Politik | Benko 2016

Benko-Kaufhaus: demokratische Legitimation bleibt fragwürdig

Als „Totengräber der direkten Bürgerbeteiligung“ hat RAI-Chefredakteur W. Mayr heute morgen die Kritiker der Volksbefragung zum Benko-Projekt betitelt.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Dabei hat das jetzt absehbare Ergebnis der Befragung – rund zwei Drittel für Benko – die Kritikpunkte bestätigt.

So sprechen die Medienvertreter laufend von einer „Wahlbeteiligung“, die angeblich bei 36% liegt. Doch gemessen woran? Es konnten Pendler ab 16 Jahren aus dem ganzen Land teilnehmen, die selbst definieren konnten, weshalb sie sich als Pendler einstufen. Somit gab es 93.602 Abstimmungsberechtigte, einschließlich der registrierten Pendler. Solange nicht getrennt die Antworten der Bozner und Nicht-Bozner ausgewertet werden, kann man nicht von einer „Abstimmungsbeteiligung der Bozner“ an dieser reinen Befragung sprechen.

Die wirklich für diese Frage zuständige Bozner Bürgerschaft hatte guten Grund, skeptisch zu sein. Kommissar Penta will das ganze Projekt aufgrund eines mehrheitlichen JA einer reinen Befragung weiterbetreiben. Bei einem Nein hätte er das Ganze an den neuen Gemeinderat weitergereicht. Eine Befragung ist aber nicht dasselbe wie eine bindende Volksabstimmung oder eine beratende Volksabstimmung (Art. 59 Satzung Bozen) mit korrekten Regeln.

Wesentlich für die Pro-Benko-Ergebnis ist natürlich auch die aufwändige Kampagne der Projektbetreiber. Nun lässt es sich auch bei einer guten Regelung der direkten Demokratie nicht vermeiden, dass finanzstarke Verbände und zahlungskräftige Einzelne mit ihrem Geld Meinungsmache betreiben. Umso wichtiger - neben der Offenheit der Medien für alle Kontrahenten - die faire Regelung der Informationspflichten der öffentlichen Hand, gleich ob Gemeinde, Land oder Staat. Doch Kommissar Penta hat sich genau daran nicht gehalten, obwohl alle Gemeinden der Region (Gemeindeordnung, R.G. vom 9.12.2014, Nr.11) verpflichtet sind, allen Wählern solche Broschüren zuzusenden. Penta wird sich damit herausreden, dass es nur um eine Bevölkerungsbefragung ging, wofür diese Bestimmung nicht gilt. Andererseits will er das Ergebnis als bindend bzw. politisch legitimierend für die Absegnung des Projekts betrachten. Unkonsequent und unseriös.

Noch ein Punkt: möchten die Bozner Bürger eine echte Volksabstimmung über das Benko-Projekt unter den in Bozen Wahlberechtigten anstrengen – es ginge nicht! Die Gemeindesatzung, Art. 59, P.5, lässt nämlich urbanistisch relevante Themen für eine Volksabstimmung gar nicht zu. Und Art. 59, P.11, schreibt sogar für eine beratende Volksabstimmung ein Quorum vor:

„11. Wenn sich an einer beratenden Volksabstimmung mindestens 40 % plus eine/ein Wahlberechtigte/r beteiligt haben und die Mehrheit der WählerInnen ihre Zustimmung gegeben hat, ist der Gemeinderat verpflichtet, innerhalb von 30 (dreißig) Tagen ab Bekanntgabe des Ergebnisses Stellung zu nehmen und zu erklären, ob er sich daran halten oder davon abweichen wird.“ (Satzung Bozen, Art. 59)

Somit ja zur direkten Demokratie, nein zu satzungswidrig interpretierten, beliebig durchgezogenen Plebisziten von oben. Diese Bedenken gelten unabhängig vom heutigen Ausgang der Befragung. Ende 2014 habe ich selbst eine echte Volksabstimmung über das Benko-Projekt gefordert, nach Änderung der Satzung. Im Februar 2016 habe ich auf SALTO die 5 Schritte genannt, die für eine korrekte Abwicklung nötig wären. Die Befragung á la Penta bleibt anfechtbar, die Frage der politischen Legitimation dieses Projekts ist nicht vom Tisch. Der neue Gemeinderat muss daraus rasch die Konsequenz ziehen und die Bürgerbeteiligung in Satzung und Verordnung neu regeln.

