Politik | Pestizide

Unerwünschtes Monitoring

Die SVP blockt einen Gesetzesvorschlag zu einer systematischen Rückstandsanalyse der Spritzmittel ab. Die Chronik einer bäuerlichen Verhinderungsaktion.
Um den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen zu zitieren: Am Ende ist es „arschknapp“.
Am Mittwoch steht im zweiten Gesetzgebungsausschuss im Landtag der Landesgesetzentwurf Nr. 95/21 zur Abstimmung. Eingebracht von den drei grünen Abgeordneten Hanspeter Staffler, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba sollen darin Richtlinien für ein systematisches Pestizid-Monitoring in Südtirol eingeführt werden.
Nach der Diskussion des Vorschlages stimmen im Gesetzgebungsausschuss Peter Faistnauer (Perspektiven für Südtirol), Andreas Leiter Reber (Freiheitliche), Sandro Repetto (PD) und Hanspeter Staffler (Grüne) für den Vorschlag. Die vier SVP-Abgeordneten Franz Locher, Magdalena Amhof, Helmut Tauber und Manfred Vallazza dagegen.
Bei Stimmengleichheit gilt die Stimme des Ausschussvorsitzenden doppelt. Der Vorsitzende heißt Franz Locher. Und damit wird der grüne Vorschlag - wie vorgesehen - im Ausschuss versenkt.
Es ist eine konzertierte SVP-Aktion mit der die Bauernpartei ihre mächtigste Lobby einen Dienst erweist.
 

Der Gesetzesvorschlag


Ausgearbeitet von Hanspeter Staffler sollte mit dem grünen Gesetzesvorschlag ein amtliches Überwachungsprogramm für Rückstandsanalysen zu den Spritzmitteln in Südtirol eingeführt werden.
In Artikel 1 des Gesetzesvorschlages heißt es:
 
„Es wird ein landesweites Systematisches Pestizid-Monitoring eingeführt. Die Umweltagentur der Autonomen Provinz Bozen sorgt für ein räumlich repräsentatives, auf wissenschaftlichen Kriterien aufgebautes Monitoring der chemisch-synthetischen Pestizide und Pestizidrückstände in der Luft, auf der Vegetation, im Boden, im Oberflächen- und Grundwasserkörper sowie auf den Lebens- und Futtermitteln.“
 
 
Auch der Zweck und die Ziele dieses Vorhabens werden genau definiert:
 
Das Systematische Pestizid—Monitoring verfolgt den Zweck, das Risiko der chemischen-synthetischen Pestizidrückstände für die menschliche Gesundheit, für die Gesundheit der Nutztiere, für die Populationsentwicklung wildlebender Tiere und Pflanzen und für die Vitalität des Bodenlebens ermitteln zu können.“
 
Die Ergebnisse sollen mindestens einmal im Jahr publiziert werden und für weiterführende wissenschaftliche Untersuchen und Publikationen genutzt werden.
Die Finanzierung würde über den Haushalt des Südtiroler Landtages erfolgen. 210.000 Euro sollte dieser jeweils in den kommenden drei Jahren dafür bereitstellen.
 

Neue Bürokratie

 
Dass das Thema Pestizide in Südtirol eine besondere Brisanz besitzt und die Bauernlobby sich mit alle Mittel dagegen wehrt, dass Außenstehende beim Allerheiligsten der Südtiroler Landwirtschaft auch nur mitreden, ist keine Neuigkeit.
 
 
 
Dass dieser Gesetzesentwurf aber ein systematisches Monitoring einführen würde, das außerhalb der Verfügungsgewalt von Laimburg und Bauernbund steht, macht den Vorschlag besonders gefährlich. Deshalb musste er versenkt werden.
Zu welchen banalen Mittel man dabei greift macht das Gutachten des Rates der Gemeinden deutlich. Dort heißt es:
 
„aus folgenden Überlegungen erteilt der Rat der Gemeinden ein negatives Gutachten:  Auf der einen Seite wird mit dem Gesetzesentwurf nicht geklärt, wie die praktische Umsetzung der Einführung des Pestizid-Monitorings vor sich gehen soll. Man kann jedenfalls daraus schließen, dass neue Bürokratie geschaffen wird. Auf der anderen Seite schweigt sich der Gesetzesentwurf vollkommen über die Folgen bei übermäßiger Belastung der sensiblen Gebiete oder der Gebiete von ökologischer Bedeutung mit Pestizidrückständen aus. Das führt zu Verunsicherungen der Bevölkerung und der Wirtschaftstreibenden.“
Zu welchen banalen Mittel man greift macht das Gutachten des Rates der Gemeinden deutlich.
Dabei werden im Staffler-Gesetzentwurf gleich in vier Gesetzesartikeln (Art 5 bis 8) die Details der Monitoring Systeme, sowie die Methoden der Probeentnahme und der Laboranalysen genau definiert.
 

Schulers Nein

 
Der Vorsitzende des zweiten Gesetzgebungsausschusses Franz Locher erklärte am Mittwoch, dass seine Partei nur den Empfehlungen des zuständigen Landwirtschaftslandesrates Arnold Schuler gefolgt sei, der sich ebenfalls gegen den Entwurf ausgesprochen hat.
Laut Locher würden Boden- und Wasseranalysen bereits laufend vorgenommen, und dabei erkenne man auch, wie sehr Südtirols Landwirtschaft bereits von umweltbelastenden Pflanzenschutzmitteln abgekommen sei. Nicht zuletzt wegen der Bienen setze man immer mehr auf natürliche Methoden.
Nicht alle Südtiroler Bauern scheinen dieser Meinung zu sein.
Mit Andreas Leiter Reber und Peter Faistnauer haben gleich zwei Landwirte im Ausschuss für den grünen Gesetzesvorschlag gestimmt.