Gesellschaft | Schule

Mehr tun für Mehrsprachigkeit

Wirtschaft und Eltern fordern “dringende Maßnahmen” zur Förderung der Mehrsprachigkeit in der Schule – und pochen auf eine “landesweite und kurzfristige” Umsetzung.
Schulspinds
Foto: Pixabay

Neue Allianzen und alte Vorbehalte lassen jetzt, kurz vor Schulbeginn, eine Diskussion wieder aufleben, die in der Vorwahlzeit bisher kaum Platz gefunden hat. Bis auf Ankündigungen von den Bildungslandesräten wie “Wir müssen einen systematischen Austausch zwischen deutschen und italienischen Schülern ermöglichen” (Christian Tommasini) oder “Wir müssen die Chancen der Mehrsprachigkeit vermehrt nutzen” (Philipp Achammer) war das umstrittene Thema Mehrsprachigkeit in der Schule in den vergangenen Wochen so gut wie nicht präsent.
Für einige soll sich das nun ändern. Um der Sache “das notwendige Gewicht in der öffentlichen und politischen Diskussion” zu geben, haben sich vor Kurzem der Südtiroler Wirtschaftsring (SWR) und der Landesbeirat der Eltern kurzgeschlossen. Das Ergebnis eines Arbeitstreffens fassen Wirtschafts- und Elternvertreter in der Forderung “Sprachkompetenz mit gezielten Maßnahmen entschieden verbessern” zusammen.

Der Appell geht an die Politik: Es müssten dringend Weichen gestellt werden, um die Mehrsprachigkeit in Kindergarten und Schule zu fördern. “77 Prozent der Eltern wünschen sich eine stärkere Berücksichtigung der italienischen Sprache in der Schule”, erinnert die Vorsitzende, Sabine Fischer, an die Umfrage, die der Landesbeirat der Eltern 2015 durchgeführt hat. Das sei “ein klares Signal”, das auch von den Schülern selbst komme, ergänzt Florian Peer, Mitglied im Vorstand des Landesbeirates der Eltern.

Gemeinsam mit dem Präsidium des Wirtschaftsringes, wo man seit Langem auf die Wichtigkeit von Sprachkompetenzen hinweist – “die Mehrsprachigkeit ist eine persönliche Qualifikation und für Südtirol auch ein bedeutender wirtschaftlicher Vorteil, zumal eine der größten Stärken des Landes in seiner Brückenfunktion zwischen dem deutschen und italienischen Wirtschaftsraum liegt”, unterstreicht Präsident Leo Tiefenthaler – haben die Elternvertreter konkrete Vorschläge ausgearbeitet, mit denen sie an die Politik herantreten:

  1. Mehrsprachigkeit muss bereits im Kindergarten beginnen und dann in der Schule ausgebaut werden, beispielsweise durch den Ausbau der CLIL-Projekte.
  2. Die Weiterbildung der Lehrer muss an die Bedürfnisse des mehrsprachigen Unterrichts angepasst werden. Zudem braucht es eine Anpassung des Lehrmaterials.
  3. Das Thema Mehrsprachigkeit braucht eine sachliche und wissenschaftliche Herangehensweise.
  4. Es braucht eine regelmäßige Evaluierung der Sprachkenntnisse und Ableitung von Folgemaßnahmen.
  5. Die Maßnahmen müssen landesweit und regional flächendeckend sowie kurzfristig umgesetzt werden, so dass alle Schülerinnen und Schüler Südtirols davon gleichermaßen profitieren können.

 

Rein gar nichts kann man den Vorstößen für verstärkte Mehrsprachigkeit in Schule und Kindergarten naturgemäß bei der Süd-Tiroler Freiheit (STF) abgewinnen. “Es ist für eine ethnische Minderheit äußerst bedenklich, wenn politische Verantwortungsträger eine zwingende Vermischung der Kulturen herbeizuführen versuchen”, sorgt sich das STF-Führungsmitglied Peter Brachetti um “die deutsche Volksgruppe in Südtirol”. “Unter dem Deckmantel des interethnischen Zusammenlebens” wolle man diese “assimilieren”.

Unbeeindruckt von den Ängsten der STF lädt indes die Handelskammer zur Präsentation einer neuen Kampagne. “Die Fähigkeit, mehrere Sprachen zu beherrschen, war schon immer wichtig und gewinnt in einer globalisierten Welt noch mehr an Bedeutung”, heißt es von der Handelskammer. “Mehr Mut zur Mehrsprachigkeit” nennt sich die gemeinsame Initiative mit Wirtschaftsring und Land Südtirol, die kommenden Mittwoch (29. August) am Sitz der Handelskammer in der Südtiroler Straße in Bozen vorgestellt wird.