Zu heiß für Eis

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Ob ein Frage- oder Rufezeichen hinter das Forever, bei der neuen Auflage der Fotoausstellung „Goodbye Glaciers. Forever?“ gesetzt wird, löst bei der Betrachtung der Bilder vom heimischen Gletscherschwund tatsächlich Bedrückung und Betroffenheit aus. Anlässlich des internationalen Jahres für die Erhaltung der Gletscher will die kleine Fotoausstellung in der Bozner Stadtgalerie am Dominikanerplatz, eröffnet am 1. August, die Frage stellen, ob wir die Kurve noch kriegen und die Gletscher erhalten werden können. Die Sichtweise der Wissenschaft ist eindeutig: Die derzeitige Klimapolitik manövriert uns in Richtung 2,7 °C bis zum Jahr 2100. Extreme Wetter- und Umweltphänomene, wie der Gletscherschwund sind deutliche Symptome dafür. Hoffnung bestehe aber immer noch, wenn es einen Kurswechsel im Klimahandeln gibt.
Die Ausstellung wurde gemeinsam vom Amt für Hydrologie und Stauanlagen der Agentur für Bevölkerungsschutzsowie den Partnern Eurac Research, der Universität Innsbruck, dem MUSE Trient und dem Österreichischen Alpenverein kuratiert.
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Roberto Dinale: Der Direktor des Landesamtes für Hydrologie und Stauanlagen und Ausstellungskoordinator eröffnete die Ausstellung und betonte sogleich, dass das Fragezeichen ein Hoffnungswink sein soll, angesichts der immer offensichtlicher hervortretenden Symptome des Klimawandels. Foto: Seehauserfoto
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Beim Durchforsten der eindrucksvollen Bildvergleiche, wissenschaftlichen Daten und freigelegten Gletscherfunde wird klar: Das Eis, auf dem wir uns bewegen, ist nicht nur dünn, sondern beinahe verschwunden. Wohin man den Blick auch wendet, ob zum Gletscher des Prettaukees im Ahrntal, Hornkees im Zillertal oder zur Vedretta della Presanella im Val di Sole, das Weiß ist verschwindend klein im Vergleich zum 100-Jahre-Rückblick. Was ins Auge sticht, wird mit wissenschaftlichen Daten zur Gletscherentwicklung, zu Permafrost und zu Klimafolgen untermauert. Die Wasserflüsse im Sommer nehmen ab oder lösen extreme Umweltphänomene aus. Die Winter bringen mehr Regen als Schnee. Seit den 1980ern gewinnen die Gletscher kaum noch an Masse.
„es hängt vom Pfad ab, den wir einschlagen, ob es uns gelingt, katastrophale Folgen zu verhindern.“
„Wenn es uns aber gelingt den Temperaturanstieg aufzuhalten, dann gibt es Hoffnung. Dabei müssen wir uns einer globalen Verantwortung bewusst sein, denn es gibt weltweit Regionen, deren Substanz, deren Trinkwasserversorgung vom Eisbestand abhängt“, so Wolfgang Gurgiser, Koordinator des Forschungsschwerpunkts Alpiner Raum an der Universität Innsbruck. Auch wenn die derzeitigen Juli-Temperaturen über die Erderwärmung hinwegtäuschen, ruft Gurgiser zur Besinnung auf: „Im Vergleich zur Periode 1961-1990 verzeichneten wir heuer im kühlen, verregneten Juli am Observatorium Sonnblick – Österreichs höchstgelegener meteorologischer Beobachtungsstation – Temperaturen, die um 1,3 °C wärmer waren als damals.“ Dennoch ist es noch nicht zu spät, so der Klima- und Gletscherforscher, denn noch bleibe genug Eis übrig, „es hängt vom Pfad ab, den wir einschlagen, ob es uns gelingt, katastrophale Folgen zu verhindern.“
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Claudia Notarnicola, Institutsleiterin des Institut für Erdbeobachtung (Osservazione della Terra) an der EURAC, erklärt das Forschungsprojekt, auf dem die Ausstellung fußt. Im Jahr 2019 startet das Forschungsprojekt, in welchem in Kollaboration mit der Agentur für Bevölkerungsschutz und der Universität Innsbruck die Katasterdaten der Gletscher aktualisiert werden sollten.
Dabei wurden verschiedene Methoden kombiniert, auch mit dem Ziel, die Ergebnisse visuell und verständlich aufzubereiten – etwa in Form dieser Ausstellung. Die Erkenntnisse scheinen eindeutig: „Der Rückgang der Gletscher begann bereits mit dem Ende der Kleinen Eiszeit, also etwa zwischen 1850 und 1900, aber die Beschleunigung dieses Prozesses sehen wir besonders in den letzten 30–40 Jahren, parallel zum globalen Temperaturanstieg“, so Notarnicola. Die erhöhte CO₂-Konzentration in der Atmosphäre führe zu höheren Temperaturen, erklärt die Forscherin. Das wiederum habe zur Folge, dass die Schneedecke dünner und kürzer ausfällt, was den Gletschern die notwendige Akkumulationsphase im Winter nehme. Im Sommer würden höhere Temperaturen für ein verstärktes Abschmelzen sorgen.
