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Fremd im eigenen Dorf

Voll geparkte Dörfer, regelmäßig Staus auf der Autobahn, den Straßen und den Pässen. Kippt die Stimmung gegenüber den Touristen? Oder lässt sich das Ruder noch herumreißen? Eine klare Position vertritt hier Landesrat Luis Walcher.
Tourismus St. Ulrich
Foto: Seehauserfoto
  • „Über Tourismusgesinnung reden? Nein, das ist sinnlos“, sagten kürzlich zwei Grödner Tourismusvertreter auf eine Anfrage von SALTO. Dabei wäre es gerade in den sogenannten Tourismus-Hotspots wichtig, wenn man sich – auch öffentlich und in den Medien – damit auseinander setzen würde. Wie berichtet tauchten nämlich in den vergangenen Tagen und Wochen rund um das Grödner Joch immer wieder Schriften auf Hinweisschildern und Felswänden mit der Botschaft „Tourists go home“ auf. Was Anlass zu internen Diskussionen gibt, soll nach außen hin aber offenbar heruntergespielt werden. Tourismuslandesrat Luis Walcher dagegen hat dazu eine klare Meinung, wenn er sagt: „Ich glaube zwar nicht, dass es bei uns zu Protesten kommen wird – ich würde es aber auch nicht ausschließen. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, wie man miteinander umgeht.“ 

     

    „Ich glaube zwar nicht, dass es bei uns zu Protesten kommen wird – ich würde es aber auch nicht ausschließen.“

     

    Protestaktionen seitens der Bevölkerung – siehe Kanaren, Barcelona und Mallorca, könne man jedoch nicht mehr länger ignorieren. Gerade beim Thema Tourismus gebe es jedoch viele Aspekte, die man berücksichtigen müsse – einer davon sei die Verkehrsbelastung. „Gerade in diesen Tagen haben wir das Problem von zugeparkten Dörfern und vollen Straßen; auf den Passstraßen reiht sich links und rechts der Fahrbahn ein Auto an das andere. Für die Bewohner einiger Täler und Talschaften ist das inzwischen nicht mehr leicht verkraftbar“, erklärt Walcher. 

  • Austausch auf Augenhöhe

    Tourismus-Landesrat Luis Walcher: „Gerade in diesen Tagen haben wir das Problem von zugeparkten Dörfern und vollen Straßen. Für die Bewohner einiger Täler und Talschaften ist das inzwischen nicht mehr leicht verkraftbar.“ Foto: Seehauserfoto

    Beschwichtigungen und ein Herunterspielen der Situation, lösten jedoch nicht das Problem. Mittlerweile stehe man vor der Situation, dass sich durch die massive Präsenz von Touristen die Einwohner fremd im eigenen Dorf fühlten. „Ich habe einige dieser Orte besucht und habe den Unmut auch gespürt. Das kann nicht sein und soll nicht sein“, sagt der Tourismus-Landesrat. Zwar gebe es auch Gegenden in Südtirol, die touristisch kaum erschlossen wären und wo die Gefahr besteht, dass das einzige Dorfgasthaus aufgrund der geringen Frequenz schließen müsse. Gerade an solchen Beispielen sei aber auch ersichtlich, dass ein gesundes Verhältnis zwischen Bevölkerung und Tourismusaufkommen einen Mehrwert für das Dorf bringen kann. „Wenn das Verhältnis nicht mehr stimmt, wird es jedoch schwierig“, ist Landesrat Walcher überzeugt. Damit einher geht auch das Problem der Wohnungsnot in den Tourismus-Hochburgen. Gerade in diesen Ortschaften können sich die Einheimischen eine Wohnung nicht mehr leisten. Durch die Kurzzeitvermietungen wird dem Markt zusätzlich Wohnraum entzogen. Zum Wohnraum- und Mobilitätsproblem gesellt sich ein dritter Faktor, nämlich die Verteuerung des alltäglichen Lebens. „Ich höre des Öfteren in Gesprächen über Tourismus, dass sich die Einheimischen das Essen auf den Schutzhütten nicht mehr leisten können“, so Walcher – auch das eine Entwicklung, die nicht gerade dazu beiträgt, die Stimmung zum Positiven zu wenden. 

