Gesellschaft | Gremien

Keine Marionetten im Schlafanzug

Senior*innenbeiräte wie der in Meran sollen alten Menschen Selbstbestimmung ermöglichen. Ratsmitglied und Gewerkschafter Kurt Duschek äußert allerdings Zweifel.
Senior*innenbeirat Meran
Foto: Gemeinde Meran
  • Auf Vorschlag von Soziallandesrätin Waltraud Deeg verabschiedete die Landesregierung letztes Jahr das Landesgesetz zum Aktiven Altern. Laut diesem soll in allen Südtiroler Gemeinden ein Senior*innenbeirat eingesetzt werden. In manchen Gemeinden wie Bruneck, Terenten, Bozen, Naturns oder Meran gibt es ein solches Gremium bereits. In Meran hat Sozialstadtrat Stefan Frötscher (SVP) nun eine positive Zwischenbilanz gezogen: „Als Präsident kann ich sagen, dass der Beirat sehr engagiert ist und dass die Zusammenarbeit im Gremium harmonisch und effektiv ist.“ 

    Der Meraner Senior*innenbeirat, der im Herbst 2022 gewählt wurde und seit Ende Januar dieses Jahres, nach der Ernennung der Gewerkschaftsvertreter*innen, seine Arbeit in voller Besetzung aufgenommen hat, tagte im Jahr 2023 acht Mal. Die Sitzungen fanden in verschiedenen Senior*inneneinrichtungen statt, etwa im St. Josef und in Martinsbrunn, demnächst in der Villa Bethanien und der Villa Maia. Das Ziel sei dabei, die Mitglieder des Beirats mit den städtischen Senior*innenwohnheimen und -residenzen vertraut zu machen und das gegenseitige Kennenlernen und den Informationsaustausch mit dem dort arbeitenden Fachpersonal und den Gästen zu fördern.

  • Der ehemalige Primar der Geriatrie in Meran und der Sozialstadtrat: Christian Wenter und Stefan Frötscher (v.l.) haben sich über die Senior*innenpolitik ausgetauscht. Foto: Gemeinde Meran

    „Der Beirat hat sich sehr intensiv mit den Themen und Leitlinien des Sozialplans auseinandergesetzt, dessen Umsetzung sich durch die Pandemie leider etwas verzögert hat. Der Beitrag des ehemaligen Primars der geriatrischen Abteilung des Krankenhauses Meran, Christian Wenter, der Mitglied des Beirats ist und auch an der Ausarbeitung des Sozialplans mitgewirkt hat, war und ist von grundlegender Bedeutung. Seine Erfahrung und sein Fachwissen sind eine große Ressource für uns. Der Beirat hat außerdem drei Arbeitsgruppen zu den Themen Hauspflegedienst, Nachbarschaftspflege im Allgemeinen und Prävention von Einsamkeit eingerichtet“, erklärt Sozialstadtrat Stefan Frötscher.

  • Eine weitere konkrete Maßnahme des Beirats soll „Vox Senior 65“ werden, ein Beratungsdienst, der ab Mitte Januar 2024 in der Tagesstätte in der Huberstraße tätig sein wird. „Es handelt sich dabei um einen Dienst, der von den Ratsmitgliedern selbst angeboten wird und das Angebot des Sozialamtes der Stadtverwaltung im Rathaus ergänzt, um älteren Menschen zuzuhören und ihre Berichte und Anliegen entgegenzunehmen“,  fügt Frötscher hinzu. 

  • Mehr Unabhängigkeit gefordert

    Kurt Duschek: „Ich will die Einsamkeit der Gesellschaft, im Speziellen der alten Menschen, bekämpfen und sie wieder in das gesellschaftliche Leben holen.“ Foto: giancarlo riccio

    Doch nicht alle zeigen sich mit der Arbeit des Senior*innenbeirats zufrieden. Kurt Duschek ist als Vertreter der Gewerkschaft Cgil-Agb Mitglied des Meraner Beirates und hat ein Statut vorgelegt, das die Rolle des Beirates im politischen Tagesgeschehen stärken soll. „Wie ich auch bei der letzten Sitzung des Senior*innenbeirates erklärt habe, will ich die Einsamkeit der Gesellschaft, im Speziellen der alten Menschen, bekämpfen und sie wieder in das gesellschaftliche Leben holen“, erklärt Duschek. Da heute in vielen Familien beide Elternteile einer Lohnarbeit nachgehen müssen, fehle die Zeit für ältere Menschen, die entweder in Altersheimen oder von Pflegekräften betreut werden. 

