Der Klimawandel gefährdet die Gesundheit
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Der neue Bericht des Lancet Countdown on Health and Climate Change zeigt, dass die Klimakrise längst auch eine Gesundheitskrise ist. Die internationale Forschungskooperation, die von der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet getragen wird, untersucht jedes Jahr die Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und menschlicher Gesundheit. Der Bericht 2024 trägt den Titel „Facing record-breaking threats from delayed action“ (was sinngemäß so viel bedeutet wie: Rekordverdächtige Bedrohungen durch verzögertes Handeln) und warnt eindringlich vor den Folgen politischer Untätigkeit.
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  Daten zum Klimawandel
- Im Jahr 2023 erlebten Menschen weltweit im Durchschnitt 13,8 Tage Hitzewellen – ein neuer Rekordwert.
 - Rund 48 % der globalen Landfläche waren 2023 mindestens einen Monat lang von extremer Dürre betroffen.
 - Die globale Durchschnittstemperatur betrug im Jahr 2023 etwa +1,45 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau.
 - Ökonomisch führte der Produktivitätsverlust durch Hitze 2023 zu geschätzten 835 Milliarden US$ potenziellen Einkommensverlusten.
 - In 2023 gaben weltweit nur 35 % der Regierungen im Rahmen der Generaldebatte der Vereinten Nationen Gesundheit und Klimawandel als Thema an.
 - Die Investitionen in saubere Energie wuchsen 2023 auf etwa 1.900 Milliarden US$, was einem Wachstum von 10 % gegenüber 2022 entspricht. 
 