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Mensch Ärgerdi… Di., 05.04.2016 - 16:54

Ich verstehe nicht wieso diese Befragung, die nie ein Referendum bzw. eine Volksabstimmung sein wollte, keine politische Legitimation für kommende Entscheidungen geben sollte. Erinnern wir uns bitte dran wieso es soweit gekommen ist: die Gemeindepolitik hat versagt! Bei einen Gemeinderat der nur damit beschäftigt ist zu streiten und am Stuhl des Bürgermeister zu sägen, kein Wunder dass der kommissarische Verwalter diesen Weg gegangen ist.

Di., 05.04.2016 - 16:54 Permalink
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Bita Rarbieri Mi., 06.04.2016 - 00:15

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Die nie ein Referendum sein wollte? Warum wurde dann bis in die letzte Ecke diese Operation mit "Referendum Benko" beworben? Und warum hat man, wenn man eine konstruktive Meinungsumfrage wollte, nicht die Bürger mit mehreren Deteilfragen (Tunnel, Busbahnhof, Fläche..) am Projekt mitentscheiden lassen?

Mi., 06.04.2016 - 00:15 Permalink
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Franz K Di., 05.04.2016 - 22:18

Wenn 34.000 Bürger ihre Stimme abgeben muss dass Ergebnis respektiert werden. Vor allem wenn das Ergebnis so deutlich ist. Von den Gegnern genauso wie von jenen die nicht zur Abstimmung gegangen sind. Alles ander empfinde ich als beleidigend dem mündigen Wähler gegenüber...

Di., 05.04.2016 - 22:18 Permalink
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Bita Rarbieri Mi., 06.04.2016 - 00:26

Antwort auf von Franz K

Ihre Aussage beruht auf der Annahme, dass es sich um eine echte Abstimmung und nicht um eine umdekorierte Meinungsumfrage ohne Auflagen bezüglich Auszählung, Sicherheit und Werbung handelt, die mit der Voraussetzung startet, das entgegengesetzte Ergebnis (Nein) von vorneherein nicht zu respektieren. Der mündige Wähler hat diese Beleidigung gegenüber ihn verstanden und in der Mehrheit nicht an dieser Farce teilgenommen.

Mi., 06.04.2016 - 00:26 Permalink
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Franz K Mi., 06.04.2016 - 07:59

Antwort auf von Bita Rarbieri

Einfach nicht zur Abstimmung zu gehen finde ich zu billig. Die 5 Minuten (mehr war es wirklich nicht) kann jeder investieren, genauso wie es möglich war sich eine objektive Meinung zu bilden. Ansonsten muss man mit dem Ergebnis leben, bzw. war es vielen einfach von vornherein egal...

Mi., 06.04.2016 - 07:59 Permalink
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Salto User
Andreas Berger Di., 05.04.2016 - 23:04

Wird alles stimmen was Herr Benedikter schreibt, aber das ändert nichts daran dass hier das Volk klar und unmissverständlich seine Meinung geäußert hat, und das gilt es zu respektieren

Di., 05.04.2016 - 23:04 Permalink
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Wilfried Meraner Mi., 06.04.2016 - 00:16

Antwort auf von Andreas Berger

Das klingt im ersten Moment richtig Andreas Berger, aber bitte zu beachten:
- mehrere ungerechtfertigte Massnahmen haben das Ergebnis verfälscht:
1. wozu Pendler einbeziehen? Diese haben keine direkten negativen Auswirkumgen zu tragen - und damit wird das Ergebnis verändert, also verfälscht!
2. warum das Mindestalter hier plötzlich auf 16 absenken? Hat keine Rechtfertigung und verzerrt das Ergebnis.
3. Massive einseitige Bewerbung, wie auch im Artikel angeführt, anstatt regelgerechter objektiver Information für alle Beteiligten -
auch das verzerrt wieder das Egebnis, wahrscheinlich sogar am meisten!
Also kann man jetzt immer noch sicher sein, dass der Willen der Bevölkerung richtig ermittelt wurde?
Außerdem ist der Artikel WICHTIG, um klarzustellen, dass das NICHT direkte Demokratie war,
damit diese nicht ebenfalls "verzerrt" wird!
Für direkte Demokratie braucht es eine weit gründlichere, objektivere, informativere Vorgangsweise!
Daher kann man auch keinesfalls Thomas Benedikter vorwerfen, dass er demokratisch ermittelte Ergebnisse nicht respektiert, wie daas in mehreren Kommentaren gemacht wird.

