Politik | Autonomiereform

„Da sind wir nicht einverstanden“

„Der Preis ist zu hoch“, sagen die Grünen über den Abschluss der Autonomiereform und kritisieren die ihrer Meinung nach intransparente Handhabe.
Brigitte Foppa Landtag
Foto: Seehauserfoto
  • Die Südtiroler Grünen – Brigitte Foppa, Madeleine Rohrer und Zeno Oberkofler – üben deutliche Kritik an der von Landeshauptmann Arno Kompatscher vorgelegten Autonomiereform. Wie berichtet, wurde nach monatelangen Verhandlungen der Text vorgestern (12. April) an die Landeshauptleute von Südtirol und Trient, Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti, übermittelt. Während die Regierungsverantwortlichen den Abschluss der Verhandlungen als große Errungenschaft feiern, sparen die Grünen nicht mit Kritik. Was vor zehn Jahren als partizipativer Weg mit offenen Gesprächsrunden und Dutzenden von Menschen im Autonomiekonvent begonnen habe, ende jetzt mit einem Dokument, das nur langsam aus den Büros der römischen Ministerien hinausfindet, sagen sie. 

     

    „Es wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt, nur mühsam haben die politischen Vertreter und Vertreterinnen Südtirols einzelne Informationen zusammentragen können.“

     

    „Es wurde hinter verschlossenen Türen verhandelt, nur mühsam haben die politischen Vertreter und Vertreterinnen Südtirols einzelne Informationen zusammentragen können“, so die Grünen, und weiter: „Die gesamte Reform wurde an den Menschen vorbeiverhandelt, so viel steht fest. Nur die wenigsten Bürger dieses Landes konnten mitverfolgen, geschweige denn mitbestimmen, was ausgehandelt wurde. Ein gravierender Mangel in der Vorgangsweise – auch weil der Preis für das Reformprojekt das Regierungsbündnis mit den Postfaschisten und Ultrarechten war“, erinnern Foppa, Rohrer und Oberkofler und werfen einen Blick in die Vergangenheit, als im Autonomiekonvent darauf hingewiesen worden sei, wie wichtig es ist, Autonomie, sprich die Selbstverwaltung gegenüber dem Staat, immer mit Demokratisierung nach Innen zu verbinden. 

  • Autonomie: Den Grünen zufolge ist der Preis, den Südtirol für die Wiederherstellung der verloren gegangenen Kompetenzen bezahlt, zu hoch. Foto: Foto: LPA/Ivo Corrá

    In den letzten zehn Jahren seien hier nur kleine Schritte gesetzt worden. „Einige, etwa die Mandatsbeschränkungen wurden sogar wieder zurück genommen. Frauenquoten und direkte Demokratie waren mühsam errungene Zugeständnisse, und alle wurden auf der Zielgeraden noch eingeschränkt – von der Mehrheit im Lande“, so Fraktionsvorsitzende Brigitte Foppa. „Dieses Reformprojekt hingegen agiert wiederum einzig auf der Ebene Staat versus Land. Die Weiterentwicklungen im Zusammenleben innerhalb Südtirols wurden nicht vom Landeshauptmann, sondern vom Bündnispartner Urzì eingebracht. Das ist vielsagend“, so die grünen Abgeordneten. Zwar sei die „Einkaufsliste“ von Kompetenzen nichts Neues im Rahmen der Autonomieverhandlungen, doch gerade bei Bereichen wie Umwelt und Raumordnung warnt man vor den Folgen einer Übertragung auf Landesebene. Hier könne es zu Interessenskonflikten kommen, bei denen eine übergeordnete Instanz – wie der Staat – durchaus sinnvoll sei, etwa um Umweltschutzinteressen durchzusetzen. Besonders problematisch sei der neue Artikel 107, der das Verhältnis zwischen Durchführungsbestimmungen und Autonomiestatut neu regelt. Die Grünen befürchten, dass damit der Sechserkommission – einem Gremium ohne direkte demokratische Legitimation – eine verfassungsgerichtliche Rolle zugewiesen werde, für die sie nicht vorgesehen ist. Diese Entwicklung sei verfassungsrechtlich und institutionell bedenklich. Auch wenn die Grünen einzelne Fortschritte im Zusammenleben der Sprachgruppen anerkennen – etwa die Senkung der Ansässigkeitsdauer auf zwei Jahre für öffentliche Ämter oder die Möglichkeit zur Berufung eines italienischsprachigen Vertreters in den Gemeindeausschuss – sehen sie weiterhin große Schwächen, und zwar in der doppelten Variante der Zusammensetzung der Landesregierung, die zu Rechtsunsicherheit führe und auf Pakteleien hinauslaufe. „Da sind wir nicht einverstanden“, so die Grünen, die sich eine klare und unmissverständliche Lösung gewünscht hätten, um nicht zu jedem Legislaturbeginn in einen Gutachterstreit zu verfallen und um die politischen Manöver einzugrenzen. Anschließend erklären Foppa, Rohrer und Oberkofler, dass man den Sonderlandtag dazu nutzen werde, die politische Diskussion im Detail und in der Gesamtsicht führen. „Aber eines kann man jetzt schon sagen – und das bestätigen die demokratiefeindlichen Aussagen dieser Monate im Landtag: Der Preis für das Autonomieprojekt von Arno Kompatscher war hoch. Zu hoch.“