Politik | Fall Zerzer

„Er hat einfach die falsche Ausbildung“

Merans Stadtbaumeister Wolfram Pardatscher kritisiert die Ernennung Florian Zerzers zum Direktor für Natur, Landschaft und Raumentwicklung. Zu viele Fragen blieben offen.
Florian Zerzer
Foto: Seehauserfoto
  • SALTO: Herr Pardatscher, die  Ernennung von Florian Zerzer zum Direktor der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung sorgt für Diskussionen. Wie sehen Sie das?

    Wolfram Pardatscher: Ich verstehe nicht, inwiefern sich ein Informatiker mit Raumplanung auseinandersetzen kann. Wir sprechen hier von einem hochkomplexen Aufgabenbereich, für den Florian Zerzer einfach die falsche Ausbildung hat. Ich will mir kein objektives Urteil anmaßen, aber ich bin sehr verwundert darüber, wie er sich dieses Amt zutraut. Ohne erforderliches Wissen und Praxiserfahrung.

    Zum Vergleich: Wie beurteilen Sie die bisherige Direktorin Virna Bussadori?

    Ich kenne Virna Bussadori seit 15 Jahren; unsere beruflichen Wege haben sich in dieser Zeit immer wieder gekreuzt. Sie bewies stets Erfahrung, einen hohen Grad an Professionalität und Verantwortung. Zugegebenermaßen habe ich mir bei der Betrachtung ihres Curriculums die Frage nach ihrer Praxiserfahrung gestellt: Kurz nach ihrem Abschluss an der Universität für Architektur in Venedig im Jahr 1992, begann sie bereits im Jahr 1993 die Arbeit bei der Abteilung für Raumentwicklung der Autonomen Provinz Bozen. Im Jahr 1994 wurde sie dann innerhalb der Abteilung Vizedirektorin für Urbanistik. Von da an ist Bussadoris Werdegang von verwaltungs- und institutionellen Tätigkeiten geprägt. Wann sie also Zeit für praktische Arbeit „im Feld“ hatte, ist fraglich. Aber: Sie ist in der Thematik beruflich groß geworden, kennt die Materie in- und auswendig und hat stets Fachkompetenz bewiesen.

  • Zur Person

    Wolfram Pardatscher ist Leiter der Abteilung für Bauwesen und technische Dienste sowie der Sondereinheit Mobilität der Gemeinde Meran. Er ist seit vielen Jahren mit Fragen der Stadt- und Raumplanung befasst.

  • Mit den Problematiken unserer Zeit konfrontiert, scheint auch die Raumplanung ein zunehmend komplexeres Feld zu werden?

    Auf Gemeindeebene praktizierte man Stadtplanung hierzulande des Öfteren nicht als Stadtentwicklung, sondern eher als Stadtreparatur – und das können im Grunde auch nicht-explizite Stadtplaner leisten. Aber heute geht es darum, langfristige Gemeindeentwicklungspläne zu entwickeln und umzusetzen. Dafür braucht es jemanden, der fachlich sattelfest ist, dem Planer wenn nötig im Interesse der Öffentlichkeit widersprechen kann und Verbesserungsvorschläge anbringt.

    Warum halten Sie das für so entscheidend?

    Einem Fachfremden, der keine urbanistische Ausbildung genossen hat, fehlt schlicht die technisch-räumliche Vorstellungskraft. Es gibt Baulücken, Gründe, Brachflächen, Umwidmungen, daraus erfolgen mögliche Kubaturen, also wird von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ein Vorschlag gemacht – das ist das normale Procedere. Der Raumplaner muss hier aber den rechtlichen Rahmen kennen und zugleich die Weitsicht haben, eine ganze Zone zu überblicken, in der ein Projekt entstehen soll. Der Blick muss über die Einzelinteressen hinausgehen, zum Wohl eines ganzen Stadtviertels oder Gebiets. Auf welcher Grundlage kann Florian Zerzer städtebauliche Veränderungen bzw. Eingriffe in die Landschaft mit angemessenen Kriterien veranlassen? Wie soll er mit mangelndem Fachwissen in eine Jury gehen, Diskussionen und Entscheidungen mitbeurteilen? Hier bleiben meines Erachtens zu viele Fragen offen.

    Das erscheint als beträchtliche Verantwortung.

    Als ich mein Studium der Architektur in Österreich abschloss, mussten meine Kommilitonen und ich vor dem damaligen Wissenschaftsminister Heinz Fischer bei der Graduierung ein Gelübde ablegen, dass wir unsere Fähigkeiten ausschließlich im Sinne der berufsethischen Grundsätze unseres Faches einsetzen sollen. Mit welcher Kompetenz der neue Direktor diesen Grundsätzen entsprechen will, ist mir schleierhaft.

  • Der Fall Zerzer

    Die Ernennung Florian Zerzers zum Direktor der Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung sorgt landesweit für Diskussionen. Kritiker bemängeln den Bruch mit der ehemaligen Abteilungsdirektorin Virna Bussadori, die im breiten Konsens als fachlich qualifizierte Person für diese Schlüsselposition galt. Diskutiert wird vor allem über  die Frage, wie Zerzer - ohne entsprechende Ausbildung - die komplexen fachlichen Anforderungen des Amtes erfüllen soll.