Politik | Interview

„Wir sind immer noch dieselben“

Parteichef Paul Köllensperger über den Wahlausgang für das Team K: Welche Folgen hatten die 600 Euro? Woher das Meraner Fiasko? Und wie geht es jetzt weiter?

salto.bz: Herr Köllensperger, das erklärte Ziel von Team K war es, der SVP so viele Kandidaten wie möglich streitig zu machen. Ist es gelungen?

Paul Köllensperger: Wir sind eigentlich ohne definierte Ziele in diese Wahl gegangen, allein schon, weil wir ja nur in fünf Gemeinden angetreten sind. Hätten wir numerisch punkten wollen, wären wir auch in Dörfern angetreten, wo wir am stärksten sind. Wir haben dort aber bewusst den Bürgerlisten das Feld überlassen. Unser Ziel war es, in den Städten gute Kandidaten aufzustellen, und das ist uns gelungen, denn wir hatten super Listen, gerade auch in Bozen.

In Meran schaffte es Team K nicht einmal auf 3 Prozent. Wie erklären Sie sich dieses Fiasko?

Meran kann man nicht schönreden. Dort ist es im Vergleich zu den anderen Städten schlecht gelaufen, trotz des guten Einsatzes der Kandiatinnen und Kandidaten. Wir müssen jetzt das Wahlverhalten genauer analysieren, auch in den einzelnen Sektionen. Es kann gut sein, dass wir in der Koalition mit Paul Rösch irgendwo ein bisschen aufgegangen und untergegangen sind.

Warum hat es die Meraner Spitzenkandidatin Francesca Schir nicht geschafft, eine Liste von Kandidaten auf die Beine zu stellen, die eine Alternative für SVP-Wähler statt für Grünen-Wähler darstellt?

Das ist sicher einer der Punkte gewesen, an denen es in der Liste in Meran ein bisschen gehapert habt. Die Liste war wohl für die deutschen oder generell für die SVP-Wähler kein besonders attraktives Angebot, die Koalition mit Rösch kommt erschwerend hinzu. Es war einfach sehr schwierig, in Meran Kandidaten zu finden. Da haben sich alle Parteien schwergetan.

Die 600 Euro haben uns mehr geschadet als der SVP, doch das schlechte Ergebnis in Meran lässt sich sicher nicht allein dadurch erklären

Einer Ihrer Meraner Kandidaten, Kurt Duschek, gibt Ihnen öffentlich die Verantwortung für das Debakel in Meran. Die Wähler hätten dem Team K wegen des 600-Euro-Skandals „einen deftigen Denkzettel verpasst.“ Was sagen Sie zu dieser Kritik aus den eigenen Reihen?

Die 600 Euro würde ich zunächst einmal nicht als Skandal bezeichnen. Ich habe mir kein Gesetz zurecht geschmiedet, selber dafür gestimmt und mir dadurch eine Leibrente zu einer Million Euro eingesteckt, wie die Kollegen von SVP, Freiheitliche und Südtiroler Freiheit; ich habe aus Unachtsamkeit eine Anfrage gemacht, die ich nicht hätte machen sollen. Aber es lag bestimmt nicht an Geldgier, denn dann hätte ich gleich in der Privatwirtschaft bleiben können, wo ich mehr verdiene, als in diesem anstrengenden Job. Ich bin die gleiche Person wie vorher. Herr Duschek sollte sich fragen, warum er nur 31 Stimmen erhalten hat, und warum das Ergebnis in Meran so stark unter den anderen liegt. Das kann sicher nicht nur an den 600 Euro liegen.

Auch die SVP musste hinsichtlich der 600 Euro büßen. Ihrer Meinung nach weniger als Team K?

Ja, eindeutig. Unsere Wählerschaft ist bei diesem Thema sensibler, während die SVP-Wähler jahrzehntelange Skandale gewöhnt und daher resistenter sind. Wobei, wie gesagt, die 600 Euro sollten im Vergleich zu den Leibrenten, dem SEL-Skandal oder der Geschichte mit dem Flughafen-Referendum dort eingereiht werden, wo sie hingehören, nämlich als Nebensache. Wenn die SVP immer noch die Stange halten kann, trotz aller dieser Skandale, dann werden sie die 600 Euro auch nicht umschmeißen. Bei uns ist das schon anders.

Weil viele Sie eben wegen ihrer Präsentation als „Saubermann“ und integre Partei im Gegensatz zur SVP gewählt haben.

Das sind wir auch weiterhin. Nicht nur, dass ich und meine Landtagskollegen auf bis zu 900 Euro pro Monat verzichten, keine Spesen verrechnen und regelmäßig spenden – ich habe in sieben Jahren Landtag fast 100.000 Euro gespendet. Wir stehen auch weiterhin für Gerechtigkeit und mehr Transparenz. Und wenn man sieht, was im Lande so abgeht, dann braucht man uns mehr denn je. Die jahrzehntelange Monopolstellung der SVP, die sich jetzt am liebsten auch noch den Rechnungshof holen würde, führt dazu, dass es keinen Druck mehr gibt, etwas anders zu machen. Wie ich immer sage: Konkurrenz belebt das Geschäft.

