Politik | Fake News

Stauder gegen Musk & Zuckerberg

Was kann Südtirol gegen Großkonzerne wie Meta und X zwecks Fake News ausrichten? Nicht viel, aber wenigstens ein Zeichen setzen.
Harald Stauder
Foto: Seehauserfoto
  • Harald Stauder macht sich Sorgen. Der SVP-Fraktionssprecher führt regelmäßig Schulklassen durch den Landtag – allein 36 waren es im abgelaufenen Jahr – und erklärt dabei den Jugendlichen die Arbeit, die in diesem hohen Haus stattfindet. „Ich habe den Schülern und Schülerinnen immer wieder die Frage gestellt, wer von ihnen eine Tageszeitung liest. Es waren ungefähr um die zehn Prozent“, berichtet Stauder SALTO gegenüber. Im Laufe der Gespräche erfuhr der Landtagsabgeordnete, dass die Jugendlichen die große Mehrheit der Informationen zum politischen, gesellschaftspolitischen und auch zu vielen anderen Aspekten des Lebens aus den sozialen Medien wie Instagram und zum Teil über TikTok beziehe, über Facebook jedoch kaum. Umfragen und Statistiken würden dieses Nutzerverhalten unter den Jugendlichen bestätigen. Deshalb sei es Aufgabe der öffentlichen Hand, dafür zu sorgen, dass die „seriösen Dinge“ die Oberhand behalten. Aus diesem Grund hat der SVP-Landtagsabgeordnete gemeinsam mit Angelo Gennaccaro von der Liste Civica einen Begehrensantrag eingebracht, der heute (13. Februar) im Rahmen der Landtagsdebatte behandelt wurde. Darin fordern beide Politiker, dass die Europäische Kommission und das Europäische Parlament den Digital Services Act konsequent umsetzt sowie Faktenchecks auf Social-Media-Plattformen vorgeschrieben werden, wobei diese nicht an private Organisationen ausgelagert, sondern auf Ebene der EU-Kommission angesiedelt werden sollten. Im Rahmen der Debatte traten die Gegensätze hinsichtlich der Fragen „Was sind Fakenews?“ bzw. „Was ist die Wahrheit?“ zutage samt Einordnung und Framing.

  • Digital Services Act

    Der Digital Services Act (DSA) ist seit Februar 2024 in der gesamten EU in Kraft und hat die Aufgabe, einen sichereren digitalen Raum zu schaffen, in dem die Grundrechte aller Nutzerinnen und Nutzer digitaler Dienste im EU-Binnenmarkt geschützt sind. Der EU-Kommission zufolge sollen dadurch die Bürger und Bürgerinnen mehr Kontrolle und Auswahl erhalten. Auch die Meldung illegaler Inhalte soll einfacher gemacht werden. Des Weiteren sollen durch den DSA Kinder besser geschützt werden, beispielsweise durch Verbote für Werbung für Minderjährige sowie illegale Inhalte zurückgedrängt und mehr Transparenz bei Entscheidungen zur Moderation von Inhalten mit der DSA- Transparenzdatenbank geschaffen werden.

     

  • Wie Stauder im Rahmen der Debatte erklärte, seien Faktenchecks essenziell, um den Wahrheitsgehalt von Informationen auf Social-Media-Plattformen zu garantieren. Die Verbreitung von Fehlinformationen könne nämlich erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen haben. Insofern gehe es hier auch um die Bewahrung der Stabilität und den Zusammenhalt in der Gesellschaft. „Ein Faktencheck dient dazu, Aussagen oder Inhalte systematisch zu überprüfen und die Wahrheit auf Basis verifizierbarer Quellen offenzulegen, im Idealfall natürlich von wissenschaftlichen Quellen“, so Stauder. 