Mi., 06.04.2016 - 00:16 Permalink
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Waltraud Astner Mi., 06.04.2016 - 08:52

Was an dieser Vorgangsweise undemokratisch sein soll erschließt sich mir nicht. Wer wollte konnte sich umfassend zum Thema informieren und nicht nur anlässlich der Befragung sondern schon sehr viel länger. Von Manipulation kann wohl keine Rede sein, schließlich sind die Bürger doch wohl mündig. Eine Broschüre mehr oder weniger ändert daran auch nichts. Dafür dass die Befragung nur beratend war, haben sind relativ viele Menschen beteiligt. Der Wille des Volkes ist also klar herausgekommen. Es ist Sache der Politik damit umzugehen. Dass nur der Kommissar ohne Legitimation entscheidet ist so auch nicht richtig, denn erinnern wir uns an das Ergebnis der Abstimmung im Gemeinderat: 22 dafür, 19 dagegen, 3 Enthaltungen, 1 Abwesenheit. Dass die Enthaltungen zu den Gegenstimmen gezählt werden (wobei immer noch ein Gleichstand herauskommt), dürfte ein Bozner Kuriosum sein. Es entbehrt jedenfalls jeder Logik. Ohne auf juristische Spitzfindigkeiten einzugehen kann man sagen dass sowohl der Gemeinderat als auch das Volk für das Benko Projekt gestimmt haben.
Was die Beteiligung der Pendler angeht ist zu sagen, dass Bozen als Landeshauptstadt so gesehen nicht nur den "Boznern gehört" sondern allen Südtiroler Bürgern, da viele Schulen und Landesämter sich eben in Bozen befinden und viele Menschen sich dort aufhalten. Schüler und Pendler halten sich tagtäglich mehr in dieser Gegend rund um den Bahnhof auf als so manche Bozner. Die "negativen Auswirkungen", die die Bozner zu ertragen hätten, würde so manch andere Gemeinde liebend gerne in Kauf nehmen, nämlich satte 100 Millionen Euro in die Gemeindekasse und ein von außen kommender Investor, der die Stadt aufwertet und Arbeitsplätze schafft. Nebenbei gesagt, hätte das Ja auch ohne die Pendler gewonnen.

Mi., 06.04.2016 - 08:52 Permalink
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Michael Schlauch Mi., 06.04.2016 - 12:01

Antwort auf von Waltraud Astner

Dass Sie von "satten 100 Millionen" in der Gemeindekasse und undifferenziert von "Schaffung von Arbeitsplätzen" reden, zeigt schon, dass Sie als mündige Bürgerin die von Ihnen erwähnten "Möglichkeiten der Information" eben nicht wahrgenommen haben. Da wir und nicht Benko die Inrastrukturen bezahlen müssen, die das Kaufhaus überhaupt ermöglichen, bleiben (bestenfalls, d.h. ohne Pannen) 65 mio für die Gemeinde übrig. Zu den Arbeitsplätzen reicht es, einen Blick in die Unterlagen der öffentlichen Debatte vom letzten Jahr zu werfen.

Mi., 06.04.2016 - 12:01 Permalink
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ferdinand tessadri Mi., 06.04.2016 - 12:20

Antwort auf von Michael Schlauch

Nur 65.000.000 Euro ? Auf dieses Trinkgeld können wir leicht verzichten. Da gehen wir Gegner von Benko einfach sammeln
und die Bozner, angefangen bei den Laubenleuten, werden gerne ihre Geldbörse öffnen. Arbeitsplätze ? Der Benko importiert sicher alles Chinesen, die sind ja williger und billiger als die Eingeborenen. Deswegen sollten wir nicht auf dem
Schlauch stehen, sondern irgendwie weitermachen, um den Benko endgültig zu vertreiben. Dann wäre endlich wieder Ruhe in Bozen.

Mi., 06.04.2016 - 12:20 Permalink
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ferdinand tessadri Mi., 06.04.2016 - 15:27

Antwort auf von Michael Schlauch

Nein, nein, ich steht doch nicht auf dem Schlauch. Ich würde es so machen wie Sie es mit dem Benko vorhatten. Ich würde Ihnen nichts verkaufen, und ruhig abwarten bis sich ein anderer einfindet der
die paar Milliönchen in der Tasche hat, und dem ich dann eben mehr abknöpfen könnte. Das könnte freilich wieder 20 Jahre dauern, aber was kümmert mich das,ich wohnte einstweilen gemütlich in
meiner verlotterten Wohnung.

