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Osterhase für die Direktoren

Der neue Kollektivvertrag für die Führungskräfte: Vor allem die hohen Funktionsträger können sich auf ein saftiges, finanzielles Zubrot freuen. Die Zahlen und Fakten.
Palais Widmann
Foto: LPA/Silvia Fabbi
„Es ist eine andere Welt“, sagt der Gewerkschaftsfunktionär, „bei allen anderen Verhandlungen wird um jeden Beistrich gefeilscht und immer wieder bemüht man das Schreckensgespenst des Rechungshofes um die Forderungen der Gewerkschaften abzuschmettern, in diesem Fall aber geht alles wie beim Nudelschmelzen“. Eine Kollegin assistiert: „Hier verhandelt die Spitze der Verwaltung vor allem für sich selbst, deshalb ist anscheinend alles möglich“.
Beide Gewerkschaftsvertreter saßen am Dienstag vergangener Woche im großen Repräsentationssaal des Palais Widmann. Dort biegen an diesem Nachmittag die Verhandlungen für den neuen Kollektivvertrag der Führungskräfte in die Zielgerade ein. Längst ist klar, wer nach dem Rennen jubeln kann. Vor allem die hohen Funktionsträgerinnen und -träger in der öffentlichen Verwaltung können sich auf ein ordentliches finanzielles Zubrot freuen.
Die Art und Weise, wie das Ganze zustande kommt und auch umgesetzt werden soll, wirft aber einige Fragen auf.
 

Kopernikanische Wende

 
Am 1. Juli 2022 genehmigt der Südtiroler Landtag das neue Führungskräftegesetz für die öffentliche Verwaltung. Unter dem sperrigen Namen „Regelung der Führungsstruktur des öffentlichen Landessystems und Ordnung der Südtiroler Landesverwaltung“ vollzieht man dabei eine Art kopernikanische Wende. Nicht ganz freiwillig.
 
 
 
Die Führungsstruktur der Landesverwaltung war bisher durch ein Landesgesetz aus dem Jahre 1992 geregelt. Dabei waren Abteilungs- und Amtsdirektoren Beamte, die zusätzlich einen Führungsauftrag und dafür auch ein Zulage für diese Aufgabe erhielten. Mit dieser Regelung unterschied sich Südtirol deutlich vom restlichen Italien. Dort gibt es neben den normalen Beamten, die Klasse der „dirigenti“. Eine Kategorie mit eigenen Spielregeln und eigenen wirtschaftlichen und finanziellen Bestimmungen, losgelöst von der übrigen Belegschaft.
Weil das Verfassungsgericht 2019 das Südtiroler Modell als verfassungswidrig einstuft, muss man reagieren. Letztlich entscheidet man sich das staatliche Modell zu übernehmen. Wobei man - im Unterscheid zur nationalen Regelung - auch die Amtsdirektoren in die neue Führungsebene aufgenommen hat. Zudem sichert man erstmals auch die Ressortdirektoren dienstrechtlich ab.
Dieses Gesetz schärft das Rollenverständnis und ordnet Entscheidungsbefugnisse und die entsprechende Verantwortung klar zu“, jubilierte Landeshauptmann Arno Kompatscher als Personallandesrat nach der Genehmigung des neuen Gesetztes.
Mit der Verabschiedung des neuen Führungskräftegesetzes durch den Landtag war auch der Weg für die kollektivvertraglichen Verhandlungen mit den Gewerkschaften frei. Die finanziellen Mittel wurden im Landeshaushalt bereits zur Verfügung gestellt.
 

Die Verhandler

 
Obwohl in den Verhandlungen alle Gewerkschaften und die Verhandlungsagentur des Landes (Hermann Troger, Domenico Laratta und Brunhild Pircher) am Tisch sitzen, sind es vor allem zwei Männer, die den Ton angeben. Auf der einen Seite Alexander Steiner, Generaldirektor des Landes und auf der anderen Seite, Antonio Lampis, Präsident der Gewerkschaft der Führungskräfte DIRAP, die mehr als 50 Prozent der Führungskräfte vertritt und damit allein den Vertrag mit der Landesverwaltung unterschreiben kann.
 
 
 
Der zentrale Teil jeder Kollektivverhandlung ist der wirtschaftliche Teil. Sowohl Antonio Lampis als auch Alexander Steiner haben am vergangenen Dienstag einen Vorschlag dazu vorgelegt.
Spätestens damit aber wurde klar, dass diese beiden Seiten sich eher ergänzend und unterstützend am Verhandlungstisch bewegen und nicht wie in Kollektivverhandlungen üblich als Gegenpart.
 

Zwei Ebenen

 
Mit dem neuen Gesetz werden die Führungskräfte der öffentlichen Körperschaften in zwei Kategorien eingeteilt. Eine erste Ebene zu der der Generalsekretär der Landesregierung, der Generaldirektor des Landes, die Ressorts- und Abteilungsdirektorinnen und - direktoren gehörten. Und eine zweite Ebene in die alle Amtsdirektoren und die Direktorinnen gleichwertige Strukturen - wie etwa die Schulführungskräfte - fallen.
Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Ebene gibt es jeweils 5 Kategorien, in die die Führungskräfte nach genau festgelegten Kriterien eingeteilt werden.
Am Dienstag hat Generaldirektor Alexander Steiner erstmals einen detaillierten Vorschlag zur wirtschaftlichen Behandlung vorgelegt. Demnach wird es zwei Lohnelemente geben: Ein fixe wirtschaftliche Behandlung und eine Zusatzentlohnung.
 
