Gesellschaft | Klima

Gelassene, Besorgte und Misstrauische

Welche emotionalen Reaktionen hat Südtirols Bevölkerung auf diverse Aspekte des Klimas/Klimawandels? Dieser Frage gingen ASTAT und Eurac nach.
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Foto: SALTO
  • Präsentierte das ASTAT vergangene Woche noch eine Publikation rund um die beiden Schlagworte Spiritualität und Nachhaltigkeit, so stellte das Institut gestern, in Zusammenarbeit mit dem EURAC Research Center, eine etwas anders geschnittene Publikation zum Klima vor, nämlich mit Fokus auf den emotionalen Aspekt. Im Palais Widmann präsentierten Autor Felix Windegger (Eurac) und Stefano Lombardo des Projektteams die Ergebnisse.

    Im Sommer 2023 wurden 1.028 Personen in Südtirol zwischen 18 und 80 Jahren zu ihrer Einstellung und Wahrnehmung von Emotionen und Ungleichheiten rund um das Klima gefragt: Es ist eine Premiere, die erste Studie in/für Südtirol, die das Phänomen „Klimaangst“ näher beleuchtet. Zentrale Fragestellungen sind dabei die emotionalen Haltungen gegenüber dem Klimawandel, der Aspekt der Gerechtigkeit in Verbindung mit dem Klima und die Unterschiede der Haltungen zwischen verschiedenen sozialen Gruppen.

  • Klimawandel als größte Herausforderung der Moderne?

    Etwa jeder Zweite sieht den Klimawandel als die wichtigste Herausforderung der Neuzeit, noch vor Kriegen, Naturverschmutzung oder Migration und etwa 80 Prozent der Befragten zeigt sich leicht bis sehr besorgt in Bezug auf (eventuelle) negative Folgen des Klimawandels: Dabei nennen sie vor allem Trockenheit und Wassermangel, Starkregen und Überschwemmungen sowie Felsstürze, Muren und Lawinenabgänge als die Auswirkungen, die ihnen die meisten Sorgen bereiten. Dies variiert allerdings je nach Wohnort in Südtirol: Im Süden und Westen des Landes ist die Angst vor Trockenheit und Wassermangel größer, während Auswirkungen wie Felsstürze, Muren und Lawinenabgängen den östlichen und nördlichen Landesteil stärker ausgeprägte Sorgen bereiten.

  • Die größten Herausforderungen derzeit: Mehr als die Hälfte nennt dabei den Klimawandel Foto: ASTAT
  • Im Hinblick auf die Bemühungen für den Klimaschutz zeigt sich etwa ein Drittel der Bevölkerung zufrieden, zwei Drittel hingegen verspüren eine Machtlosigkeit und rund jeder Zweite fühlt sich frustriert. Parallel dazu blicken 51 Prozent hoffnungsvoll der Zukunft entgegen. Trotz der Besorgnis und den Angstgefühlen macht sich in gewissen Aspekten auch ein gewisser Überdruss breit. So findet eine deutliche Mehrheit von über 70 Prozent, dass klimaaktivistische Protestaktionen zu weit gehen, während ein Anteil von fast 40 Prozent der negativen Meldungen zum Klimawandel überdrüssig ist und etwa Drittel sich ärgert, wenn andere ihnen vorschreiben, umweltbewusst zu leben. Auf der anderen Seite fühlen sich etwa 40 Prozent schuldig, da sie sich mehr für Klimaschutz engagieren könnten. Ob der technologische Fortschritt den Klimawandel eindämmen kann, da scheiden sich die Geister, der Anteil derjenigen, die zustimmen beziehungsweise widersprechen, ist beinah deckungsgleich.

  • Fragen der Gerechtigkeit und Verteilung

    Was glaubt man innerhalb von Südtirol, wer wird die Auswirkungen in der Provinz am meisten spüren? 60 Prozent der Befragten glauben, dass die Auswirkungen ungleich verteilt sein werden, während etwas mehr als jeder Dritte vermutet, dass die Auswirkungen alle ungefähr gleich stark treffen werden. Zwei Prozent erwartet keine Auswirkungen in Südtirol.

    Jene Personen, die von einer ungleichen Verteilung der Auswirkungen ausgehen, glauben, dass dabei insbesondere geographische Faktoren (etwa Ort des Wohnsitzes) sowie sozio-ökonomische Faktoren (wie Einkommen) die größte Rolle spielen. Fast die Hälfte ist der Meinung, dass diejenigen, die vermehrt zum Klimawandel beitragen, auch für entstehende Kosten aufkommen sollten, während ein Drittel eine gleichmäßige Aufteilung als sinnvoll erachtet, da alle gleichermaßen verantwortlich seien.

  • Ungleiche Verteilung der Auswirkungen: Die treibenden Faktoren laut den Befragten Foto: ASTAT
  • Die drei Gruppen

    Die Unterschiede der drei Gruppen: Hinsichtlich des Grads der Sorge bezüglich des Klimawandels und dessen Auswirkungen (0= überhaupt nicht besorgt, 10= sehr besorgt) Foto: ASTAT

    Um genauer zu verstehen, wer welche dieser Meinungen vertritt, wurden die Befragten basierend auf ihren emotionalen Reaktionen auf die Klimakrise in Gruppen eingeteilt und miteinander verglichen. Insgesamt wurden dabei drei gesellschaftliche Gruppen idealtypisch unterschieden: die Besorgten, die den Auswirkungen besonders besorgt entgegenblicken (Anteil von 39 Prozent), die Misstrauischen, die den Klimawandel nicht leugnen, aber als zweitrangig oder kaum relevant ansehen und dem Thema sowie individueller Lebenseinschränkungen eine gewisse Müdigkeit entgegenbringen ( Anteil von 25 Prozent) und die Gelassenen, die zwischen den beiden vorherigen Gruppen stehen, die Sorge sowie die Bereitschaft zur Veränderung ist da, allerdings ist man innerhalb dieser Gruppe hoffnungsvoll und zufrieden, was die Eindämmungen des Klimawandels angeht (Anteil von 36 Prozent).

    Die detaillierte,vollständige Publikation, auch mit soziodemographischer Aufschlüsselung sowie wirtschaftliche und demokratische Ansichten, können Sie hier nachlesen.