Mi., 06.04.2016 - 15:27 Permalink
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Thomas Benedikter Mi., 06.04.2016 - 09:05

Das Ergebnis ist klar, lieber Franz K, und ich kann damit leben, auch wenn noch mehr Verkehr für Bozen der falsche Weg ist. Es geht nicht darum, das Haar in der Suppe zu suchen, weil die eigene Position verloren hat. Es geht um klare Regeln und faire Verfahren, wie in der Demokratie überhaupt. Wie Menschärgeredichnicht schreibt, hat Penta eine reine Befragung (Art.60 Satzung) organisiert, die dann als Referendum inszeniert worden ist, unfair gestaltet (schon geltende Informationsregeln für Referenden sind missachtet worden) und den Wahlberechtigtenkreis für ein Referendum (also eine echte Volksabstimmung) unzulässig erweitert. Im Grunde genommen hat Penta die absolut reformbedürftige Bozner Satzung übergangen, um das Volk zu fragen. Das mag vielen passen, die den Parteien vorwerfen, nicht weiterzumachen, aber demokratisch gesehen ist es nicht OK.
Wie A. Berger schreibt, hat das Volk klar seine Meinung geäußert. Aber die Regeln für bindende Abstimmungen gibt es schon, sind unzureichend, dürfen aber auch dann nicht von einem Verwaltungskommissar übergangen werden. Auch bei der Landesvolksabstimmung von 2009 (80% gegen den Flughafen, 80% für bessere direkte Demokratie) hat das Volk seine Meinung geäußert. Hätte Durnwalder sagen dürfen: bei einem JA zum Flughafen, machen wir sofort damit weiter, auch unabhängig vom erreichten oder nicht erreichten Quorum; aber bei einem NEIN zum Flughafen, gilt das Quorum oder soll sich der Landtag damit befassen?

Mi., 06.04.2016 - 09:05 Permalink
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Harald Knoflach Mi., 06.04.2016 - 10:20

Antwort auf von Thomas Benedikter

lieber thomas,

eines find ich in diesem zusammenhang interessant und es zeigt die absurdität der bozner gemeindesatzung auf. und vielleicht auch die "demokratische legitimation" - wenngleich die abstimmung im gr rechtlich in ordnung war.
wäre bei der damaligen abstimmung im gemeinderat die frage umgekehrt gestellt worden (sind sie gegen ...), dann wäre bei absolut identem abstimmungsverhalten (in diesem fall dann 22 nein, 19 ja, 3 enthaltungen) das projekt angenommen worden.
nochmals. rechtlich war die abstimmung in ordnung. aber nach meinem demokratieverständnis ist eine enthaltung eine enthaltung udn darf schon gar nicht bei gleichstand auch noch ausschlaggebend sein. fakt ist, dass 22 räte mit ja und 19 mit nein gestimmt haben. die "demokratische legitimation" beruht also auf absurder arithmetik und auf der positiven formulierung der fragestellung.

Mi., 06.04.2016 - 10:20 Permalink
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Michael Schlauch Mi., 06.04.2016 - 11:51

Antwort auf von Harald Knoflach

Es ging um die Ratifizierung eines Vertrages. Eine einfache Umkehr der Fragestellung reicht nicht aus, es braucht eine klare Mehrheit um ein Vertrag zu ratifizieren, d.h. wenn dann hätte Spagnolli den umgekehrten Vertrag "Ausschluss Zusammenarbeit mit Signa" vorschlagen müssen. Was außerdem nie beachtet wird: eine Änderung der Arithmetik ändert das Abstimmungsverhalten. Schaut man sich z.B. das Video der Ansage von Ex-Gemeinderätin Canestrini an, sagt sie klar, dass sie sich wahrscheinlich enthalten wird, da sie bei all dem Informationsmangel das Projekt in dem Moment nicht mittragen könne. D.h. ein Wechsel der Arithmetik hat auch eine Erhöhung der Nein-Stimmen bei Ratifizierungen zur Folge, die vorher Enthaltungen waren.

Mi., 06.04.2016 - 11:51 Permalink
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Martin Daniel Mi., 06.04.2016 - 12:17

Antwort auf von Harald Knoflach

Wer etwas verändern oder Neues einführen will, braucht die ("einfache") Mehrheit der Stimmen der Anwesenden (nicht einmal die Absolute, also jene der Mitglieder des abstimmenden Organs). Dass ein Rat oder Ausschuss (oder Parlament oder Landtag) über eine Negierung, als über ein Nicht-Tun abstimmt, ist juridischer und logischer Non-Sense und entspricht nirgendwo politischem Usus. Die abschaffende Volksabstimmung kommt erst einen Schritt später, wenn ein bejahender Beschluss von der Politik gesetzt wurde, um diesen ggf. mit einer Negation zu korrigieren. Vorher aber gibt es nichts zu negieren.