  • Urlaubszeit – Stauzeit: Laut Landesrat Luis Walcher müsse das Ziel darin liegen, das Verkehrsproblem in den Griff zu bekommen.
  • Walcher ist jedoch überzeugt davon, dass die Voraussetzungen für ein verträgliches Miteinander sehr wohl gegeben seien und dass der Tourismus bzw. die Tourismusvereine, die unter anderem mit dem Ziel gegründet wurden, zur Dorfverschönerung beizutragen, sehr viel für die einheimische Bevölkerung tun könnten. „In Kaltern werden in den kommenden drei Jahren mit den Einnahmen aus der Kurtaxe die Wege, Plattformen und Steige in der Rastenbachklamm saniert. Das kommt auch der einheimischen Bevölkerung zugute, für die dieser Weg ein beliebtes Ausflugsziel ist“, nennt Walcher ein Beispiel aus dem Unterland. Voraussetzung dafür sei jedoch ein gutes Verhältnis zwischen Tourismusverein und den Touristikern, sprich Hoteliers, Privatzimmervermietern und Urlaub am Bauernhof-Betrieben. Komme es zu Streitigkeiten, sei auch die Stimmung im Dorf dementsprechend schlecht. „Auch solche Situationen haben wir in unserem Land“, schildert Walcher. 

     

    „Tourismus kann relativ einfach sein – wenn ein Austausch auf Augenhöhe mit der Bevölkerung vorort stattfindet.“

     

    Was die Kritik am Südtirol Guest Pass betrifft, laut derer die Gäste angeblich „gratis durchs Land“ fahren würden, erklärt der Tourismuslandesrat, dass man alles dafür tun müsse, den Verkehr von der Straße auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu lenken. „Kein Kritiker hat behauptet, dass die neue Gästekarte das falsche Instrument ist – die Kritik betrifft in erster Linie die Frage, ob der Preis, den die Gäste zahlen, angemessen ist“, so Walcher. Wie berichtet, steht den Feriengästen mit der Basisleistung der freie Zugang zur Nutzung des Südtirolmobil-Angebotes zur Verfügung. Pro Nächtigung und pro Gast werden über den Beherbergungsbetrieb 60 Cent als Umlagefinanzierung eingehoben und abgerechnet. Diese Abgabe wird unabhängig davon, ob der Gast die öffentlichen Verkehrsmittel auch tatsächlich nutzt, eingehoben. Nach Einführung am 1. Jänner 2025 ist eine jährliche automatische Inflationsanpassung vorgesehen. An diesem Vorhaben soll trotz der Kritik nicht gerüttelt werden. „Tourismus kann relativ einfach sein – wenn ein Austausch auf Augenhöhe mit der Bevölkerung Vorort stattfindet und wenn der ehrliche Anspruch vorhanden ist, etwas zu verbessern“, ist Walcher überzeugt und betont: „Das wird der Tourismus leisten müssen, denn Protestaktionen wie in Spanien könne man nicht länger ignorieren.“

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Cicero

Zusammenfassung der Aussagen von Herrn Walcher „Blablablabla, Worthülse, blablablabla, Phrase, blablablabla, Glückskeksweisheit, blablabla, eine persönliche Anekdote.“

Nichts Konkretes, null Zukunftsvision, keine Ahnung wo die Reise hingehen soll. Beschwichtigen, aussitzen, relativieren und hoffen, dass der „gemütliche Südtiroler“ nicht dieselbe Renitenz entwickelt wie Balearen oder Kanaren und so der Tourismusrubel bei uns ungestört weiter rollen kann.