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Die konsequente Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts sei das eigentliche Herz der Ausstellung, betont EURAC-Fachkollege und Senior Researcher Callegari Mattia. Während der Bevölkerungsschutz präzise Bodenmessungen liefert und die Universität Innsbruck über hervorragende Kompetenzen verfügt, Erkenntnisse zur zukünftigen Gletscherentwicklung zu gewinnen, „liegt die Kernkompetenz der EURAC vor allem bei der Satellitenbeobachtung, die einen großräumigen Überblick gibt, nicht nur über Südtirols Gletscherregionen, sondern über den gesamten alpinen Raum und auf globaler Ebene“, so Mattia.
Die Ausstellung ist der Appell einer Plattform, die ihren besorgten Blick auf das schwindende Eis auch heuer wieder als Appell an die Wissenschaft, Politik und Gesellschaft richtet – nicht nur zur Reflexion, sondern auch zum Handeln. Ein kurzer Abstecher kann den Spaziergang durch die bozner Innenstadt in einen wichtigen Denkanstoß verwandeln.
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... noch nicht zu spät ...??…
... noch nicht zu spät ...???
"Auf Grund der -w e i t e r e n - V E R P R A S S U N G- der -f o s s i l e n - B r e n n s t o f f e-" für den Verkehr auf dem Boden sogar -S T E U E R-frei in der Luft, für STROM zur Klimatisierung der übertrieben -v e r-G L A S-t e n- Architektur die derzeit große Mode ist, der tradizionellen - + chemischen Industrie, der total verrückten
-B E T O N-ierer, der Produktion von schrecklichen MORD-WAFFEN usw.,
... werden die Gletscher WELT-weit bis auf kümmerliche RESTE -s ch r u m p f e n-!
„ Noch ist Zeit für einen…
„ Noch ist Zeit für einen Kurswechsel.“ — Hört endlich auf kritiklos diesen Mist zu verbreiten! Ein Wandel ist keine Krise, die man lösen kann!
Antwort auf „ Noch ist Zeit für einen… von Arne Saknussemm
Soll was heissen? Keine…
Soll was heissen? Keine Krise, also weiter wie bisher? Das bisschen Wandel werden unsere Nachkommen schon aushalten. So in der Art?
Antwort auf Soll was heissen? Keine… von Manfred Gasser
Arne hat nicht Unrecht…
Arne hat nicht Unrecht. Einige Überlegungen dazu:
1. "Eiszeit" ist erdgeschichtlich als eine Zeit definiert, in der beide Polkappen ganzjährig gefroren sind. Historisch wechselten sich bisher Eis- und Warmzeiten ab. Wir leben aktuell in einer Eiszeit, das heißt es ist eigentlich vorprogrammiert, dass die Durchschnittstemperaturen steigen werden.
2. Wer sind wir, um zu entscheiden, was die "optimale" Temperatur für diesen Planeten ist? Man könnte der Menschheit auch Hybris vorwerfen, wenn sie durch Terraforming-Maßnahmen (wie gezielte Lenkung der Zusammensetzung der Atmosphäre) das Klima im "Status Quo" einfrieren will. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwieweit das überhaupt möglich ist.
3. Was sind unsere Prioritäten? Ist es uns wichtiger, wie viel CO2 in der Atmosphäre ist oder ist uns wichtiger, dass möglichst viele Bürger nach Glück und Zufriedenheit streben können? Sind wir unseren Nachkommen überhaupt etwas schuldig? Kosmisch betrachtet, handelt es sich ja ohnehin um ein selbstlimitierendes Problem, denn wenn sich die Menschheit selbst ausrotten würde, wer würde dann noch CO2 produzieren?
4. Wenn der CO2-Ausstoß die Priorität wäre, wie weit wären wir bereit zu gehen? Sind wir es "kommenden Generationen" schuldig, unsere aktuelle Jugend in den "Klimakrieg" gegen Länder wie China oder die USA schicken, die schamlos CO2 produzieren? Wäre es richtig, Bürger zu bestrafen, die durch sinnlosen Freizeitsport mehr CO2 produzieren? Provokant ausgedrückt: Wäre eine orwellsche 0-Emmissions-Gesellschaft wirklich besser als ein massiv beschleunigter Eintritt in die nächste Warmzeit, in der beide Polkappen nicht ganzjährig gefroren sind und Gletscher unter 4000m Meereshöhe schlicht nicht mehr vorkommen?
Auch aufgrund dieser Überlegungen (die natürlich überspitzt sind), bin ich seit längerem der Meinung, dass man "Klimapolitik" niemals gegen die Menschen machen kann. Ich sehe am ehesten über die Nachhaltigkeitsschiene und über die technologische Schiene Erfolgschancen.