Mi., 06.04.2016 - 12:17 Permalink
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ferdinand tessadri Mi., 06.04.2016 - 10:06

Die armen Verlierer. Und niemand hat Mitleid. Lasst sie doch die
Nadel im Heuhaufen suchen, was da alles undemokratisch, Mussolinihaft, und DDRhaft gewesen ist. Das brauchen sie zum abreagieren. Dass man dabei noch die grössere dumme Figur machen könnte, anstatt anständig zu verlieren, kommt ihnen nicht in den Sinn. Aber wenn man das ganze Jahr mit einem sauren Gesicht herumläuft, und sich über alles und jedes ärgert dann ist das nicht anders zu erwarten.

Mi., 06.04.2016 - 10:06 Permalink
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Thomas Benedikter Mi., 06.04.2016 - 10:38

Sie nehmen es mit demokratischen Spielregeln leider nicht so genau, Frau Astner. Zu diesem Zweck empfehle ich die Lektüre der Bozner Satzung und der Verordnung zur Bürgerbeteiligung.
- "Eine Broschüre mehr oder weniger ändert daran auch nichts " (Astner): es gibt jetzt aber eine amtliche Informationspflicht der Gemeinden bei Volksabstimmungen, die hier übergangen worden ist. So hatte die Propaganda-Maschinerie von Benko leichteres Spiel, die Gegner konnten aus finanziellen Gründen keine Renderings der zusätzlichen Verkehrsbelastung im Bozner Zentrum an alle Haushalte transportieren (aber bitte, wenn sogar die große Mehrheit der Bürger von Bozen-Zentrum dies wünscht.....).
- Eine Volksabstimmung, deren Ergebnis als bindend angenommen wird, muss nach den entsprechenden Regeln (Satzung!) abgewickelt werden.
- Pendlerbeteiligung: auch das ist vorab per Satzung zu regeln. Wissen Sie, wieviele Pendler es in Südtirol gibt? Was bedeutet es, wenn bei jeder Volksabstimmung alle Pendler mitentscheiden können?
- Die Gemeinderatssitzung vom Juli 2015 in Bozen hat nach geltender Regelung keine Mehrheit für das Benko-Projekt erbracht, Frau Astner. Mir passt es auch nicht, dass Enthaltungen als Ja oder Nein gewertet werden. Doch kann man in der Demokratie sich nicht die Regeln im Nachhinein zurechtbiegen. Die Gemeinderäte sind nach diesen Regeln zur Abstimmung geschritten.

Mi., 06.04.2016 - 10:38 Permalink
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pérvasion Mi., 06.04.2016 - 11:13

Antwort auf von Thomas Benedikter

Die meisten deiner im Artikel und in den Kommentaren beschriebenen Kritikpunkte an der Bozner Abstimmung teile ich. Das war (ist) kein seriöses direktdemokratisches Instrument. Manche Argumente erstaunen mich dann aber doch, so zum Beispiel dieses: »Eine Volksabstimmung, deren Ergebnis als bindend angenommen wird, muss nach den entsprechenden Regeln (Satzung!) abgewickelt werden.« Das würde dann bedeuten, dass man das Ergebnis einer beratenden Abstimmung niemals umsetzen darf, da die Abstimmung ja sonst als bindend hätte durchgeführt werden müssen!?
Die Flughafenabstimmung wird ja auch nur beratenden Charakter haben. Der LH hat aber bereits angekündigt, dass er sich über das Ergebnis nicht hinwegsetzen wird. Sollte sich das NEIN zum Flughafen (bzw. zu seiner Finanzierung durch das Land) durchsetzen: Wird es dann auch heißen, das Ergebnis sei wertlos und nicht umzusetzen, weil die Abstimmung sonst hätte als bindend durchgeführt werden müssen?

Mi., 06.04.2016 - 11:13 Permalink
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gorgias Mi., 06.04.2016 - 11:15

Hier ist für die Initiative für mehr Demokratie der Schuss nach hinten los gegangen. Man hat jahrelang versucht ein Instrument einzuführen und dieses zu popularisieren, ohne dass man sich wirklich Gedanken gemacht hat auch über die negativen Seiten aufzuklären.

Die potentiellen Gefahren von direktdemokratischen Instrumenten sind schon ausgiebig erforscht worden und in Deutschland gab es kürzlich auch eine Diskussion darüber.

Doch von dem wollte ein Stephan Lausch nichts wissen in seiner Mission die direkte Demokratie in Südtirol einzuführen. Jedes noch so kleines Bedenken prallte bei ihn spurlos ab.

Nun wurde die Skepzis zu direktdemokratischen Instrumenten abgebaut, aber die Kennntis um sich kritisch mit den Verfahrensweisen auseinanderzusetzen sind nicht vorhanden.

