Der Olympiasieger als Kellner
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Für mich als Person war diese Zeit sehr wichtig, weil ich in endlich verstanden habe, wer ich bin“, erinnert sich Alex Schwazer heute an seinen Studienzeit in Innsbruck und Salzburg. Es ist in Schritt, der alles andere als freiwillig erfolgt, sondern die direkte Folge seiner Sperre wegen Dopings im Sommer 2012.
Am 7. August 2012 wird bekannt, dass Alex Schwazer positiv auf EPO getestet wurde. Sofort nach Bekanntwerden des positiven Dopingtests wird der Geher von den, zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden, Olympischen Spielen in London ausgeschlossen.
Weil Doping in Italien eine Straftat ist, beginnt neben dem Sportgericht auch die Staatsanwaltschaft Bozen Ermittlungen aufzunehmen. Zwei Tag nach der Schwazers Pressekonferenz im Bozner Hotel Sheraton rücken Carabinieri-Beamte in Kalch an, um im Elternhaus von Alex Schwazer eine Hausdurchsuchung durchzuführen.
Schon zwei Tage später sagt Schwazer auf Anraten seines Anwaltes Gerhard Brandstätter vor dem ermittelnden Staatsanwalt Giancarlo Bramante aus. „Ich wollte nicht die Schuld auf andere abschieben, sondern offen sagen, dass ich alles allein gemacht habe“ sagt Schwazer. Noch heute wirft er den Bozner Ermittlern offen vor, dass sie seinen Fall zu einem Präzedenzfall machen wollten und deshalb mit einer unverhältnismäßigen Härte gegen ihn vorgegangen seien.
Das Verfahren vor dem Landesgericht Bozen dauert am Ende über drei Jahre. Schneller arbeitet hingegen die Sportgerichtsbarkeit. Im April 2013 wird der Fall Schwazer vor dem Nationalen Anti-Doping-Tribunal verhandelt. Das Gericht brummt Alex Schwazer am Ende eine Sperre von dreieinhalb Jahren auf.
Mit Alex Schwazer gerät aber auch eine zweite Spitzensportlerin ins Visier der Anti-Dopingbehörden: Schwazers Freundin Carolina Kostner.
Sie ist es, die am 30. Juli 2012 als die WADA-Inspektoren in Oberstdorf auftauchen, an die Tür geht und erklärt Alex Schwazer sei nicht da. Diese Falschbehauptung führt dazu, dass die Sportgerichtsbarkeit drei Jahre später Carolina Kostner zu einer rückwirkenden Sperre von 16 Monaten verurteilt. „Dieses Urteil ist absolut ungerecht und nicht nachvollziehbar“, ärgert sich Alex Schwazer noch heute. Am Ende aber ist die Belastung dieses Dopingfalles für die Beziehung zu groß. 2014 kommt es zur Trennung zwischen Alex Schwazer und Carolina Kostner. -
Durch die dreieinhalbjährige Sperre wird Alex Schwazers Leben über Nacht auf den Kopf gestellt. Er darf keine Wettkampf- oder Trainingsbahn mehr betreten und auch nicht mit Profisportlern arbeiten. Jahrelang war der Tagesablauf des Spitzensportlers perfekt durchgeplant und auf das Training fokussiert. Jetzt aber muss sich der Olympiasieger eine völlig neue Betätigung suchen.
Alex Schwazer beginnt schließlich am „Management Center Innsbruck“ (MCI) in Innsbruck ein Studium der Wirtschaft. Er wohnt zuerst bei seinem Bruder Oliver und zieht dann in eine WG mit sechs Studenten. „Es war eine schöne Zeit“, sagt Alex Schwazer heute. „endlich etwas anderes zu sehen, etwas anderes zu denken, auch um Abstand zu gewinnen“. Im Sommer sucht er sich einen Sommerjob und findet ihn als Kellner. Alex Schwazer sieht darin keinen Abstieg: „Niemand kannte mich und ich konnte mich frei fühlen“.„Am Ende ist die Belastung dieses Dopingfalles für die Beziehung zu groß. 2014 kommt es zur Trennung zwischen Alex Schwazer und Carolina Kostner.“.
Nach einer Weile wechselt er das Studienfach und geht nach Salzburg, wo er Sportwissenschaften studiert. Als der Professor bei einer Vorlesung über Doping spricht, projiziert er ausgerechnet Schwazer Bild auf die Leinwand. Der Südtiroler Geher steht im Hörsaal auf und erklärt den Anwesenden, „das bin ich, wenn mich jemand noch nicht kennen sollte“.
Weniger lustig ist hingegen das laufende Strafverfahren in Bozen. Alex Schwazer studierte alle Akten akribisch und er kommt dabei zum Schluss, dass die Verbandsfunktionäre Pierluigi Fiorella und Giuseppe Fischietto, keineswegs so unschuldig sind, wie sie glaubhaft machen wollen. Der Südtiroler Spitzensportler sagt gegen beide aus und die Staatsanwaltschaft Bozen leitet ein Verfahren gegen die beiden Sportmediziner ein.
Es ist ein Schritt, den Alex Schwazer wenig später noch teuer bezahlen wird. -
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