Oh, wie war es schön
Fragt man die sechs SVP-Parlamentarier nach ihrer schönsten Erinnerung an diese Legislaturperiode, kommen ganz unterschiedliche Antworten: Karl Zeller spricht die “rekordverdächtigen” 20 Durchführungsbestimmungen an, Hans Berger die Errungenschaften in Sachen Energie. Daniel Alfreider freut sich über das Ladinergesetz und die Brennerautobahn-Konzession, die in Südtiroler Händen bleibt. Renate Gebhard erwähnt die Ausnahmeregelung für die lokalen Raiffeisenkassen in der Reform der Genossenschaftsbanken, Albrecht Plangger ist zufrieden, dass die SVP-Vertreter neben ihrer parlamentarischen Arbeit auch eine Anlaufstelle für ganz individuelle Probleme der Südtiroler in Rom waren. Und Manfred Schullian? Der gibt sich bescheiden und will das Wort nicht ergreifen. “Er ist bekanntlich pressescheu”, springt Karl Zeller dem Unterlandler Kammerabgeordneten bei. Dabei seien Steuererleichterungen für die Bauern und die Errichtung einer Sondersektion des Unternehmensgerichtes in Bozen nur zwei der Erfolge, an denen Schullian tatkräftig mitgewirkt habe.
Alles in allem ist es eine überaus positive Bilanz, die die SVP-Vertreter in Rom nach der zu Ende gehenden Legislaturperiode ziehen. Wenn nicht sogar die beste überhaupt in der Geschichte der Zweiten (und Ersten) Republik. “Noch nie seit 1948 war es möglich, das Autonomiestatut in vier Jahren vier Mal abzuändern”, meint Karl Zeller mit Genugtuung.
Zufriedener Abgang
Er ist es, der am Freitag Vormittag bei der Pressekonferenz, zu der die sechs scheidenden SVP-Parlamentarier geladen haben, Regie führt. Nicht überraschend, ist der Meraner Rechtsanwalt und Polit-Stratege doch die Gallionsfigur der Volkspartei in Rom. Die letzten 24 Jahre saß er im Parlament, seit 2013 als Senator.
Dass er der Ewigen Stadt nun den Rücken kehren wird, hat Zeller noch nicht vollständig realisiert. Bekanntlich zieht der 56-Jährige einen Schlussstrich unter seine parlamentarische Karriere, tritt bei den Wahlen am 4. März nicht mehr an. “Natürlich verspüre ich etwas Wehmut”, gesteht Zeller. “Aber wie heißt es so schön? Man soll gehen wenn es am schönsten ist.” “Und wir gehen zufrieden”, fügt er hinzu, lacht und legt seinen Arm um Hans Berger, der neben ihm steht – und sich ebenfalls nicht mehr den Wahlen stellen wird.
Fünf Zutaten fürs Erfolgsrezept
Was die vergangenen fünf Jahre aus SVP-Sicht so erfolgreich gemacht hat, auch das darf Karl Zeller ausführen. Er nennt fünf Punkte. Als Basis das Wahlprogramm und das Abkommen zwischen SVP, PATT und PD von 2013. “Anfangs schien es mir wie ein Wunschzettel, aber heute kann ich sagen, dass wir alle Punkte, bis auf zwei – darunter eine Lösung in der Toponomastikfrage – umgesetzt haben und das Programm zum Teil über-erfüllt haben.”
Der zweite Baustein sei das überaus funktionierende Teamwork zwischen Kammerabgeordneten und Senatoren der SVP gewesen, fährt Zeller fort, der dritte der Schulterschluss mit den Trentinern und die Zusammenarbeit mit den beiden Landeshauptleuten und ihren Landesregierungen. Die sei “so gut wie noch nie” gewesen und habe den Parlamentariern zusätzliche Schlagkraft in Rom verliehen, konstatiert der Senator. Viertens habe man auch gute Freunde gefunden, die die Anliegen Südtirols mit vorangetrieben hätten: mit Giorgio Napolitano und Sergio Mattarella zwei “südtirolfreundliche Staatspräsidenten mit offenem Ohr”, mit Gianclaudio Bressa einen Politiker, der “praktisch ein Regionenminister” gewesen sei und “so viel für alle Südtiroler getan” habe – und mit dem PD einen “exzellenten Ansprechpartner in der Regierung”, ergänzt Hans Berger.
Nicht vergessen will man an diesem Vormittag auch Francesco Palermo. Der Verfassungsrechtler war 2013 mit Unterstützung der SVP in den Senat gewählt worden, mit ihm habe Südtirol eine “gute Figur in Rom” gemacht, bestätigt Karl Zeller. Er bedauere es, dass Palermo – der bei der Pressekonferenz verhindert war – nicht mehr kandidieren wird.