Wer kennt schon den Unterschied zwischen Volksbefragung und Volksabstimmung und dem was in Bozen veranstaltet wurde? Tatsache ist, dass mit dieser Geschichte einem großen Teil der Bevölkerung eine demokratische Legitimierung vorgegaukelt wurde. Die Gefahr dass mit gesteuerten direktdemokratischen Verfahren gewünschte politische Entscheidungen hervorgebracht werden, wurde nun auch noch getoppt dass man es auch mit pseudodemokratischen Verfahren machen kann. Es kennt sich ja eh keiner aus.

Nun muss sich die Initiative für mehr Demokratie ihre Versäumnisse eingestehen und endlich kritisch und nicht einseitig über das Thema informieren, auch in der Gefahr hin, dass einigen die Begeisterung für das Thema abhanden kommt oder dass es manchen schlicht zu kompliziert wird und sich abwenden.

Direkte Demokratie ist nicht so einfach wie man es uns hier in Südtirol jahrelang weismachen wollte.

Mi., 06.04.2016 - 11:15 Permalink
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Martin Daniel Mi., 06.04.2016 - 12:26

Antwort auf von gorgias

Die Initiative für mehr Demokratie hat sich stets für eine Änderung der Spielregeln im Sinne einer Erleichterung der Bürgerbeteiligung eingesetzt und dabei auf breitest mögliche Information, Aufklärung und klare Spielregeln hingewirkt. Aus der willkürlichen Verwendung eines ad hoc zusammengezimmerten Instruments seitens Dritter der Initiative daraus einen Strick zu drehen, das bedarf schon eordentlicher logischen Salti mortali!

Mi., 06.04.2016 - 12:26 Permalink
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gorgias Mi., 06.04.2016 - 13:48

Antwort auf von Martin Daniel

Nein, weil man eine echte kritische Diskussion nie zugelassen hat. Es gibt viele Arten von Pseudopartizipation die man sich mit der Idee der direkten Demokratie mit einschleppt, wenn man den Menschen verspricht dass mit der direkten Demokratie alles besser und einfacher wird, aber nicht darauf hinweist dass der Teufel im Detail liegt.

Hätte die Initiative ihre Hausaufgaben gemacht würden viele das hier jetzt nicht als "Volkswillen" halten.

Mi., 06.04.2016 - 13:48 Permalink
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Profil für Benutzer Alfonse Zanardi
Alfonse Zanardi Mi., 06.04.2016 - 13:54

Antwort auf von gorgias

Ich bin auch der Meinung dass Direkte Demokratie viel zu blauäugig gesehen wird.
Warum haben wir eine repräsentative Demokratie? Um den Wähler vor sich selbst zu schützen. Deswegen hat Deutschland mit Absicht sehr schwache direktdemokratische Mechanismen. Man hat (wie auch hier) sehr negative Erfahrungen mit Demagogie gemacht.
Der Ansatz der repräsentativen Demokratie ist, dass die gewählten Repräsentanten mit mehr Weitblick und Vernunft agieren würden als das Volk als ganzes. Dies ist heute leider immer weniger der Fall.
Aber dennoch - ich sehe Direkte Demokratie problematisch: entweder wird sie von Demagogen missbraucht wie in Ungarn oder der Schweiz, oder für mikro-egoistische Nimby-Aktivisten, die halt die Strasse in ihrer Umgebung nicht akzeptieren wollen. Aber solange es nur um ein Kaufhaus geht ist es eh wurscht.
Ich war übrigens dagegen - aber vor allem, weil ich Shopping für Blödsinn halte.

Mi., 06.04.2016 - 13:54 Permalink
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Profil für Benutzer Mensch Ärgerdichnicht
Mensch Ärgerdi… Mi., 06.04.2016 - 11:55

Als würden man bei richtigen Referendum in den Medien alles objektiv diskutieren. Es ist unbestreitbar, dass es in diesen Fall viel mehr Werbung für das "ja" als für das "nein" gegeben hat. Nichtsdestotrotz war von Anfang klar, dass die große Mehrheit der Bürger für das Projekt war. Die kleine erleuchtete Minderheit der Gegner, hauptsächlich Politiker und Parteien die die Stadt im Gemeinderat mitregiert haben, hatte seit Jahrzehnten die Möglichkeit etwas zu unternehmen um es nicht so weit kommen zu lassen. Wenn dann noch als Frontmann der Gegner ein Besserwisser-Student bei Pro und Contra im Sender Bozen seine Theateraufführung darlegt, wundert man sich wirklich wieso man nicht ernst genommen wird?