  • Das von Duschek vorgelegte Statut sieht unter anderem vor, dass die politisch gewählten Vertreter*innen im Senior*innenbeirat bei Beschlüssen nicht stimmberechtigt sind, das würde in der jetzigen Besetzung den Präsidenten des Beirates betreffen, nämlich Sozialstadtrat Stefan Frötscher. Damit widerspricht der Vorschlag dem derzeit geltenden Statut des Senior*innenbeirats.

    Außerdem sieht der Vorschlag vor, dass alle stimmberechtigten Mitglieder des Senior*innenbeirates nicht – wie bisher geschehen – vom Gemeindeausschuss ernannt, sondern gewählt werden. Aktives und passives Wahlrecht sollen alle in Meran ansässigen Senior*innen ab 60 Jahren haben, wobei sich nur jene für eine Kandidatur aufstellen können, die seit mindestens fünf Jahren ihren Wohnsitz in der Stadt haben.  

    Auch die Meraner Grünen haben einen unabhängigen Senior*innenbeirat verlangt. „Wir fordern”, sagte Gemeinderat Toni Ladurner bereits letztes Jahr im Herbst, „ein unabhängiges Mitbestimmungsorgan, dessen Mitglieder – so wie in Bruneck – von den Senior*innen direkt gewählt werden.“

    Laut aktuellem Statut kann der Senior*innenbeirat ein eigenes neues Statut ausarbeiten, das vom Gemeinderat genehmigt werden muss. Der Vorschlag von Duschek wurde bisher nicht von der Stadtregierung auf die Tagesordnung des Gemeinderates gesetzt. Das geltende Statut war im Jahr 2014 unter dem früheren Sozialstadtrat Luis Gurschler (SVP) genehmigt worden. 

  • Aktives Altern: Ein Senior*innenbeirat hat laut Landesgesetz die Aufgabe, Ansprechpartner für die politischen Gremien zu sein und die Zusammenarbeit zu fördern, die Interessen und Anliegen der Senior*innen zu stärken, themenbezogene Stellungnahmen, Studien und Vorschläge zugunsten der älteren Generation zu erarbeiten. Foto: Andrea Piacquadio/Pexels
  • Ebenso die von der Landesregierung genehmigte Mustergeschäftsordnung für Senior*innenbeiräte sieht vor, dass den Vorsitz entweder die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister oder die für den Bereich zuständige Person im Gemeindeausschuss oder Gemeinderat übernimmt und stimmberechtigt ist. Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des oder der Vorsitzenden ausschlaggebend. Die Mustergeschäftsordnung folgt damit der Linie der Meraner SVP und nicht dem Vorschlag der Grünen.

    „Im Senior*innenbeirat wird sehr gut und objektiv diskutiert, aber Dinge werden viel zu lange auf die lange Bank geschoben, obwohl das neue Statut erst für den Beirat gelten würde, der von der zukünftigen Stadtregierung eingesetzt wird. Soziale Belange in Meran sollte man viel schneller angehen“, sagt Duschek. „Die Satzung, oder vielmehr das Fehlen einer Satzung, war ein weiteres Diskussionsthema im Beirat. Wir haben beschlossen, dies in den nächsten Sitzungen sachlich und in aller Ruhe zu besprechen, damit wir für die nächste Legislaturperiode im Jahr 2025 ein entsprechendes Dokument haben“, erklärt Frötscher in Bezug auf den Vorschlag Duscheks.

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Sigmund Kripp Fr., 29.12.2023 - 16:41

Aus meiner Sicht müsste auch etwas gegen die digitale Altersdiskriminierung getan werden:
Nicht jede/r ist ein geek und kann mir all diesen idiotischen Computermenüs umgehen!
Wir brauchen noch Menschen an Schaltern!

Fr., 29.12.2023 - 16:41 Permalink