Gesellschaft | Vom besseren Leben

Und ewig grüßt...

Wenn für die Kinder und für die Alten gesorgt ist, haben alle was davon.
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Foto: querzeit.org

Ich hatte neulich Gelegenheit, mich mal wieder ein bisschen mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen, auch BGE, zu befassen. Das macht immer sehr viel Spaß, nicht nur, weil die Idee eine ganze Menge spannender Fragen in ihrem Gepäck hat, zum Beispiel die, was es mit Menschen machen würde: Macht es sie besser? Schlechter? Und was macht es (die für mich faszinierendste aller Fragen, die aber kaum je gestellt wird, warum auch immer) insbesondere mit – zum Beispiel - dem  Sohn des alkoholkranken Arbeitslosen, wenn der weiß, dass er von seiner Gemeinschaft, seiner Gesellschaft, seinem Staat exakt gleich wertgeschätzt wird wie, auch beispielsweise, die Tochter des Großgrundbesitzers und Bürgermeisters? Muss da nicht ein nachgerade gewaltiges Erweckungs- und Gleichstellungspotential dahinter stecken?

Bei diesem stets faszinierenden Spaziergang mit BGE habe ich übrigens auch festgestellt, dass sich hier, im kleinen Land der großen Berge, offenbar niemand oder kaum jemand des Themas annehmen mag, fast, als sei es eine ansteckende Krankheit. Das ist interessant, umso mehr, als ja mittlerweile kaum eines der großen Medien kaum eine Woche ohne die eine oder andere Nennung des BGE auskommt. Und nein, es sind keineswegs irgendwelche irrlichternde „ökosoziale Freaks“ (wie kommt es eigentlich, dass dem Wörtchen „sozial“ so ein negativer Beigeschmack anhängt?!), die im BGE den oder zumindest einen Notausgang sehen, aus dem kommende Gesellschaften sich in die Zukunft retten könnten, sondern vielmehr namhafte Ökonomen, Unternehmer und Philosophen – seit neuestem gar Historiker. Denn ja, ich glaube, irgendwo gelesen zu haben, dass nicht einmal der junge Shooting Star der Historikerszene, Wunderkind Yuval Harari, in seinen hoch gehandelten Zukunftsszenarien ohne BGE auskommt.

Und da war noch was, das mich ein bisschen bestürzt und ratlos zurück gelassen hat. Denn mir kam vor, als hätte ich in den Diskussionen, Texten und vor allem in den kritischen Fragen zum BGE eine eigenartige Tendenz bemerkt, nämlich die, dass stets „nach unten“ gefragt, nach oben aber nicht einmal geblinzelt wird. So ist ein Klassiker in der Diskussion die Frage, was mit den derzeitigen „Sozialbeiträgen“ verschiedener Kennung geschähe, ob sie also gestrichen oder im BGE aufgehen oder weiterhin gezahlt würden (werden müssten). Kein einziges Mal aber habe ich bisher dieselbe Frage im Zusammenhang mit jenen „Beiträgen“ gehört, die derzeit und schon sehr lange, recht großzügig und weit überwiegend „nach oben“ verteilt werden, in die vermögenden oder jedenfalls nicht ganz unvermögenden Gesellschaftsschichten hinein. Faszinierend, oder? Dass darüber sich niemand aufregt.

Dabei fällt auch auf, wie penibel offenbar unterschieden wird, und wie scharf darauf geachtet, dass die Trennlinien in der Wahrnehmung zwischen „unten“ und „oben“ von vornherein bloß ja kein Ineinanderfließen, keine Ausreißer in die jeweils andere Sphäre oder gar eine Vermengung riskieren – nicht einmal sprachlich: Nach unten werden „Sozial“-Beiträge und „Stütze“ vergeben, nach oben „Förderung“. Warum nicht umgekehrt? Nach unten fördern, und nach oben stützen? Oder gar nicht unterscheiden? Wozu auch? Entweder es wird gefördert, oder es wird gestützt, egal, um wen es sich dabei handelt. Denn jedenfalls scheint mir, dass, wer immer öffentliche Gelder beansprucht, dem jeweiligen Projekt aus eigener Kraft nicht gewachsen ist (oder aber, anderenfalls, öffentliche Gelder nur holt, weil sie zu haben sind. Ohne tatsächlich Bedarf zu haben, also). Weshalb sich auch schon bald und recht insistent die Frage auf meinem persönlichen BGE-Parkett einstellte: Wenn (angeblich) das BGE „leistungsfeindlich“ oder gar eine „Stilllegungsprämie“ ist – warum sollten „Zuschüsse“ zum Hausbau, Wohnungskauf oder der Firmengründung etc. das weniger oder gar nicht sein? (Zer-)Stören die etwa nicht den individuellen Leistungswillen? Den Erfindungsgeist?

Nun gut. Nachdem ich mich aus diesem destruktiven Fragenkreisel wieder herausgearbeitet hatte, und ohne die Befriedigung von Antworten von dannen machen musste, fiel mir ein, dass wir doch einfach mal damit anfangen könnten, ein „Bedingungsloses Kindergeld“ zu zahlen. Damit würden sich doch, möchte man meinen, viele Probleme der modernen Gesellschaften im Nu in einem Häufchen Wohlgefallen auflösen: Wenn nicht mehr – ideologisch begründet - „Familien(-formen)“ begünstigt würden, nicht Eltern oder (bestimmte) Paare, „die Tradition“ oder das Altüberlieferte unterstützt würden, sondern schlicht und ergreifend: Kinder, und zwar alle, und zwar bedingungslos, ohne Wenn und Aber. Dazu aber muss gesagt werden (um die Heim-an-den-Herd-Fraktion nicht zu beunruhigen): Ich habe mir sagen lassen, es sei fundamental, vor allem für die schwächeren – so genannten „bildungsfernen“ - Bevölkerungsgruppen, dass Bildung und Erziehung von möglichst ganz klein an „von außen“ ergänzt werden. Allzu oft sind Eltern damit überfordert, aus den verschiedensten Gründen. Und das heißt, im Fazit: Kindergelder haben nur Sinn, wenn damit Ausbau und Stärkung von Kitas und Ganztagsschulen einhergehen, und zwar für alle.

Ja, und als ich nach diesem, wie ich fand, hübschen Gedanken mit dem Thema gern abgeschlossen gehabt hätte, um zur Tagesordnung überzugehen, da kam diese Nachricht in meinen Wahrnehmungskreis gerollt, nicht, dass ich sie gesucht hätte, und sie kam via Facebook aus den Niederlanden. Die nämlich, die Niederlande also, praktizieren etwas Vergleichbares längst, wenn auch auf der anderen Seite der Lebensspanne: Unsere Nachbarn im Nordwesten beschlossen vor Jahren, dass sie in ihrem Lande keine Altersarmut wollen, und bestimmten, dass sich alle niederländischen Bürger_innen eine (bedingungslose) Grundrente in Höhe von monatlich 1.100 Euro verdient haben. Wie schön ist das denn. Da wird, habe ich mir gedacht, Lebensleistung honoriert, ganz und gar unabhängig von ihrem finanziellen Output.

Ja. So könnte doch das BGE auch mal diskutiert oder gar umgesetzt werden: Für die Alten, und die Kinder. Die anderen dazwischen hätten ja auch viel davon.