Do., 15.08.2024 - 15:16 Permalink

Ich habe das bereits bei einem anderen Artikel geschrieben: In keinem Land das ich bereist habe, wurde der Tourist besser behandelt als der Einheimische, zumindest nie bei der Bepreisung von Dienstleistungen).
Überall habe ich als Tourist für den Bus oder U-Bahn, mehr bezahlt als der Einheimische. Überall habe ich als Tourist im Museum oder eine Sehenswürdigkeit zu besichtigen mehr bezahlt als die einheimische Bevölkerung.
Und mMn geht es genau darum: um die Ungleichbehandlung im eingene Land. Wenn der Tourist 0,6 Euro pro Tag (nicht pro Fahrt!) für seine Gästekarte bezahlt und damit kostenlos den ganzen Tag mit dem Bus durchs Land „kutschiert“ werden kann, aber der Pendler, um täglich von Brixen nach Bozen zu kommen beträchtlich mehr bezahlen muß, und das 2x (hin und retour), hört der Spaß auf!
Oder um mal sporadisch auf den Ritten zu kommen, muß man mit dem Südtirolpass 6-7 Euro (einfach) bezahlen, wobei sämtliche Bahnen mit unseren Steuergeldern finanziert wurden. Vorzugsspur bei den ganzen Touristen, haben wir sowieso keine (wurde zwar andiskutiert, wurde aber nie eingeführt, man könnte ja den einen oder anderen Tourist beleidigen).
Laut meinen Informationen müssen die Touristen auch stempeln, habe aber selten eine Kontrolle gesehen, geschweige denn eine ausgestellte Strafe (da wird freundlich darauf hingewiesen). Die Strafen bekommen aber die Schüler, die mal vergessen das Abo+ zu stempeln, um in die Schule zu kommen. Und das, obwohl nichts abgebucht wird! Oder sie bekommen ein Knöllchen, weil sie zwar gestempelt haben, aber den Personalausweis nicht mithaben (sofern <14Jahre).
Entschärft (ich betone entschärft – nicht gelöst) wird diese Situation, wenn wir mal beginnen würden, den Tourist gleich zu behandeln wie den Einheimischen.
Besser wäre es aber klarerweise wenn wir alle, nicht nur einige wenige Touristiker, vom Tourismus profitieren würden!
Also wie Einheimische bezahlen in Zukunft 60 Cent, und der Tourist 4-5 Euro pro Tag. Ist immer noch beträchtlich günstiger als in E, F, Ö, D, CH sowieso und alle nordischen Länder! Für unsere Deutschen Gäste sind wir eh schon ein Billigland! Und wir Einheimischen lassen uns auch noch veräppeln, oder?

Mo., 19.08.2024 - 15:42 Permalink
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Ampharos

Proteste wird es eher früher als später geben
Wie wäre es mit kostenloser Karte ab min. 6 Übernachtungen. Die 60 Cent sollten auch überarbeitet werden, 60 für 2*+ 3*, 2€ für 4* und 4€ für 5*

Do., 15.08.2024 - 16:01 Permalink

Mit einer "nach Kategorie (an den Übernachtungs-Preisen orientiert) gestaffelten progressiven Ankunfts-Gebühr (statt der Übernachtungs-Gebühr)," könnten die auch bei den Hotelieren nicht besonders beliebten "Kurz-Urlauber zurück-gedrängt werden." (die bei der Buchung gesondert aufscheint)
Bei zurück-gebliebenen Fahrgästen (bei Regen-Tagen am Vormittag zu den Städten + gegen Abend zurück), müssten innerhalb einer vertretbaren Wartezeit, ein weiterer Bus zur Verfügung gestellt werden.
Das sehr komplizierte häufig-störanfällige derzeitige Abrechngs-System, mit der teuren Ausrüstung in den Bussen ist samt den Programm-Wartungs-Knechten zu verräumen.
Für die Erbsen-zählenden Büro-Fachkräfte der regelmäßigen Benutzer für öffentlichen Verkehrsmittel, findet sich sicher eine Sinn-vollere Tätigkeit.
Abo-Fahrer könnten gleich wie die Senioren mit einem moderaten Fixpreis ein Jahresabo erwerben, deren Verkauf + die Ausgabe an das Gastgewerbe, die heimischen Banken mit dem Aufdruck des Jahres + Verfallsmonats, sicher gerne übernehmen.
Die Berechtigungs-Kontrolle könnte vom Busfahrer erledigt werden, dem das Abo beim Einsteigen vorzuweisen ist + für die Kontrolle der Auslastung, sowie für die Statistiker könnte eine simple Lichtschranke eingesetzt werden.

Do., 15.08.2024 - 18:38 Permalink

Zum Thema "Fremd im eigenen Dorf" fällt mir gerade ein, dass wir zur Zeit sowieso nicht weit fahren möchten, da es nichts anderes als Stress wäre. Aber auch wenn wir in unsere beliebten und altbekannten Naherhohlungszonen gehen, z. B. Castelfeder, ändert sich nicht viel. Die Wiesen sind zwar grossteils menschenleer, aber der Motorrad-Lärm ist konstant und unerträglich! Teilweise hat man den Eindruck man sitzt vor dem Fernseher und es läuft gerade Moto-GP. Aus entspannende Plätzchen wurde Funpark Südtirol. Was ein mal war ist fremd geworden.