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  Gesundheitliche Folgen dokumentieren
The Lancet, gegründet im Jahr 1823 in London, gilt als eine der renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt. Sie veröffentlicht seit über 200 Jahren wissenschaftliche Arbeiten, die häufig den globalen Gesundheitsdiskurs prägen. Der so genannte Lancet Countdown wurde 2016 ins Leben gerufen, um den Fortschritt im Umgang mit den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels systematisch zu dokumentieren. Beteiligt sind mehr als 120 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus über 40 Institutionen, darunter das University College London, die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Weltbank und verschiedene UN-Programme. Der Bericht gilt heute als internationaler Referenzrahmen für den Zusammenhang zwischen Klimapolitik und öffentlicher Gesundheit.
Der Klimawandel beeinflusst Leben, Lebensbedingungen und Gesundheitssysteme.
Ziel des Projekts ist es, wissenschaftlich belegte Indikatoren zu entwickeln, um zu messen, wie der Klimawandel Leben, Lebensbedingungen und Gesundheitssysteme beeinflusst – und wie Regierungen darauf reagieren. Dabei werden Daten aus Medizin, Umweltwissenschaft, Ökonomie und Sozialforschung zusammengeführt. Der Bericht erscheint jedes Jahr kurz vor der UN-Klimakonferenz (COP – Conference Of the Parties) und soll die Politik daran erinnern, dass Klimaschutz immer auch Gesundheitsschutz ist.
Die Ergebnisse des Lancet Countdown 2024 zeigen, dass die Belastungen durch den Klimawandel neue Rekordwerte erreicht haben. Das Jahr 2023 war eines der heißesten seit Beginn der Messungen. Die globale Durchschnittstemperatur lag rund 1,45 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. Menschen waren im Durchschnitt an 13,8 Tagen extremer Hitze ausgesetzt, fast doppelt so viele wie noch vor 40 Jahren. Fast die Hälfte der Landflächen weltweit erlebte mindestens einen Monat schwerer Dürrebedingungen.
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  SALTO change im November: Klimaschutz
Im November geht es bei SALTO change um das Thema „Klimaschutz – global, regional, lokal“. Anlass dazu sind neben COP30 in Belém die Bemühungen einer Plattform der Südtiroler Zivilgesellschaft um ein Landes-Klimaschutzgesetz. Die Plattform plant, den Entwurf am 14. November der Öffentlichkeit zu präsentieren.
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  Direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit
Diese Entwicklungen haben direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Hitzestress, Dehydrierung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nehmen zu, die Zahl hitzebedingter Todesfälle steigt. Dürreperioden verschlechtern die Wasserqualität, führen zu Ernteausfällen und erhöhen das Risiko von Mangelernährung. Zugleich breiten sich Infektionskrankheiten aus, deren Erreger durch höhere Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster begünstigt werden.
Auch in Mitteleuropa machen sich die Folgen deutlich bemerkbar. Der Bericht verzeichnet eine überdurchschnittliche Zunahme von Hitzetagen und tropischen Nächten. In Deutschland, Österreich und Norditalien hat sich die Zahl der Tage mit Temperaturen über 35 Grad Celsius seit den 1980er-Jahren mehr als verdreifacht. Die Hitzewelle im Sommer 2023 führte europaweit zu schätzungsweise 47.000 zusätzlichen Todesfällen – ein Anstieg um mehr als 30 Prozent gegenüber dem Durchschnitt der 2010er-Jahre. Besonders betroffen sind ältere Menschen, Personen mit chronischen Erkrankungen und Bewohner städtischer Ballungsräume, in denen Hitzeinseln die Temperaturen zusätzlich erhöhen.
In Südtirol wird es mehr Muren, Überschwemmungen und Hitzestress geben.
Der Lancet Countdown 2024 warnt, dass viele Gesundheitssysteme in Mitteleuropa nicht ausreichend auf wiederkehrende Hitzewellen vorbereitet sind. In mehreren Ländern existieren noch keine flächendeckenden Hitzeschutzpläne für Krankenhäuser, Pflegeheime oder Schulen. Auch Frühwarnsysteme und Notfallstrategien sind regional uneinheitlich. Hinzu kommt die Ausbreitung neuer Krankheitserreger: Fälle von FSME, Dengue- und West-Nil-Fieber nehmen zu – ein direkter Effekt milder Winter und längerer Vegetationsperioden.
In den Alpenregionen wirken sich die steigenden Temperaturen auf Schnee- und Wasserhaushalt aus. Der Rückgang der Gletscher, die abnehmende Schneedecke und die Zunahme von Starkregen verändern nicht nur Ökosysteme, sondern auch die Lebensbedingungen der Bevölkerung. Für Südtirol und andere Gebirgsregionen Europas bedeutet das eine wachsende Gefahr durch Muren, Überschwemmungen und Hitzestress in Tallagen. Gleichzeitig verschärfen sich Nutzungskonflikte um Wasserressourcen, Energieversorgung und Landwirtschaft.
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  Ökonomische Folgen
Ökonomisch entstehen durch die Klimakrise bereits heute hohe Kosten. Der Bericht schätzt, dass Hitzebelastung, Luftverschmutzung und wetterbedingte Ernteausfälle die Produktivität in Europa um mehrere Milliarden Euro pro Jahr verringern. In den Jahren 2022 und 2023 gingen in Mitteleuropa durchschnittlich 3,4 Prozent der potenziellen Arbeitsstunden in der Landwirtschaft und im Bauwesen verloren – vor allem durch Hitzestress.
400.000 vorzeitige Todesfälle könnten vermieden werden.
Trotz der klaren und wissenschaftlich fundierten Datenlage bleibt die politische Reaktion auf die Aussagen des Lancet Countdown verhalten. Nur rund ein Drittel der europäischen Staaten bezieht den Gesundheitsaspekt ausdrücklich in die nationalen Klimastrategien ein. Der Lancet Countdown fordert daher eine stärkere Verzahnung von Klima- und Gesundheitspolitik. Dazu gehören Investitionen in emissionsarme Energie, stadtplanerische Maßnahmen gegen urbane Hitzeinseln, die Modernisierung von Gebäuden und eine nachhaltige Ernährungspolitik.
Zugleich verweist der Bericht auf die möglichen Vorteile einer konsequenten Transformation. Eine rasche Reduktion fossiler Energien würde nicht nur die Erderwärmung bremsen, sondern auch die Luftverschmutzung deutlich senken. In der Europäischen Union könnten dadurch jährlich mehr als 400.000 vorzeitige Todesfälle vermieden werden. Klimaschutz bedeutet demnach nicht nur Vorsorge, sondern unmittelbare Gesundheitsgewinne.
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        Zunahme und Ausdehnung von Hitzewellen in Europa zwischen 1990 und 2022: Die Kreisdiagramme (oben) zeigen den Jahresverlauf: Die Zahlen 1 bis 23 entsprechen den Monaten (1 = Jan, 23 = Dezember) die farbigen Linien den Jahrzehnten. Je weiter der Kreis nach außen reicht, desto häufiger traten Hitzewellen auf – sie beginnen früher im Jahr und dauern länger an. Die Karten (unten) verdeutlichen die räumliche Verbreitung der Hitzeexposition: Besonders stark betroffen sind Süd- und Mitteleuropa, wo die Zahl der Hitzetage in den vergangenen 30 Jahren drastisch zugenommen hat. Foto: The Lancet - 
  
  
  
  
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