Mi., 06.04.2016 - 11:55 Permalink
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Profil für Benutzer Michael Schlauch
Michael Schlauch Mi., 06.04.2016 - 12:12

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Klar war vielleicht, dass die Mehrheit für die Aufwertung eines Stadtviertels ist (so auch die Formulierung in der Fragestellung). Dass die Mehrheit aber bereit ist, die durch das konkrete Projekt zustande kommenden Einschränkungen in Kauf zu nehmen, wissen wir heute genauso wenig wie vorher, da es auf institutioneller Seite stark an Informationen (und ein gutes Stück Ehrlichkeit, meine ich) mangelte. Schon mit einer klareren Fragestellung wüssten wir heute mehr.

Mi., 06.04.2016 - 12:12 Permalink
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Profil für Benutzer Thomas Benedikter
Thomas Benedikter Mi., 06.04.2016 - 12:23

Penta hat im Kern eine beratende bzw. beschließende Volksabstimmung (Art.58 und Art 59 Satzung) durchgeführt, aber formell als Bevölkerungsbefragung inszeniert (Art.60) und nach den entspr. Spielregeln (Art. 35 Verordnung Bürgerbeteiligung) abgewickelt. Kein korrektes Verfahren.
Natürlich kann und soll das Ergebnis einer beratenden Abstimmung umgesetzt werden, lieber pérvasion, aber die geltenden Regeln können nicht während des Spiels ausgehebelt werden, seien sie auch noch so reformbedürftig.
Überhaupt passt die "beratende Befragung" nicht in ein modernes Instrumentarium direkter Demokratie. Wenn die Bürger abstimmen, sollen sie auch entscheiden, und vor allem sollen sie eine echte Volksabstimmung auch selbst erwirken können. Warum schließt die Bozner Satzung denn in Art.58 Volksabstimmungen über urbanistisch relevante Fragen aus, bindet den Gegnern dadurch die Hände und der ohne demokratische Legitimation agierende Penta kann eine "Befragung" durchziehen und das Ergebnis für bindend erklären und morgen fährt Benko die Bagger auf?

Mi., 06.04.2016 - 12:23 Permalink
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Salto User
Sepp.Bacher Mi., 06.04.2016 - 14:01

Zur Frage der ungleichen Finanzierung der Werbung: Wie wird das in der Schweiz, in Bayern, in Österreich gehandhabt? Es ist doch in der Politik auch so, dass nicht alle Parteien und Kandidaten gleichviel Geld für ihre mehr oder weniger raffinierte und manipulierende Werbung zur Verfügung haben! Irgendwie gehört das vielleicht auch zum Spiel? Wie viel man ausgibt? Wie viel man sich verschuldet? Wie viel man Spenden einsammelt?

Mi., 06.04.2016 - 14:01 Permalink
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Thomas Benedikter Do., 07.04.2016 - 09:08

Antwort auf von Sepp.Bacher

Danke, Hunter, für den technischen Hinweis. Kurze Bemerkung zu Gorgias, der behauptet, die Initiative bemühe sich seit Jahren direkte Demokratie einzuführen, kümmere sich aber nicht um ihre negativen Effekte. Ich spreche nicht für die Initiative, doch das trifft niccht zu. Seit 2000 (Neugründung der Initiative) bemüht sie sich um gute, faire und korrekte Regeln bei einem vollständigen Instrumentarium.
"Mit gesteuerten direktdemokratischen Verfahren gewünschte politische Entscheidungen hervorbringen" - eine potenzielle Gefahr, ja, aber weder bei der Benko-Befragung noch beim Flughafen Bozen-Befragung vom Juni der Fall. Es geht vielmehr um die missbräuchliche oder schlecht geregelte Abhaltung von Volksabstimmungen.
Bozen muss seine Satzung in Punkto Bürgerbeteiligung dringend überarbeiten und vor allem den Bürgern mit geringen Hürden zu allen für die Stadt wichtigen Themen den Zugang eröffnen (Ausschlusskatalog von Themen ist heute viel zu lang!)
Das Land muss die Volksinitiative und das bestätigende Referendum einführen mit brügerfreundlichen Regeln. In diese Richtung bewegt sich zwar derzeit die Fachgruppe Foppa/Amhof/Noggler, doch ist das Ganze noch lange nicht durchgesetzt. Wie üblich wird die SVP im Plenum noch gewaltig bremsen.
Rechtlich nicht bindende Volksbefragungen - gleich ob sie vorab als "politisch verbindlich" erklärt werden oder nicht - sind eigentlich ein Verlegenheitsinstrument, in der Schweiz unbekannt. Dort gibt es nur Volksabstimmungen.