  • Jürgen Wirth Anderlan, Landtagsabgeordneter der Fraktion JWA: „Der Antrag beweist nur eure Hilflosigkeit und dass ihr aus dem letzten Loch pfeift.“ Foto: Seehauserfoto

    „Landtags-Enfant terrible“ Jürgen Wirth Anderlan hatte zum Thema Falsch-Information seine eigene Meinung und fragte provokant Richtung Stauder, ob er eine Aussage, die der SVP-Politiker vor eineinhalb Jahren über Südtiroler Jugendliche mit Migrationshintergrund auf Facebook gepostet hat, heute als Hassrede einstufen würde. Wirth Anderlan kündigte an, den Antrag nicht mittragen zu wollen, denn er beweise nur die Hilflosigkeit und dass man aus dem letzten Loch pfeife. Stauder meinte in seiner Replik zu Anderlans Vorwurf, dass er doch bitte richtig zitieren möchte, „dann kommen wir sicherlich auch in die Nähe der Wahrheit“.

    Sandro Repetto (PD) sah die Bestrebungen von Mark Zuckerberg (Meta) und Elon Musk (X), Faktenchecks abschaffen zu wollen, kritisch. Der Begehrensantrag sei aber utopisch in einem Land, das gemeinsam mit der Partei der Musk-Freundin Meloni regiert werde. Zeno Oberkofler von den Grünen stimmte Repetto zu und ergänzte, dass dies einer Heuchelei gleichkomme. 

    „Ich bin mir sicher, Mark Zuckerberg und Elon Musk werden jetzt voller Spannung vor dem Bildschirm in den USA sitzen. Ich möchte sie an dieser Stelle recht herzlich vom Südtiroler Landtag aus grüßen. Sie werden sicherlich zittern wegen dieses Antrages, weil er natürlich jetzt alles ändern wird. Ironie aus“, meinte Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) sarkastisch und erinnerte daran, dass Landeshauptmannstellvertreter Marco Galateo erst kürzlich bei der neofaschistischen Gruppierung CasaPound mitmarschierte.

     

    „Ich bin mir sicher, Mark Zuckerberg und Elon Musk werden jetzt voller Spannung vor dem Bildschirm in den USA sitzen."

     

     In dieser Frage herrsche bei der Landesregierung Schweigen im Walde, so Knoll, der der Landesregierung ordentlich die Leviten las: Man spreche gerne von roten Linien und gebe sich gerne als eloquente Demokraten, rieche es aber im eigenen Stall nach Rechtsextremismus, dann ducke man sich gerne weg. „Und das ist halt auch eine Frage der politischen Ehrlichkeit, die hier dem Landeshauptmann auf ganzer Linie fehlt. Und ich muss auch sagen, ich halte auch nichts von Verbotgesetzen. Denn was ich mir wünschen würde, wäre eine mündige Gesellschaft, die selbst entscheiden kann, was richtig ist und was falsch. Wir brauchen keine Angst vor Leuten zu haben, die Fake News verbreiten. Die haben wir hier im Landtag schon zur Genüge“, so Knoll, der die Frage in die Runde stellte, wer darüber entscheiden sollte, was nun Fake News seien. 

    Paul Köllensperger (Team K) sagte seine Unterstützung für den Antrag zu, sah aber auch die Widersprüche. Leute wie Musk forderten Meinungsfreiheit, meinten aber einen Freibrief für Propaganda durch Fake News

    „Es ist mehrfach angemerkt worden, dass wir mit diesem Antrag nicht die Welt retten werden. Dann dürften wir wahrscheinlich keine Begehrensanträge mehr machen und keine Positionierungen vornehmen. Es geht hier, so fasse ich den Antrag auf, um eine Positionierung“, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher und betonte, dass man keine Eingriffe in die Meinungsfreiheit im Sinn habe. Es gehe um den Abgleich von Meldungen mit dem Stand der Wissenschaft. Diese Checks machten Sinn, denn nicht alle seien Experten, um den Wahrheitsgehalt einer Meldung zu überprüfen. Faktenchecks würden heute in einem Hinweis bestehen, dass eine Nachricht möglicherweise nicht faktengestützt sei, nicht dem Stand der Wissenschaft entspreche. Er halte es für sinnvoll, wenn auch der Landtag eine Position dazu einnehme. 

    Der Antrag wurde mit 23 Ja, 5 Nein und 2 Enthaltungen angenommen.