 
 
Der fixe Teil setzt sich aus einer Grundentlohnung und einem Positionsgehalt zusammen. Dieses Positionsgehalt besteht wiederum aus einem fixen und einem variablen Teil.  
Als Zusatzentlohnung gibt es das Ergebnisgehalt, das bis zu 20 Prozent der fixen wirtschaftlichen Behandlung ausmachen kann. Dieses Ergebnisgehalt kann zusätzlich noch erhöht werden, wenn die Führungskraft zusätzliche Aufträge übernimmt. Wobei hier im Kollektivvertrag eine Höchstgrenze festgeschrieben werden soll.
 

Steiners Vorschlag

 
Nach dem Vorschlag von Generaldirektor Steiner beträgt die Grundentlohnung für die erste Ebene 75.000 Euro und der fixe Teil des Positionsgehaltes 40.000 Euro. Der variable Teil dieses Positionsgehaltes geht je nach Kategorie von 85.000 Euro bis zu 1.667 Euro.
Damit kommt etwa der Generalsekretär der Landesregierung Eros Magnago zukünftig auf ein Jahresbruttogehalt von 200.000 Euro.
 
 
 
Dazu kommt die Zusatzentlohnung: Das sind im Falle des Generalsekretärs maximal 40.000 Euro. In der untersten Kategorie der ersten Ebene immerhin noch maximal 23.333 Euro.
In der zweiten Ebene, jene der Amtsdirektorinnen und -direktoren beträgt die Grundentlohnung 45.000 Euro und der fixe Teil des Positionsgehaltes 20.000 Euro. Dazu kommt der variable Teil des Positionsgehaltes, der je nach Kategorie von 35.000 Euro bis 1.667 Euro geht. Sowie die Zusatzentlohnung, die genauso berechnet wird wie in der ersten Ebene.
 

Von unten nach oben

 
Am vergangenen Dienstag passierte am Verhandlungstisch aber etwas, was einerseits Seltenheitswert hat, anderseits aber durchaus bedenklich ist.
Verständlicherweise machte auch die Gewerkschaft DIRAP eine Vorschlag zu wirtschaftlichen Behandlung.
In dem von Antonio Lampis vorgebrachten Vorschlag sollte das Grundgehalt der zweiten Ebene 55.000 Euro und der fixe Teil des Positionsgehaltes 25.000 Euro sein. Während für die erste Ebene 75.000 Euro Grundgehalt und nur 35.000 Euro als fixer Teil des Positionsgehaltes vorgesehen waren. Zudem waren im variablen Teil des Positionsgehaltes für die erste Ebene, die Summen für die einzelnen Kategorien geringer.
Im Vorschlag von Alexander Steiner hat man dann aber umgeschichtet. Geld weg von der Ebene der Amtsdirektoren und hin zur ersten Ebene der hohen Funktionsträger.
Dass Alexander Steiner, als Generaldirektor damit selbst einer der Begünstigten dieser Umschichtung ist, macht die Sache doch etwas skurril.
 

Zankapfel: Stempeln

 
Unterm Strich werden aber beide Ebenen der Führungskräfte deutlich mehr verdienen als bisher. Wobei man auch sagen muss, dass in dieser Entlohnung sowohl die Bezahlung der Überstunden als die sogenannte Freiberufler-Zulage für Techniker enthalten sind. Beide Lohnelemente werden abgeschafft. Ebenso wird die Arbeitszeit der Führungskräfte auf 40 Stunden in der Woche erhöht.
 
 
 
Während sich Landesverwaltung und DIRAP in Sachen der wirtschaftliche Behandlung mehr oder weniger handelseins sind, gibt es einen Punkt über den man noch kontrovers diskutiert.
Es geht um die Frage, ob die Führungskräfte so wie alle anderen öffentlichen Bediensteten stempeln müssen oder nicht.
DIRAP-Präsident Antonio Lampis spricht sich energisch dagegen aus. Lampis, der mehrere Jahre im Kulturministerium in Rom führend tätig war, verweist darauf, dass national „kein einziger Dirigente stempeln muss“. Ebenso müssen die Schulführungskräfte nicht stempeln. Was die Front der Stempel-Gegner noch einmal deutlich vergrößert.
Das Land hat lange darauf beharrt, dass die Führungskräfte zweimal am Tag stempeln müssen. Jetzt scheint man zu einem Kompromiss bereit. Die Führungskräfte sollen nur dann stempeln müssen, wenn es die Körperschaft einfordert.
Ob man das Paket bereits als Osternest serviert, wird sich nächste Woche zeigen.
Am 4. April ist die nächste Verhandlungsrunde geplant.