Do., 07.04.2016 - 09:08 Permalink
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gorgias Mi., 06.04.2016 - 18:49

Hier sehe ich auch den Pferdefuss. Stefan Lausch hat auf mich immer den Eindruck gemacht, er meine man brauche nur auf dem Reissbrett das richtige Instrumentarium entwerfen und der Rest geht dann von alleine. Doch nun sieht man dass solche Kopfgeburten sich in der Praxis nicht bewähren. Lausch sprach immer gerne davon, dass man mehr oder weniger das Schweizer Modell kopieren müsse und dann würde es schon klappen. Doch dabei wurde außer acht gelassen, dass das Instrumentarium langsam und Schritt für Schritt mit einer gesellschaftlichen Entwicklung einhergegangen ist.

Diese Benko-Geschichte könnte nur ein Vorzeichen sein für das was uns bevorsteht, wenn das neue Gesetz Foppa-Amhofer die Schwellen niedriger setzt.

Mi., 06.04.2016 - 18:49 Permalink
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Profil für Benutzer Wilfried Meraner
Wilfried Meraner Fr., 08.04.2016 - 23:04

Antwort auf von gorgias

Herr Gorgias WILL einfach nicht hören. "Diese Benko-Geschichte könnte nur ein Vorzeichen sein..."
Wie oft wurde schon - sinngemäß- gesagt, dass "diese Benko-Geschichte" mit direkter Demokratie absolut nicht verwechselt werden darf, ja dass sie sogar ein Exempel ist, wie direkte Demokratie NICHT sein darf?
Außerdem: wenn hinter Ihren entschlossenen Angriffen auch wirkliche Information stecken würde, wüssten Sie:
es ist NICHT Stephan Lausch, der den Gesetzes-Vorschlag für direkte Demokratie erarbeitet hat - er ist nur einer von vielen!
Er ist der Koordinator und gestaltet mit wie viele andere auch. Er war nur der Initiator!

Fr., 08.04.2016 - 23:04 Permalink
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gorgias Mo., 11.04.2016 - 16:50

Antwort auf von Wilfried Meraner

Herr Gorgias WILL einfach nicht hören. "Diese Benko-Geschichte könnte nur ein Vorzeichen sein..."
Wie oft wurde schon - sinngemäß- gesagt, dass "diese Benko-Geschichte" mit direkter Demokratie absolut nicht verwechselt werden darf, ja dass sie sogar ein Exempel ist, wie direkte Demokratie NICHT sein darf?

Ach Sie sind nicht fähig meinen Ausführungen zu folgen. Das Problem liegt gerade darin dass die Mehrheit nicht fähig ist den Unterschied zu erkennen und dies sie sich das als Volkswillen verkaufen lässt.
Und darin ist die Initiative auch Schuld, weil sie das Thema gehyped hat in dem sie es als simplere und klarere Ergänzung zur repräsentativen verkauft hat, weil man ja nur über Themen abstimmen muss. Da hat man schön brav in die Kerbe der Antipolitik geschlagen. Jedes Bedenken dazu dass es kompliziert sei und der Hund im Detail begraben liegt perlt bei Lausch wie Wasser auf einer Teflonschicht ab.
Lausch ist zwar nicht alleine die Initiative, aber er hat immer gewusst wie intern seinen Willen durchzusetzen. Man hat zuviel zu schnell gewollt nun haben wir breite gesellschaftliche Schichten mit einer Halbbildung in direkter Demokratie die sich so was gefallen lässt.

Mo., 11.04.2016 - 16:50 Permalink
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Waltraud Astner Do., 07.04.2016 - 10:11

Bekanntlich verfügt Bozen derzeit über keine Stadtregierung und die Geschicke liegen in den Händen des Kommissars. Dieser hätte auch alleine entscheiden können. Er wollte das aber nicht und hat die Bürger befragt. Dass dies aber keine Voklsbefragung im eigentlichen Sinn war, das ist doch jedem klar. Es war eine Meinungserhebung vergleichbar etwa denen von Meinungsforschungsinstituten. Dass da nicht die üblichen Regeln gelten ist ja logisch. Zumindest hat der Kommissar die Meinung des Volkes eingeholt, immer noch besser als selbst zu entscheiden. Dass in Bozen derzeit Entscheidungen von einer einzigen Person getroffen werden, ist die Schuld der gewählten Vertreter, die keine stabile Stadtregierung zusammengebracht haben. Da hilft jetzt kein Jammern.

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