Gesellschaft | Polizei

Die „Do It Yourself“ Polizei

Die Funktion der Ortspolizei als Sicherheitsbeauftrage der Gemeinden ist sehr wichtig. Doch Personalmangel und veraltete Rahmenbedingungen setzen der Effizienz Grenzen. Reformen seien notwendig, die Politik müsse handeln, fordert Major Christian Carli.
Carli, Christian
Foto: FF
  • Oft wird der Aufgabenbereich der Ortspolizei auf vermeintlich einfache Tätigkeiten reduziert. Aber sie ist für mehr zuständig, als bloß den Verkehr zu regeln und Strafzettel auszuteilen. Sie erfüllt eine Vielzahl an Aufgaben, die weit über alltägliche Maßnahmen hinausgehen und für die Sicherheit und Ordnung in der Gemeinde unerlässlich sind. Die Schwerpunkte werden unter Weisung des jeweiligen Bürgermeisters gesetzt. Die Ortspolizei kontrolliert nicht nur den Straßenverkehr und verhindert sowie dokumentiert Verkehrsunfälle, sondern führt auch Verkehrserziehung in Schulen und Kindergärten durch, sichert Schulwege und begleitet Sondertransporte. Darüber hinaus überwacht sie Handel, öffentliche Betriebe und Veranstaltungen, kontrolliert Umweltbelange, Müllverschmutzung sowie Lärmbelästigung und führt als Gerichtspolizei Ermittlungen durch. Die Liste ist lang. Wichtig dabei ist: Wenn eine Amtsperson Kenntnis von einer Straftat erlangt, muss und darf sie alle erforderlichen Nachforschungen einleiten und umfassend ermitteln.

     

    „Allerdings gibt es in Südtirol erhebliche Personalengpässe. Viele Ortspolizeidienststellen in Südtirol sind unterbesetzt.“

  • Ortspolizei Gemeinde Eppan: Dieser erfolgreiche Einsatz soll aufzeigen, dass eine ortsnahe Polizei für die Sicherheit und Kontrolle wichtig ist. Foto: Ortspolizei Eppan

    Diese breite Palette an Aufgaben wurde kürzlich, am 26. August, in der Gemeinde Eppan deutlich, wo die Ortspolizei bei einer Wohnungsdurchsuchung ein gestohlenes E-Bike im Wert von rund 3.000 Euro sowie eine erhebliche Menge an Drogen sicherstellen konnte. In der Wohnung eines 45-jährigen Mannes fanden die Einsatzkräfte 2.693 Ecstasy-Tabletten mit einem geschätzten Straßenwert von etwa 40.000 Euro. Zusätzlich wurden sieben Cannabispflanzen entdeckt, die der Täter in Töpfen aufzog.

    „Allerdings gibt es in Südtirol erhebliche Personalengpässe. Viele Ortspolizeidienststellen in Südtirol sind unterbesetzt“, so Christian Carli, Major der gemeindeübergreifenden Ortspolizei Vinschgau. Dies sei sowohl auf finanzielle Einschränkungen als auch auf den Mangel an Bewerber und Bewerberinnen zurückzuführen. Von den 550 vorgesehenen Stellen der Ortspolizei sind derzeit nur 313 besetzt, obwohl nach staatlichen Richtlinien pro 1.000 Einwohner ein Polizist oder eine Polizistin vorgesehen ist – zusätzliche Einheiten wären aufgrund des Fernverkehrs erforderlich.

     

    „Es braucht etwas mehr Regulierung. Momentan sind wir ein bisschen ‚do it yourself‘ unterwegs.

     

    Carli betont die dringende Notwendigkeit einer Reform des veralteten Rahmengesetzes. Neue Rahmenbedingungen müssten von der Politik präzise definiert werden, um die Effizienz der Ortspolizei zu steigern und eine Überlastung durch zusätzliche, nicht vorgesehene Aufgaben zu verhindern. Im Vergleich zu anderen Provinzen, wie etwa Trient, hinke Südtirol mit einer reformbedürftigen Regelung deutlich hinterher. „Es braucht etwas mehr Regulierung. Vielleicht eine lokale Stelle, die Rundschrieben macht und über neue Gesetze oder ähnliches informiert, weil momentan sind wir ein bisschen ‚do it yourself‘ unterwegs“, erklärt Carli.

  • Ortspolizei: Nachtdienste, Festtagesdienste und Wochenenddienste sind Teil des Alltags und sollten dementsprechend anerkennt werden. Foto: Seehauserfoto

    Ein wichtiger Punkt für eine notwendige Reform sei eine umfassendere Ausbildung der Polizisten, die derzeit mit nur wenigen Wochen Grundausbildung viel zu kurz komme. Zudem müssten viele Aspekte von der freien Vereinigung der Ortspolizei Südtirol selbst organisiert werden und Vorschläge an die Politik hätten keinen Anklang gefunden. „Wir, als Vereinigung, haben besipielsweise in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat eine einheitliche Uniform selbst organisieren müssen. Das sollte nicht so sein“, betont Carli. Die Politik müsse solche Aspekte umfassend regeln, um einheitliche landesweite Klarheit zu haben.

     

    „Innerhalb von Sekunden müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden.“

     

    Eine Ausweitung der Zuständigkeiten halte er jedoch für kontraproduktiv; stattdessen sollten bestehende Aufgaben klar reguliert und die Zusammenarbeit mit anderen Polizeieinheiten, insbesondere in übergemeindlichen Bereichen, verstärkt und besser finanziert werden. In einigen Gemeinden sei es noch so, dass Ortspolizisten und Ortspolizistinnen Aufgaben erledigen müssten, die eigentlich nicht in ihrer Kompetenz liegen. So müssten sie beispielsweise Funktionen als Zustellboten und Verwaltungsbeamte oder Arbeiten im Lizenz- oder Wahlamt ausüben. „Das sind Arbeiten, welche die Ortspolizei nicht machen müsste“, beteuert Carli, denn die Arbeit der Ortspolizei sei anspruchsvoll, oft komplex und delikat: „Wir müssen oft Entscheidungen auf der Straße treffen, sehen Unfälle mit Schwerverletzen oder Toten. Innerhalb von Sekunden müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden. Zusätzliche Aufgaben, die nicht in unseren Bereich fallen, sind in der heutigen Zeit nicht mehr drinnen.“ Zudem sei die geringe Bezahlung, die ähnlich wie in anderen öffentlichen Stellen eher im unteren Gehaltsniveau liege, auch aufgrund von Nachtdiensten, Festtagsdiensten und Wochenenddiensten gemäß anzupassen.

     

    Nur so kann der Beruf, insbesondere für jüngere Menschen, attraktiver gemacht und ein besseres Umfeld generiert werden.“

     

    Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen, etablierte Rahmenbedingungen und eine gemeindeübergreifende Regelung sowie Gehälter seien essenziell. „Nur so kann der Beruf, insbesondere für jüngere Menschen, attraktiver gemacht und ein besseres Umfeld generiert werden“, macht Carli deutlich. Letztlich liege es an der Politik, die notwendigen Reformen anzustoßen und der Ortspolizei die Rahmenbedingungen zu schaffen, die für eine effektive Arbeit erforderlich sind.