Der letzte Punkt, der den Südtiroler Vertretern in Rom Erfolge garantiert hat, ist laut dem Senator schließlich die Tatsache, dass “wir anders sind”. Sowohl Partei als auch Parlamentarier seien – im Gegensatz zu anderen – zu keiner Zeit auf Posten aus gewesen. “Ich selbst habe abgelehnt, Vize-Präsident des Senats zu werden”, erinnert Zeller, “viel wichtiger waren für uns die Durchführungsbestimmungen”. Und dieses Credo habe sich ausgezahlt. Während andere “immer 100 Prozent verlangt” hätten, habe die SVP in Rom darauf abgezielt, auch in turbulenten Zeiten und bei wechselnden Mehrheitsverhältnissen “Blumen am Wegesrand zu pflücken”, zitiert Zeller Silvius Magnago. Diese Hartnäckigkeit habe dazu geführt, dass “wir heute einen ganzen Strauß an Autonomie-Blumen in der Hand halten”, resümiert der Senator zufrieden.
Weiter Blumen pflücken
Diesen Weg sollen ab März die neuen Gesichter im Parlament weitergehen, rät Karl Zeller, “auch wenn der Wind sich drehen und die Zeiten weniger rosig werden sollten”. Er selbst will den Neuen, die die SVP nach Rom schicken wird, als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. “So wie es meine Vorgänger Michl Ebner 1994 als Kammerabgeordneter und Manfred Pinzger 2013 als Senator für mich waren.” Neben Zeller tritt auch Daniel Alfreider nicht mehr für das Parlament an. Er wird im Herbst für den Landtag kandidieren. Renate Gebhard, Manfred Schullian und Albrecht Plangger wollen es noch einmal wissen.
Und Hans Berger? Der Pusterer Senator und langjährige Landesrat beendet seine aktive politische Karriere – und kann sich vorstellen, wieder als Skilehrer tätig zu werden. Von 1972 bis 2000 hat Berger Skiunterricht gegeben und im Herbst 2017 bei einer Fortbildung seine Kenntnisse aufgefrischt. “Ich bin ein strenger, aber guter Lehrer”, meint Berger mit einem Schmunzeln.
Letzte Manöver
“Beruhigt” – mit diesem Gefühl schaut Karl Zeller, seines Zeichens auch SVP-Obmannstellvertreter, auf die kommenden Wahlen, verrät er. Die SVP werde durchwegs fähige Persönlichkeiten nach Rom entsenden, “die wissen, dass Südtirol nicht bei Salurn aufhört”. Offiziell werden die SVP-Kandidaten nach der Basiswahl am Sonntag feststehen. “Und wir werden sehen, wen uns der PD außer Bressa noch vorschlagen wird.”
Wie berichtet, wird der Partito Democratico, mit dem die SVP auch für diese Wahlen ein Bündnis abgeschlossen hat, keine lokalen Kandidaten im Wahlkreis Bozen-Unterland aufstellen. Das bestätigte der Südtiroler PD-Sekretär Alessandro Huber am Freitag. Für den Senat wird Gianclaudio Bressa aufgestellt, am morgigen Samstag (20. Jänner) wird PD-Chef Matteo Renzi verkünden, ob für die Kammer Graziano Delrio oder Maria Elena Boschi in Südtirol antritt.
Der Topverdiener (laut
Der Topverdiener (laut Steuererklärung 2016: 644.272 Euro Gesamteinkommen) und sich wieder der Wahl stellende Schullian hat gar nichts zu sagen. Weil pressescheu oder was auch immer. Die "Basiswahlen" sind eine Farce und der lokale PD wird ignoriert bzw. delegitimiert. Soweit er das nicht selbst erledigt.
Bei so vielen überzeugten
Bei so vielen überzeugten Südtirolfreunden in Rom mit offenem Ohr (bei den Staatspräsidenten ist damit wohl das eingeschaltete Hörgerät gemeint) könnte man ganz rührselig werden. Die Südtiroler sind natürlich immer die Besten, und die Italiener sind unsere besten Freunde, die gegen uns nur Krieg geführt haben, um uns heute mit Durchführungsbestimmungen zu beglücken. Und natürlich glauben wir alle an den Weihnachtsmann.
"Die SVP werde durchwegs
"Die SVP werde durchwegs fähige Persönlichkeiten nach Rom entsenden" - diese Aussage vor den Vorwahlen und vor der Parlamentswahl sagt alles. Also Leute, ihr könnt auch zuhause bleiben...