Do., 15.08.2024 - 22:09 Permalink

Ich finde amüsant, dass Bürger als ausländerfeindlich gelten, wenn sie die Zuwanderung von Ausländern kritisieren, die hierher kommen und als Nettosteuerempfänger leben. Wenn da jemand sagt, er kommt sich in manchen Stadtteilen wie "fremd im eigenen Land" vor, wird als rechtsextrem und ausländerfeindlich bezeichnet.

Wenn sich ein Bürger hingegen über zeitlich begrenzte Zuwanderung von Touristen aufregt, die Wertschöpfung ins Land bringen, scheint das zum guten Ton zu gehören, obwohl es letztlich vielleicht sogar protektionistischer und ausländerfeindlicher ist, als Kritik an illegaler Einwanderung.

Wir sollten also nicht vergessen, dass Tourismus und Touristen grundsätzlich betrachtet etwas Positives sind.

Fr., 16.08.2024 - 06:27 Permalink

Also, nur um einzuordnen was Sie hier absondern: Sie setzen Zuwanderung von Menschen aus Entwicklungsländern, die noch nichtmal den Dreck unter ihren Fingernägeln besitzen, mit Massentourismus gleich? Geht es noch zynischer? Zum Beispiel: Die Leute regen darüber auf, dass Sie in Hitzezeiten Wasser sparen sollen, aber maulen dann, wenn ihr Keller überflutet ist. Müsste doch auch ein Vergleich nach Ihrem Geschmack sein.
Menschen die behaupten, sie fühlten sich aufgrund der Ankunft Hilfsbedürftiger im eigegen Dorf fremd, bezeichne ich als Waschlappen und Angsthasen, deren eigenes Heimatgefühl so schwach ausgeprägt ist, dass sie Angst haben, es käme abhanden, nur, weil ein paar arme Schlucker aus fremden Ländern in der Nachbarschaft einziehen.

Fr., 16.08.2024 - 09:54 Permalink

Diese Einordnung ist falsch. Ich setze nämlich nicht (illegale?) Zuwanderer mit (zahlenden?) Touristen gleich, sondern ich zeige die Parallelen zwischen jenen auf, die (illegale?) Einwanderung und Massentourismus kritisieren, denn die Kritiker beider Phänomene haben gemeinsam, dass sie Argwohn gegen Ausländer hegen und protektionistische Schutzmaßnahmen fordern. Das "fremd im eigenen Dorf" zeigt doch, dass genau dieselben Ressentiments bedient werden.

Mo., 19.08.2024 - 14:35 Permalink

Auch nicht-touristische Zuwanderung ist grundsätzlich was positives, oder was denken Sie, wer Ihnen ohne Zuwanderung in einigen Jahren den Hintern abwischt? Nur, und auch das ist grundsätzlich, sollte es von beidem nicht zuviel sein. Was dann zuviel ist, und was nicht, darüber lässt sich dann vorzüglich diskutieren. Für mich sind es im Moment eindeutig die Tausenden Touristen im Dolomitengebiet, und nicht die paar Hundert Asylbewerber in Bozen.

Mo., 19.08.2024 - 15:09 Permalink

Die nicht-touristische Zuwanderung ist nur etwas Positives, wenn sie LEGAL erfolgt und eine solche wird in einem Rechtsstaat wohl nicht zuviel verlangt sein. Genauso wie es in einem Rechtsstaat nicht zuviel verlangt sein sollte, dass ILLEGALE (also außerhalb von Gesetz- und Rechtsordnung stehende) Zuwanderung NICHT zu erfolgen hat.
Realität, ist wie ? DAS ist der Kritikpunkt.

Mo., 19.08.2024 - 15:57 Permalink

Mi risulta che noi Altoatesini e Sudtirolesi viaggiamo volentieri, facciamo frequentemente ferie dove piace a noi e spesso nei posti belli che attirano molti altri. Molti pare anche abbiano seconde case per vacanze in Italia ed all'estero. Siamo quindi anche noi nell'indirizzo di quel "tourists go home"? O il nostro è solo turismo nobile e virtuoso? In vacanza ci andiamo solo in treno/autobus/bicicletta/piedi o usiamo anche la nostra macchina? Astenersi da risposte ipocrite.

Sa., 17.08.2024 - 06:59 Permalink

Il problema non é la vacanza di per sé, ma come viene trattato il vacanziere rispetto al locale, dei pro e contra del turismo in generale. Se la gente locale si sente soffocata dalle masse, infastidita dal traffico e dal rumore subendo disagi nella vita quaotidiana vuole dire che una soglia é stata superata

Sa., 17.08.2024 - 11:56 Permalink