 

Die SVP hat doch einiges an Stimmen eingebüßt, insbesondere in Meran und Bozen. Hat Team K diese Ex-Edelweiß-Wähler überzeugt und für sich gewonnen oder sind SVP-Wähler wegen der Skandale der letzten Wochen abgesprungen?

Sicher hat in Meran und Bozen auch Team K dazu beigetragen. Karl Zeller sagt selbst, dass Team K in Meran dafür ausschlaggebend war, dass Bürgermeisterkandidat Richard Stampfl nicht in die Stichwahl gekommen ist. Auch von den 3 Prozent, die die SVP in Bozen verloren hat, sind sicher zu einem guten Teil zu uns herübergewandert.

Die Ergebnisse mit den Landtagswahlen zu vergleichen wäre nicht seriös, zumal die beiden Bürgermeisterkandidaten der SVP lokal einfach extrem stark sind

In Brixen und Bruneck, wenn auch weit abgeschlagen, hat Ihre Partei den zweiten Platz. erzielt – und das beim ersten Antreten. Ein zufriedenstellendes Ergebnis?

Ja, absolut. Aus dem Stand heraus 9 bzw. 13 Prozent zu erreichen ist ein Achtungserfolg. Zumal in einer schwierigen Situation angesichts der ganzen negativen Presse der letzten Wochen, nicht nur wegen der 600 Euro. Das spricht dafür, dass wir gute Kandidaten hatten, und gute Arbeit vor Ort geleistet haben. Die Ergebnisse mit den Landtagswahlen zu vergleichen, wäre nicht seriös, zumal die beiden Bürgermeisterkandidaten der SVP lokal einfach extrem stark sind- viel stärker als die Landes-SVP bei Landtagswahlen. Außerdem treten hier auch mehr Listen an, wodurch sich Stimmen mehr verteilen. Generell liegt man bei Gemeinderatswahlen immer etwas unter den Landtagswahlen. So gesehen haben wir nie damit gerechnet, die Resultate der Landtagswahlen zu halten, das wäre ja völlig unrealistisch gewesen.

Ein Blick auf die Landeshauptstadt: 5 Prozent gingen an Bürgermeisterkandidat Thomas Brancaglion. Ein Erfolg oder eine Enttäuschung?

Es ist eigentlich genau das Ergebnis, das ich geschätzt hätte. Zwar hatten wir mit Brancaglion einen ganz ausgezeichneten Kandidaten, auf dem ich für die Zukunft aufbaue, nicht nur in Bozen, sondern im Team allgemein. Und auch von der Qualität her war unsere Liste spitze. Doch ist Bozen wahnsinnig schwierig und komplex, denn sie vereint Stadtviertel und Bevölkerungsschichten, die alle ganz unterschiedlich ticken. Man sieht auch, wie einzelne Parteien ihre Wählerhochburgen in manchen Vierteln haben, während sie in anderen Wahlbezirken fast keine Stimmen erhalten. Ich glaube also, auch unter „normalen Umständen“ wäre für uns in Bozen nicht mehr drin gewesen.

Ein Blick in die Zukunft: Team K erwartet nun Oppositionsarbeit in den Gemeinderäten. Auf welche Themen wird der Fokus liegen und wie kann das angeschlagene Image wieder aufgebessert werden?

Von der Qualität und vom Know-How her gehören unsere Kandidaten zu den besten Gemeinderäten überhaupt, da bin ich überzeugt. Ich bin sicher, dass sie inhaltlich brillieren können. Ob man auch in der Außenwirkung brillieren kann, ist natürlich ein anderes Kapitel. Heutzutage ist es schwierig, wichtige, aber komplexe Themen den Menschen nahe zu bringen. Das Raumordnungsgesetz ist wahrscheinlich das wichtigste Gesetz in Südtirol, aber man hat mittlerweile kaum eine Chance, mit den Menschen darüber zu reden, weil sie durch soziale Medien und die Medienlandschaft allgemein fast nur mehr auf Reizthemen reagieren. Für eine Partei wie uns, die vor allem auf Sachthemen setzt, ist das schon ein Problem.

Bei den Landtagswahlen 2023 werden die Südtiroler entscheiden können, ob sie weiter unter dem Edelweiß-Monopol leben oder das verkrustete System durchbrechen wollen

Werden Sie bei den Landtagswahlen 2023 nochmal antreten?

Unser großes Ziel waren immer die Landtagswahlen 2023. Da geht es für uns um alles oder nichts. Dort werden die Südtiroler und Südtirolerinnen entscheiden können, ob sie weiter unter dem Edelweiß-Monopol leben oder das verkrustete, von Verbands-und Lobbygruppen dominierte System durchbrechen wollen. Ich kann mir vorstellen, dass ich das bis 2023 weiter machen werde. Ich werde meinen Mann so lange stehen, wie es unbedingt nötig ist, bin aber auf einem guten Weg, die Partei auf so solide Füße zu stellen, dass es morgen auch mal ohne mich gehen kann. Ich bin sicher keiner, der als Politikpensionist in Rente gehen wird. Für mich ist Politik ein Dienst am Bürger für eine gewisse Zeit, aber sicher kein Beruf fürs ganze Leben.