbst eine geringe Anzahl von Lkw, die zusätzlich auf die Schiene verlagert werden, einen positiven Unterschied ausmachen könnte. Im Schreiben wird weiters darauf hingewiesen, dass die sogenannte Rollende Landstraße (RoLa), die hauptsächlich von Wörgl bis Brennersee in Betrieb ist, eigentlich gar nicht konform mit der EU-Richtlinie zum kombinierten Verkehr ist. „Die EU-Richtlinie 92/106/EWG sieht nämlich vor, dass eine Strecke von mindestens 100 Kilometer Luftlinie per Bahn zurückgelegt werden muss, damit man von kombiniertem Verkehr sprechen kann. Die Strecke Brenner – Wörgl umfasst allerdings nur 68,1 km Luftlinie und 91,5 km, wenn man den Straßenverlauf misst. Zudem ist sie wirtschaftlich ineffizient, was auch der Grund dafür ist, dass es trotz enormer Förderungen kaum Nachfrage gibt. Effizienter ist der unbegleitete kombinierte Warentransport – Verladung der Container ohne LKW und Fahrer – über längere Strecken. Zukunft hat jedoch nur ein Korridor, der mindestens von München nach Verona geht“, so die Handelskammer, die vor diesem Hintergrund auf den Güterverkehrsterminal in Trient verweist, der RoLa-Transporte anbietet, bei denen der gesamte Lkw auf den Zug verladen und transportiert wird. Rail Cargo, das einzige Unternehmen, das derzeit RoLa-Dienste anbietet, habe im Jahr 2024 jedoch lediglich ein Zugpaar pro Tag betrieben. „Das ist deutlich weniger als in der Vergangenheit, trotz des Erwerbs zusätzlicher Trassen durch das Unternehmen. Die Kapazität im Jahr 2024 betrug daher nur 42 Lkw pro Tag (21 in Richtung Süden, 21 in Richtung Norden) an sechs Tagen pro Woche“, so die Handelskammer, die erklärt, dass für den Güterverkehrsterminal in Trient seit mehreren Jahren ein Ausbauprojekt geplant ist, das jedoch nur langsam vorankomme. Bereits jetzt verfüge der Terminal jedoch über ungenutzte Kapazitäten. Die Handelskammer beruft sich dabei auf Schätzungen, laut derer täglich 12 Zugpaare, sprich 24 Züge insgesamt, abgefertigt werden könnten. Das entspräche 8.760 Zügen pro Jahr – einschließlich Wochenenden und Feiertagen – und einer potenziellen Kapazität von 183.960 Lkw, was im Vergleich zu den im Jahr 2024 verladenen 13.104 Lkw eine enorme Steigerung wäre. 

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Stefan S Fr., 07.02.2025 - 14:17

"Zudem ist sie wirtschaftlich ineffizient, was auch der Grund dafür ist, dass es trotz enormer Förderungen kaum Nachfrage gibt. Effizienter ist der unbegleitete kombinierte Warentransport – Verladung der Container ohne LKW und Fahrer – über längere Strecken. Zukunft hat jedoch nur ein Korridor, der mindestens von München nach Verona geht“
Genau richtig, bedeutet letztendlich, dass die Schiene nach wie vor nicht wettbewerbsfähig ist und die Politik die falschen Förderanreize setzt. Schiene wird erst mit höheren Streckenabschnitten zwischen den großen Wirtschaftsräumen effizent und dafür muss die nötige Infrastruktur bereit gestellt werden. Vor- und Nachlauf (erste + letzte Meile) auf der Straße und der Hauptlauf auf der Schiene. Nur so wird ein Schuh daraus.

Fr., 07.02.2025 - 14:17 Permalink