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Umwelt | Wolfsfrei?

Zur Sache, Ballermänner!

Matthias Prieth ist professioneller Hirte und mutiger Selberdenker mit klaren Vorstellungen von Almwirtschaft und Herdenschutz. Kratzen wir endlich die Kurve zu einem rationalen Umgang mit Bär und Wolf?
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Matthias Prieth/Facebook
  • Foto: SVP/Facebook
  • In diesem Konzept ist auch der gezielte Abschuss ausgesuchter Wölfe kein Tabu.

    Ich bin froh, dass Matthias Prieth den Mut hat, das zentrale Thema der Almbewirtschaftung und der Weideführung offen anzusprechen und für einen rationalen Umgang damit zu werben. Immer wieder wurden in den letzten Jahren Versuche in diese Richtung unternommen, immer wieder wurde jeder vernünftige Vorschlag von Südtiroler Bauernvertern auf primitivste Weise zurückgewiesen und diejenigen, die sich um Vernunft bemühten, persönlich bekämpft. Dies betraf auch HirtInnen, die in Südtirol keine Arbeit fanden (und nun in der Schweiz und anderswo als begehrte Fachleute tätig sind und angemessen bezahlt werden).

    Ich hielt und halte es für verlogen und für unverantwortlich, dass in Südtirols Bauernschaft immer noch die unhaltbare Forderung nach einem wolfsfreien Südtirol als realistisch dargestellt wird, obwohl die Zuständigen sehr genau wissen, dass das ein Märchen ist. 

    Besonders verwerflich ist, dass sogar Landtagsabgeordnete, die dem Legalitätsprinzip verpflichtet sein müssten, das Wildern von Wölfen öffentlich begrüßen und in ihrer geistigen Enge so tun, als würde das irgendetwas lösen. 

    Ich habe mich viel mit dem Herdenschutz beschäftigt und gelernt, dass ein Wolfsrudel ein lernendes System ist, mit dem eine intelligente Form der Kommunikation möglich ist, um ihm Grenzen aufzuzeigen. Diese Form der Kommunikation als Mittel des Herdenschutzes bedingt die Anwesenheit von gut ausgebildeten Hirten, den geführten Weidegang, den Einsatz von Hüte- und Schutzhunden und eine vielerorts neue Organisation der Sommerweide als weitflächig gefasste Umtriebsweide, die im späten Frühjahr damit beginnt, dass sich Tiere auf niedrig gelegenen und leicht überblickbaren Weideflächen aneinander, an den oder die Hirten und an die Hunde gewöhnen. 

    In diesem Konzept ist auch der gezielte Abschuss ausgesuchter Wölfe kein Tabu, als ultimative Kommunikationsmaßnahme an das Rudel, wenn es Nutztiere reißt. Dabei ist aber sehr genau darauf zu achten, welches Tier geschossen wird. Denn wenn bestimmende Tiere entnommen werden, die das Rudel führen und dessen Verhalten steuern, wird das Rudel unbeherrschbar. Wenn die richtigen Tiere entnommen werden, beispielsweise ein junger Rüde, der zu nahe an die Herde herankommt, lernt das Rudel, dass die Nutztierherde tabu ist und jagt Wildtiere, was nachgewiesenermaßen zu gesunden und im Revier mobileren Beständen führt und damit auch Waldschäden reduziert. Ein auf diese Weise kontrolliertes Rudel stellt paradoxerweise einen Schutz für Nutztiere dar, weil es durchziehende Einzelgänger fern hält und im Extremfall sogar tötet. Die größten Schäden an Nutztieren richten durchziehende Einzelgänger an - und Rudel, in denen durch undifferenzierten Abschuss führender Tiere Anarchie ausbricht.